Das Licht und seine Geheimnisse
Schneller als das Licht kann man sich nicht durch den Kosmos bewegen. Selbst Raum und Zeit verändern sich bei Lichtgeschwindigkeit. Doch warum ist das so? Zwei Physiker gehen diesem Geheimnis auf den Grund.
Das Licht und seine Geheimnisse
Nichts ist schneller als das Licht. Trotzdem braucht es Millionen von Jahren, um in die fernsten Regionen des Kosmos zu kommen. Und auch Raum und Zeit sind nicht mehr dasselbe, wenn man sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt. Aber warum ist das so, und was genau ist Licht eigentlich? Zwei Physiker sprechen über die Rätsel einer allgegenwärtigen Sache, von der man nicht einmal weiß, woraus sie eigentlich besteht.
SPRECHERIN:
Was das Licht anleuchtet etwas an|leuchten mit einem Gegenstand Licht auf etwas/jemanden werfen , wird sichtbar sichtbar so, dass man etwas sehen kann . Wir sehen also nicht das Ding selbst, sondern nur die Strahlen Strahl, -en (m.) etwas, das sich gerade durch den Raum bewegt, z. B. Licht , die von ihm reflektiert etwas reflektieren hier: etwas zurückwerfen, z. B. Licht werden. Ich reflektiere, also bin ich?
SPRECHER:
Überall leuchtet es. Licht ist allgegenwärtig allgegenwärtig so, dass etwas immer und überall vorkommt . Aber was ist Licht für ein seltsamer Stoff Stoff, -e (m.) hier: ein Element, aus dem etwas gemacht ist ? Ist es überhaupt ein Stoff? Oder reine Energie? Licht ist uns nur scheinbar vertraut – Photonen Photon, -en (n.) ein Lichtteilchen , Lichtteilchen Teilchen, - (n.) etwas sehr Kleines, woraus größere Dinge bestehen , öffnen die Tore zu einer völlig seltsamen Welt. Früher dachte man, kleine Kügelchen schwirren schwirren durch die Luft fliegen durch die Gegend. Dann hielt man Licht für eine Welle Welle, -n (f.) hier: elektromagnetische Bewegung . Heute weiß man: Je nachdem, welche Experimente man anstellt etwas an|stellen hier: machen , ist es mal das eine und mal das andere.
SUSANNE HÜTTEMEISTER (Physikerin):
Licht ist ’ne Welle. Andererseits: Licht ist ’n Teilchen. Und je nachdem, wie ich es beobachte, ist es irgendwie beides. Beides gleichzeitig. Das ist auch richtig bizarr bizarr seltsam .
SPRECHER:
Es kann ja nicht nur bizarr sein, das Licht. Es ist schließlich da. Man sieht es im wahrsten Sinne des Wortes ja dauernd. Aber wenn man genauer hinguckt, sieht man praktisch nichts mehr. Spätestens dann, wenn man versucht, ein Photon auf die Waage zu legen …
CLAUS KIEFER (Physiker):
Ja, das ist wirklich auf den ersten Blick etwas merkwürdig. Also wir, ich sitze hier auf dem Stuhl und habe natürlich dann eine bestimmte Masse Masse, -n (f., Plural selten) hier: eine Größe in der Physik, mit der man misst, wie schwer etwas ist . Wenn jetzt hier eine Waage wäre, das wäre dann meine Ruhemasse. Und das gilt auch für Elementarteilchen Elementarteilchen, - (n.) etwas sehr Kleines, woraus chemische Elemente bestehen wie das Proton Proton, -en (n.) ein Elementarteilchen, das positiv geladen ist und das Neutron Neutron, -en (n.) ein Elementarteilchen, das nicht elektrisch geladen ist , das Elektron Elektron, -en (n.) ein Elementarteilchen, das negativ geladen ist , aus denen wir ja auch bestehen. Nun, beim Photon ist das anders, es hat tatsächlich Ruhemasse Null Ruhemasse Null hier: die Tatsache, dass etwas keine Masse hat, wenn es sich nicht bewegt !
