Wenn das Gehalt kaum zum Leben reicht
Marina Netter und Antje Venzke arbeiten viel – oft auch am Abend und am Wochenende. Trotzdem reicht das Geld kaum zum Leben. So wie ihnen geht es vielen Menschen in Deutschland.
Wenn das Gehalt kaum zum Leben reicht
Marina Netter und Antje Venzke sind zwei Beispiele für Menschen, die viel arbeiten, aber wenig Geld dafür bekommen. Marina Netter betreut alte Menschen, die Hilfe brauchen. Aber sie hat das Gefühl, dass diese wichtige Arbeit von der Gesellschaft nicht anerkannt und deshalb auch schlecht bezahlt wird. Antje Venzke hat mehrere Jobs, denn mit nur einer Arbeit würde sie nicht genug verdienen. Beide Frauen brauchen nicht viel Geld zum Leben, aber manchmal wünschen sie sich einen festen Job, der fair bezahlt wird.
MARINA NETTER (Altenpflegerin):
Wegen ihrem Mann ...
SPRECHER:
Acht Minuten hat Marina Netter. In dieser Zeit muss sie den 85-Jährigen versorgen jemanden versorgen hier: jemanden pflegen; jemanden das geben, was er an Hilfe braucht und das Ganze dokumentieren etwas dokumentieren hier: etwas beobachten und aufschreiben, was passiert ist . Die Altenpflegerin Altenpfleger, -/Altenpflegerin, -nen jemand, der sich beruflich um alte Menschen kümmert betreut kranke und gebrechliche gebrechlich so, dass jemand alt und schwach ist und schnell krank werden kann Leute in ihren Privatwohnungen. Zeitdruck ist ihr größtes Problem.
ANTJE VENZKE (Multijobberin):
Eeee ...
SPRECHER:
Deutsch zu unterrichten, ist ein Standbein Standbein, -e (n.) hier: eine von mehreren Tätigkeiten, mit denen man das Geld zum Leben verdient von Antje Venzke. Die Multijobberin Multijobber, -/Multijobberin, -nen jemand, der mehrere Jobs hat gibt einen Kurs geben unterrichten auch Tanzkurse einen Kurs geben unterrichten und Turnunterricht Turnunterricht (m., nur Singular) der Unterricht, in dem man bestimmte sportliche Übungen mit oder ohne Sportgeräte macht . Sonst kommt über die Runden kommen umgangssprachlich für: genug Geld zum Leben haben sie nicht über die Runden über die Runden kommen umgangssprachlich für: genug Geld zum Leben haben .
Die Altenpflegerin trägt große Verantwortung für hilfsbedürftige hilfsbedürftig so, dass man Hilfe braucht Menschen. Die Seniorin Senior, -en/Seniorin, -nen der alte Mensch braucht ihre tägliche Insulinspritze Insulinspritze, -n (f.) eine Spritze mit dem Stoff Insulin (ein Hormon), den bestimmte Kranke (Diabetiker) bekommen, damit der Körper Zucker verarbeiten kann . Mobile mobil hier: so, dass man zu den Menschen nach Hause fährt Altenpfleger gibt es zu wenige, ihre Arbeit ist aber gefragter gefragt hier: so, dass viele Leute es haben wollen denn je denn je (mehr) als früher; (mehr) als jemals zuvor . Trotzdem verdient sie ein Viertel weniger als der durchschnittliche Arbeitnehmer in Deutschland.
MARINA NETTER:
[Das] macht mich manchmal wütend. Gerade wenn ich sehe, wo ... Wenn andere Berufsgruppen streiken streiken einige Zeit nicht arbeiten, um von seinem Arbeitgeber das zu bekommen, was man will (z. B. ein höheres Gehalt) und machen und tun, die kriegen dann das, was sie durchsetzen etwas durch|setzen hier: erreichen, dass etwas, das man will, gemacht wird wollen, und bei uns passiert gar nichts. Das macht mich wütend, dass wir so viel tun für die Gesellschaft, und keiner sieht’s.
SPRECHER:
Die Multijobberin arbeitet seit 20 Jahren in verschiedenen Jobs. Sie schaut sich sich nach etwas um|schauen hier: nach etwas suchen ständig nach sich nach etwas um|schauen hier: nach etwas suchen etwas Neuem um sich nach etwas um|schauen hier: nach etwas suchen . Während ihr Verdienst seit Langem stagniert stagnieren sich nicht verändern; gleich bleiben; nicht weiter ansteigen/wachsen , steigt das Einkommen der Wohlhabenden Wohlhabende, -n (m./f.) jemand, der ziemlich viel Geld hat in Deutschland deutlich an.
