Die letzten Schweine der DDR
Eine besondere Schweinezüchtung aus dem ehemaligen ostdeutschen Staat lebt auf einem Hof in Sachsen-Anhalt weiter. Anders als früher dürfen die Tiere bei den Niederländern Wouter und Caroline Uwland auch ins Freie.
Die letzten Schweine der DDR DDR (f., nur Singular) Abkürzung für: Deutsche Demokratische Republik; der ostdeutsche, sozialistische Staat, der zwischen 1949-1990 existierte
Die Leicoma-Schweine waren ein Erfolgsprodukt in der ehemaligen DDR. Der ostdeutsche Staat wollte ein Nutztier schaffen, um viel Fleisch in kurzer Zeit zu produzieren. Auch im Westen kaufte man Leicoma-Fleisch. Nach der Wende 1990 wären die Leicoma-Schweine fast verschwunden. Bis ein niederländischer Landwirt kam: Jedes Jahr kommen auf seinem Hof tausende Jungschweine zur Welt – unter besseren Bedingungen als früher.
SPRECHER:
Das Leicoma-Mastschwein Mastschwein, -e (n.) ein Schwein, das gefüttert (gemästet) wird, um später gegessen zu werden hat eine begrenzte begrenzt hier: nicht groß; relativ klein Lebenserwartung Lebenserwartung, -en (f.) die Zeit, die man wahrscheinlich zu leben hat – das ist seine Bestimmung Bestimmung, -en (f.) hier: das Schicksal; das, wozu man ausgewählt wurde . Politisch ist es eigentlich schon lange tot: so wie die Deutsche Demokratische Republik, die mit ihm ihre eigene sozialistische sozialistisch so, dass etwas sich an einer Gesellschaftsform orientiert, die eine Vorstufe des Kommunismus ist Schweinerasse Schweinerasse, -n (f.) die Gruppe von gezüchteten Schweinen, die ähnliche Merkmale haben hatte. Dass es die Rasse überhaupt noch gibt, hat jemandem etwas zu verdanken haben etwas dank der Hilfe von jemandem haben sie ihm zu verdanken jemandem etwas zu verdanken haben etwas dank der Hilfe von jemandem haben : Wouter Uwland ist wohl ihr letzter Züchter Züchter, -/Züchterin, -nen eine Person, die dafür sorgt, dass bestimmte Tiere oder Pflanzen mehr werden und dabei bestimmte Merkmale bleiben/entstehen . Rund 2.500 Leicoma-Ferkel Ferkel, - (n.) das junge Schwein kommen bei ihm Jahr für Jahr auf die Welt. Und – man ahnt etwas ahnen etwas voraus|sehen; etwas vermuten es – das ist kein Hobby.
WOUTER UWLAND (Schweinezüchter):
Die fahren wir jetzt um in die Mastanlage Mastanlage, -n (f.) ein Gebäude, in dem Masttiere gehalten werden hier zehn Kilometer weiter im Nachbardorf, und da bleiben die dann noch so bis zehneinhalb, elf Monate, bis sie die 180 Kilo erreicht haben, und dann sind sie schlachtreif schlachtreif so, dass ein Tier genug wiegt, um getötet (geschlachtet) zu werden .