SPRECHER:
Also ist es da und gleichzeitig doch nicht da? Das Photon ist aber nie in Ruhe, sagen die Physiker, sondern bewegt sich ständig. Und natürlich nicht irgendwie, sondern mit Lichtgeschwindigkeit – wo die nächste Merkwürdigkeit steckt. Auf den ersten Blick ist das Licht einfach nur schnell, wenn man es auf die Reise schickt.
SUSANNE HÜTTEMEISTER:
In 1,3 Sekunden bis zum Mond oder in einer Sekunde siebenmal um die Erde herum.
SPRECHER:
Hebt man den Blick Richtung Kosmos Kosmos, Kosmen (m.) der Weltraum, in dem unsere Erde liegt , klingt das gar nicht mehr so doll doll umgangssprachlich für: toll .
SUSANNE HÜTTEMEISTER:
Denn bis zum Saturn, dem fernsten Planeten, den man in unserem Sonnensystem noch mit dem bloßem Auge sieht etwas mit bloßem Auge sehen etwas ohne Hilfsmittel (z. B. ein Teleskop) sehen können , braucht das Licht schon anderthalb Stunden. Oder bis zum nächsten Stern: vier Jahre!
SPRECHER:
Und bis zur Andromeda-Galaxie Galaxie, -n (f.) ein Gebiet im Weltraum mit sehr vielen Sternen braucht es ganz ordentliche 4,5 Millionen Jahre! 300.000 Kilometer pro Sekunde: Das ist nicht irgendeine Geschwindigkeit. Mehr geht nicht. Unter keinen Umständen unter keinen Umständen auf keinen Fall . Das Licht aus einem Scheinwerfer Scheinwerfer, - (m.) eine Lampe, deren Licht in eine Richtung gelenkt wird und die deshalb sehr weit leuchtet wird nicht das geringste bisschen schneller, wenn sich das Auto zusätzlich bewegt. Braucht es auch nicht.
SUSANNE HÜTTEMEISTER:
Licht bewegt sich immer mit Lichtgeschwindigkeit. Und ich kann das nicht addieren. Das hat aber sofort, wenn man darüber – na ja – ’ne halbe Stunde nachdenkt, die Konsequenz, dass die Zeit nicht immer gleich schnell vergeht vergehen hier: dauern .
SPRECHER:
Dank Einstein, der allerdings mehr als eine halbe Stunde brauchte, wissen wir, dass Raum und Zeit sich verzerren sich ver|zerren seine Form verändern, sodass das Aussehen sich verändert , wenn wir uns bewegen. Je schneller wir unterwegs sind, desto stärker ist die Verzerrung. Und das Photon bewegt sich mit 300.000 Kilometern pro Sekunde sehr schnell. Die Verzerrung ist bei dieser Geschwindigkeit so extrem, dass die Zeit aus der Sicht des Photons stillsteht und der Raum keine Ausdehnung Ausdehnung, -en (f., Plural selten) der Raum, den etwas einnimmt mehr hat. Schneller wäre also sinnlos …
SUSANNE HÜTTEMEISTER:
Perspektive Perspektive, -n (f.) hier: die Art und Weise, wie man etwas betrachtet des Photons: Das Universum hat keine Ausdehnung mehr. Ich bin überall im Universum gleichzeitig. Jetzt können wir uns leider in die Photon-Perspektive nicht versetzen – das wär ja ’ne tolle Nummer, wenn wir dem zugucken könnten und die Perspektive auch hätten –, weil leider jeder Körper, der ’ne Masse hat, jeder Körper, der schwer ist, der Gewicht hat, braucht unendlich viel Energie, um auf Lichtgeschwindigkeit zu kommen.
CLAUS KIEFER:
Das Photon wäre was sehr, na ja, sehr Exotisches. Also, es hätte dann eigentlich keinen Raum und keine Zeit.