ANTJE VENZKE:
Ja klar, also, dass das ungerecht verteilt ist, das steht außer Frage. Ich mache mir darüber sich über etwas Gedanken machen über etwas nachdenken nicht so viele Gedanken sich über etwas Gedanken machen über etwas nachdenken . Ich komme mit wenig aus|kommen hier: von wenig Geld leben auch mit wenig aus mit wenig aus|kommen hier: von wenig Geld leben , deswegen ist es für mich nicht so ’n riesengroßes riesengroß umgangssprachlich für: sehr groß Thema. Wenn ich mal ’n bisschen weniger Geld habe, dann kann ich halt nicht in Urlaub fliegen.
MARINA NETTER:
Alles hingelegt wie immer ...
SPRECHER:
Die Altenpflegerin musste auch schon mal 14 Tage am Stück am Stück hier: ohne Pause; hintereinander arbeiten, weil Kollegen fehlten – Alltag in einem Beruf, in dem sie auch am Wochenende und nachts schuften schuften umgangssprachlich für: sehr hart arbeiten muss. Heute hat sie keine schweren Fälle, doch sie muss sich auch um todkranke Menschen kümmern. Trotz der großen – auch psychischen – Belastungen Belastung, -en (f.) hier: etwas, das für jemanden sehr schwierig ist und ihm körperliche oder psychische Probleme macht bekommt sie nur wenig gesellschaftliche Anerkennung gesellschaftliche Anerkennung (f., nur Singular) die Tatsache, dass jemand für das, was er macht, allgemein gelobt und respektiert wird; das hohe öffentliche Ansehen .
Die Multijobberin bei ihrem Abendjob: Bauchtanz Bauchtanz (m., nur Singular) ein Tanz, bei dem man die Hüften und den Bauch sehr stark bewegt unterricht. Tanz ist ihre Leidenschaft Leidenschaft, -en (f.) hier: etwas, was man sehr gern tut; ein Hobby , den [die] sie auch beruflich ausleben etwas aus|leben das tun, was man schon immer tun wollte will, auch wenn sie dafür nur stundenweise bezahlt wird. Trotz der vielen Jobs kann sie kaum etwas fürs Alter zurücklegen etwas zurück|legen hier: etwas beiseitelegen; etwas sparen . Wie sieht es später mit der Rente aus?
ANTJE VENZKE:
Darüber mache ich mir jetzt noch keine Gedanken, weil ich eher der Mensch bin, der im Hier, im Heute und im Jetzt lebt.
SPRECHER:
Die Altenpflegerin lebt allein, kann von gerade so von etwas leben können genau so viel haben, dass es zum Leben reicht, aber nicht mehr ihrem Gehalt gerade so leben gerade so von etwas leben können genau so viel haben, dass es zum Leben reicht, aber nicht mehr – in Berlin, in ihrer Heimatstadt. Dort sucht sie schon länger nach einer günstigeren Wohnung, doch vergebens vergebens ohne Erfolg .
MARINA NETTER:
Ich selber kann mir von meinem Gehalt nicht mal ’ne normale Wohnung leisten oder es gibt gar keine für uns, ja. Entweder muss man dafür viel Geld bezahlen oder man kriegt überhaupt keine in der Preislage Preislage, -n (f.) eine bestimmte Höhe des Preises . So fängt’s ja schon an. Ja, und ich finde es sehr ungerecht. Gerade bei sozialen Berufen sollte man die Leute doch wertschätzen etwas/jemanden wertschätzen etwas/jemanden als wichtig bewerten oder überhaupt ’n bisschen mehr fördern, die sich sich für jemanden ein|setzen sich für jemanden engagieren; jemanden unterstützen überhaupt für sich für jemanden ein|setzen sich für jemanden engagieren; jemanden unterstützen andere einsetzen sich für jemanden ein|setzen sich für jemanden engagieren; jemanden unterstützen , ja. Und da, finde ich, sollte viel, viel geändert werden.