SPRECHER:
Es ist eben ihre Bestimmung. Leicoma, eine typisch deutsche Abkürzung für: Leipzig, Cottbus, Magdeburg. So hießen die Bezirke Bezirk, -e (m.) ein offizieller Abschnitt in einem Land oder einer Stadt in der sozialistischen DDR, in denen das Schwein gezüchtet oder besser: produziert wurde. In Massenzucht Massenzucht (f., nur Singular) die Haltung von Nutztieren in großer Zahl und Mastanlagen wie dieser: 170.000 Schweine standen auf engstem Raum mit automatisierter Fütterung, zur Erzielung Erzielung, -en (f.) die Tatsache, dass ein Ziel erreicht wird des sozialistischen Plansolls Plansoll, -s (n., meist Singular) das Ergebnis, das in einem Produktionsprozess erreicht werden soll, besonders in sozialistischen Gesellschaften , vor allem für den devisenbringenden devisenbringend so, dass etwas ausländisches Geld (Devisen) einbringt Fleisch-Export in den Westen. Allerdings mit Nebenwirkungen Nebenwirkung, -en (f.) hier: eine ungewollte Folge einer Handlung : Das Leicoma-Schwein war bekannt dafür, sich sich in etwas ein|fügen hier: sich anpassen; sich an die Regeln einer Gruppe halten nicht immer einwandfrei einwandfrei perfekt; fehlerfrei ins sich in etwas ein|fügen hier: sich anpassen; sich an die Regeln einer Gruppe halten sozialistische Kollektiv Kollektiv, -e (n.) die Gruppe von Individuen; hier: die Gruppe von Tieren einzufügen sich in etwas ein|fügen hier: sich anpassen; sich an die Regeln einer Gruppe halten .
WOUTER UWLAND:
Die sind auch eigenartig, stur stur so, dass ein Mensch oder ein Tier einen starken eigenen Willen hat und nicht hört . Die haben ihren eigenen Kopf seinen eigenen Kopf haben umgangssprachlich für: sich nicht von anderen beeinflussen lassen . Die Bedingungen in die [den] Großanlagen Großanlage, -n (f.) hier: der große Betrieb, in dem etwas produziert wird waren natürlich auch nicht immer einfach für die Tiere, und da musste jede[s] Tier auch für sich kämpfen, dass er [es] klarkam klar|kommen keine Probleme haben; etwas schaffen .
SPRECHER:
Aber bevor sich sich Bahn brechen; etwas bricht sich Bahn etwas gerät in Gang; etwas beginnt die Konterrevolution Konterrevolution, -en (f.) die Gegenrevolution; in sozialistischen Gesellschaften eine Bewegung, die gegen die Vorherrschaft des Sozialismus gerichtet ist im Stall Bahn brach sich Bahn brechen; etwas bricht sich Bahn etwas gerät in Gang; etwas beginnt , kam das Ende der ganzen DDR, inklusive inklusive einschließlich; mit Leicoma-Schwein. West-Züchtungen waren effektiver effektiv so, dass etwas Erfolg hat . Die wiedervereinigten wiedervereinigt so, dass Teile, die getrennt waren, wieder zusammen sind Deutschen ließen etwas aus|sterben lassen nichts dagegen tun, dass es eine Tierart nicht mehr gibt die Leicomas beinahe aussterben etwas aus|sterben lassen nichts dagegen tun, dass es eine Tierart nicht mehr gibt . Da musste erst der Niederländer Wouter Uwland kommen und die Stärken des DDR-Schweins erkennen. Bei ihm im sehr ländlichen Sachsen-Anhalt dürfen die Leicomas sogar an die frische Luft, bei Wind und Wetter.
WOUTER UWLAND:
Es ist ein hartes Schwein. Und [eines,] was heutzutage mit unserer Auslaufhaltung Auslaufhaltung, -en (f.) die Tierhaltung, bei der die Tiere in Ställen sind, aber die Möglichkeit haben, sich für eine bestimmte Zeit im Freien aufzuhalten eigentlich viel besser dafür geeignet ist als so ’n hochproduktives hochproduktiv so, dass jemand/etwas sehr viel produziert oder leistet , ja, konventionelles konventionell üblich; normal Schwein.
SPRECHER:
Äußerlich erkennbar an den struppigen struppig hier: steif abstehend; ungeordnet in alle Richtungen stehend Borsten Borste, -n (f.) das Haar eines Schweins , die vor Sonne schützen. Besonderheiten im Inneren lassen sich frühmorgens in Berlin betrachten. Die Blutwurstmanufaktur Blutwurstmanufaktur (f., nur Singular) ein kleines Unternehmen, das vor allem eine Wurst aus Speck, Blut und Schweinestücken herstellt , eine Edelfleischerei Edelfleischerei, -en (f.) ein Fleischgeschäft, das sehr hochwertige Produkte verkauft , gehört zu den Stammkunden Stammkunde, -n/Stammkundin, -nen jemand, der regelmäßig und immer wieder im selben Geschäft einkauft von Wouter Uwland. Hier liefert er gerade eine Ladung Schweinehälften vom Typ Leicoma. Die Männer haben gut zu tun.