SPRECHER:
Kein Wunder, dass Licht Besinnlichkeit Besinnlichkeit (f., nur Singular) eine ruhige, nachdenkliche Stimmung stiftet etwas stiften dafür sorgen, dass es etwas gibt .
SUSANNE HÜTTEMEISTER:
Mein Umgang mit Licht ist schon noch alltagstauglich alltagstauglich so, dass sich etwas für die alltägliche Verwendung eignet . Aber dass Licht auf ’ner Ebene geheimnisvoll ist, die jetzt nicht mystisch mystisch geheimnisvoll oder romantisch ist, das begleitet mich schon durchaus.
CLAUS KIEFER:
Natürlich, manchmal, vielleicht in einem ruhigen Augenblick, oder wenn man eben gerade entspannt, natürlich, klar überlege ich mir, wie bettet sich jetzt das ein, was ich jetzt hier jeden Tag mache in eigentlich die grundlegenden grundlegend wesentlich Gleichungen Gleichung, -en (f.) etwas, womit man in der Mathematik Verhältnisse beschreibt , die grundlegenden Gesetze der Natur.
SPRECHER:
Das Licht erinnert eben an die tiefsten Rätsel der Welt. Nicht nur auf den Altären vieler Religionen, sondern auch in den geschmeidigen geschmeidig hier: konzentriert; nachdenklich Gehirnen der Physiker.
Das Licht und seine Geheimnisse
Kosmos, Kosmen (m.) — der Weltraum, in dem unsere Erde liegt
etwas an|leuchten — mit einem Gegenstand Licht auf etwas/jemanden werfen
sichtbar — so, dass man etwas sehen kann
Strahl, -en (m.) — etwas, das sich gerade durch den Raum bewegt, z. B. Licht
etwas reflektieren — hier: etwas zurückwerfen, z. B. Licht
allgegenwärtig — so, dass etwas immer und überall vorkommt
Stoff, -e (m.) — hier: ein Element, aus dem etwas gemacht ist
Photon, -en (n.) — ein Lichtteilchen
Teilchen, - (n.) — etwas sehr Kleines, woraus größere Dinge bestehen
schwirren — durch die Luft fliegen
Welle, -n (f.) — hier: elektromagnetische Bewegung
etwas an|stellen — hier: machen
bizarr — seltsam
Masse, -n (f., Plural selten) — hier: eine Größe in der Physik, mit der man misst, wie schwer etwas ist
Elementarteilchen, - (n.) — etwas sehr Kleines, woraus chemische Elemente bestehen
Proton, -en (n.) — ein Elementarteilchen, das positiv geladen ist
Neutron, -en (n.) — ein Elementarteilchen, das nicht elektrisch geladen ist
Elektron, -en (n.) — ein Elementarteilchen, das negativ geladen ist
Ruhemasse Null — hier: die Tatsache, dass etwas keine Masse hat, wenn es sich nicht bewegt
doll — umgangssprachlich für: toll
etwas mit bloßem Auge sehen — etwas ohne Hilfsmittel (z. B. ein Teleskop) sehen können
Galaxie, -n (f.) — ein Gebiet im Weltraum mit sehr vielen Sternen
unter keinen Umständen — auf keinen Fall
Scheinwerfer, - (m.) — eine Lampe, deren Licht in eine Richtung gelenkt wird und die deshalb sehr weit leuchtet
vergehen — hier: dauern
sich ver|zerren — seine Form verändern, sodass das Aussehen sich verändert
Ausdehnung, -en (f., Plural selten) — der Raum, den etwas einnimmt
Perspektive, -n (f.) — hier: die Art und Weise, wie man etwas betrachtet
Besinnlichkeit (f., nur Singular) — eine ruhige, nachdenkliche Stimmung
etwas stiften — dafür sorgen, dass es etwas gibt
alltagstauglich — so, dass sich etwas für die alltägliche Verwendung eignet
mystisch — geheimnisvoll
grundlegend — wesentlich
Gleichung, -en (f.) — etwas, womit man in der Mathematik Verhältnisse beschreibt
geschmeidig — hier: konzentriert; nachdenklich