SPRECHER:
Unterwegs zum nächsten Termin: Die Multijobberin muss ran|müssen hier: arbeiten müssen auch abends und am Wochenende ran ran|müssen hier: arbeiten müssen . Sie kommt mit etwas klar|kommen umgangssprachlich für: etwas schaffen; mit etwas umgehen können mittlerweile mittlerweile heute; inzwischen; nachdem einige Zeit vergangen ist damit klar mit etwas klar|kommen umgangssprachlich für: etwas schaffen; mit etwas umgehen können , hat sich an dieses ungeregelte Berufsleben gewöhnt. Doch der Wunsch nach einer Festanstellung Festanstellung, -en (f.) die Tatsache, dass jemand einen Arbeitsvertrag mit festem Gehalt und ohne festes Ende hat wächst.
Wenn das Gehalt kaum zum Leben reicht
jemanden versorgen — hier: jemanden pflegen; jemanden das geben, was er an Hilfe braucht
etwas dokumentieren — hier: etwas beobachten und aufschreiben, was passiert ist
Altenpfleger, -/Altenpflegerin, -nen — jemand, der sich beruflich um alte Menschen kümmert
gebrechlich — so, dass jemand alt und schwach ist und schnell krank werden kann
Standbein, -e (n.) — hier: eine von mehreren Tätigkeiten, mit denen man das Geld zum Leben verdient
Multijobber, -/Multijobberin, -nen — jemand, der mehrere Jobs hat
einen Kurs geben — unterrichten
Turnunterricht (m., nur Singular) — der Unterricht, in dem man bestimmte sportliche Übungen mit oder ohne Sportgeräte macht
über die Runden kommen — umgangssprachlich für: genug Geld zum Leben haben
hilfsbedürftig — so, dass man Hilfe braucht
Senior, -en/Seniorin, -nen — der alte Mensch
Insulinspritze, -n (f.) — eine Spritze mit dem Stoff Insulin (ein Hormon), den bestimmte Kranke (Diabetiker) bekommen, damit der Körper Zucker verarbeiten kann
mobil — hier: so, dass man zu den Menschen nach Hause fährt
gefragt — hier: so, dass viele Leute es haben wollen
denn je — (mehr) als früher; (mehr) als jemals zuvor
streiken — einige Zeit nicht arbeiten, um von seinem Arbeitgeber das zu bekommen, was man will (z. B. ein höheres Gehalt)
etwas durch|setzen — hier: erreichen, dass etwas, das man will, gemacht wird
sich nach etwas um|schauen — hier: nach etwas suchen
stagnieren — sich nicht verändern; gleich bleiben; nicht weiter ansteigen/wachsen
Wohlhabende, -n (m./f.) — jemand, der ziemlich viel Geld hat
sich über etwas Gedanken machen — über etwas nachdenken
mit wenig aus|kommen — hier: von wenig Geld leben
riesengroß — umgangssprachlich für: sehr groß
am Stück — hier: ohne Pause; hintereinander
schuften — umgangssprachlich für: sehr hart arbeiten
Belastung, -en (f.) — hier: etwas, das für jemanden sehr schwierig ist und ihm körperliche oder psychische Probleme macht
gesellschaftliche Anerkennung (f., nur Singular) — die Tatsache, dass jemand für das, was er macht, allgemein gelobt und respektiert wird; das hohe öffentliche Ansehen
Bauchtanz (m., nur Singular) — ein Tanz, bei dem man die Hüften und den Bauch sehr stark bewegt
Leidenschaft, -en (f.) — hier: etwas, was man sehr gern tut; ein Hobby
etwas aus|leben — das tun, was man schon immer tun wollte
etwas zurück|legen — hier: etwas beiseitelegen; etwas sparen
gerade so von etwas leben können — genau so viel haben, dass es zum Leben reicht, aber nicht mehr
vergebens — ohne Erfolg
Preislage, -n (f.) — eine bestimmte Höhe des Preises
etwas/jemanden wertschätzen — etwas/jemanden als wichtig bewerten
sich für jemanden ein|setzen — sich für jemanden engagieren; jemanden unterstützen
ran|müssen — hier: arbeiten müssen
mit etwas klar|kommen — umgangssprachlich für: etwas schaffen; mit etwas umgehen können
mittlerweile — heute; inzwischen; nachdem einige Zeit vergangen ist
Festanstellung, -en (f.) — die Tatsache, dass jemand einen Arbeitsvertrag mit festem Gehalt und ohne festes Ende hat