OLLI (Fleischer):
Die sind schwerer als andere und vor allen Dingen noch schwerer wie [als] sonst. Also, das sind diesmal ja wirklich Riesenbrocken Riesenbrocken, - (m.) umgangssprachlich für: ein sehr großes Stück von etwas .
SPRECHER:
Mit ordentlich Speck auf den Rippen mit ordentlich Speck auf den Rippen umgangssprachlich für: dick; fett und: Fleisch, das anders aussieht als Supermarktware.
WOUTER UWLAND:
Leicoma hat von Haus aus schon ’ne dunklere Farbe. Heutzutage sehen die meisten Mastschweine ja aus wie Hähnchenbrust eigentlich.
SPRECHER:
Fleischer Marcus Benser ist überzeugt vom Schwein sozialistischer Prägung Prägung, -en (f.) der bestimmte Einfluss, den etwas auf jemanden/etwas hat – ganz ideologiefrei ideologiefrei so, dass etwas nicht mit bestimmten politischen Ideen zu tun hat .
MARCUS BENSER (Fleischer):
Letztendlich hat die DDR nur versucht, ein typisches Bauernschwein wiederzubeleben etwas wieder|beleben hier: dafür sorgen, dass es etwas wieder gibt , weil sie genau das erkannt haben, was ich auch erkannt habe, dass eben traditionelle Rezepturen Rezeptur, -en (f.) die Zusammenstellung von verschiedenen Zutaten; das Rezept nicht zu moderner industrieller Tierhaltung passen. Am liebsten würden Sie hören: In der DDR war alles schlecht, aber wenn ick ick berlinerisch für: ich ens ens berlinerisch für: eines sagen kann: Dit dit (Berlinerisch) das war mal ’ne richtig gute Erfindung. Oder ’ne richtig gute Maßnahme.
SPRECHER:
Die Uwlands verkaufen Leicoma-Produkte auch in ihrem Hofladen Hofladen, -läden (m.) ein Geschäft bei einem Bauernhof, in dem Lebensmittel verkauft werden . Zu höheren Preisen als übliche Ware im Supermarkt. Die Haltung der Tiere ist teurer, als sie es zu DDR-Zeiten war. Aber von Massentierhaltung Massentierhaltung (f., nur Singular) die Tatsache, dass man viele Tiere hat und sie auf engem Raum unter schlechten Bedingungen leben lässt wollen die Züchter nichts wissen.
CAROLINE UWLAND (Schweinezüchterin):
Oh, heftig! Wir müssen auch nicht mehr jeden Tag Fleisch essen, ein bisschen weniger wäre besser für[s] Klima, für die Natur und für die Tiere, denke ich an sich auch, ja.
WOUTER UWLAND:
Wenn ich wieder meine Schweine so einstallen etwas ein|stallen ein Nutztier in einem Stall unterbringen muss und so eng zusammenpacken wie damals, dann .. Das würde heißen, dass ich dann zumache. Aber nicht, dass ich Vegetarier werde, aber da würde ich keine Freude mehr erleben an die [der] Schweinezucht.
SPRECHER:
Mit sanfter Hand am harten Schwein – so will Wouter Uwland seine Tierhaltung weiter betreiben etwas betreiben hier: etwas ausüben; etwas machen, für etwas verantwortlich sein , auch in Zeiten der Demokratie und des sinkenden Fleischkonsums Fleischkonsum (m., nur Singular) der Verbrauch (das Verbrauchen) von Fleisch .
Die letzten Schweine der DDR
DDR (f., nur Singular) — Abkürzung für: Deutsche Demokratische Republik; der ostdeutsche, sozialistische Staat, der zwischen 1949-1990 existierte
Mastschwein, -e (n.) — ein Schwein, das gefüttert (gemästet) wird, um später gegessen zu werden
begrenzt — hier: nicht groß; relativ klein
Lebenserwartung, -en (f.) — die Zeit, die man wahrscheinlich zu leben hat
Bestimmung, -en (f.) — hier: das Schicksal; das, wozu man ausgewählt wurde
sozialistisch — so, dass etwas sich an einer Gesellschaftsform orientiert, die eine Vorstufe des Kommunismus ist
Schweinerasse, -n (f.) — die Gruppe von gezüchteten Schweinen, die ähnliche Merkmale haben
jemandem etwas zu verdanken haben — etwas dank der Hilfe von jemandem haben
Züchter, -/Züchterin, -nen — eine Person, die dafür sorgt, dass bestimmte Tiere oder Pflanzen mehr werden und dabei bestimmte Merkmale bleiben/entstehen
Ferkel, - (n.) — das junge Schwein
etwas ahnen — etwas voraus|sehen; etwas vermuten
Mastanlage, -n (f.) — ein Gebäude, in dem Masttiere gehalten werden
schlachtreif — so, dass ein Tier genug wiegt, um getötet (geschlachtet) zu werden
Bezirk, -e (m.) — ein offizieller Abschnitt in einem Land oder einer Stadt
Massenzucht (f., nur Singular) — die Haltung von Nutztieren in großer Zahl
Erzielung, -en (f.) — die Tatsache, dass ein Ziel erreicht wird
Plansoll, -s (n., meist Singular) — das Ergebnis, das in einem Produktionsprozess erreicht werden soll, besonders in sozialistischen Gesellschaften
devisenbringend — so, dass etwas ausländisches Geld (Devisen) einbringt
Nebenwirkung, -en (f.) — hier: eine ungewollte Folge einer Handlung
sich in etwas ein|fügen — hier: sich anpassen; sich an die Regeln einer Gruppe halten
einwandfrei — perfekt; fehlerfrei
Kollektiv, -e (n.) — die Gruppe von Individuen; hier: die Gruppe von Tieren
stur — so, dass ein Mensch oder ein Tier einen starken eigenen Willen hat und nicht hört
seinen eigenen Kopf haben — umgangssprachlich für: sich nicht von anderen beeinflussen lassen
Großanlage, -n (f.) — hier: der große Betrieb, in dem etwas produziert wird
klar|kommen — keine Probleme haben; etwas schaffen
sich Bahn brechen; etwas bricht sich Bahn — etwas gerät in Gang; etwas beginnt
Konterrevolution, -en (f.) — die Gegenrevolution; in sozialistischen Gesellschaften eine Bewegung, die gegen die Vorherrschaft des Sozialismus gerichtet ist
inklusive — einschließlich; mit
effektiv — so, dass etwas Erfolg hat
wiedervereinigt — so, dass Teile, die getrennt waren, wieder zusammen sind
etwas aus|sterben lassen — nichts dagegen tun, dass es eine Tierart nicht mehr gibt
Auslaufhaltung, -en (f.) — die Tierhaltung, bei der die Tiere in Ställen sind, aber die Möglichkeit haben, sich für eine bestimmte Zeit im Freien aufzuhalten
hochproduktiv — so, dass jemand/etwas sehr viel produziert oder leistet
konventionell — üblich; normal
struppig — hier: steif abstehend; ungeordnet in alle Richtungen stehend
Borste, -n (f.) — das Haar eines Schweins
Blutwurstmanufaktur (f., nur Singular) — ein kleines Unternehmen, das vor allem eine Wurst aus Speck, Blut und Schweinestücken herstellt
Edelfleischerei, -en (f.) — ein Fleischgeschäft, das sehr hochwertige Produkte verkauft
Stammkunde, -n/Stammkundin, -nen — jemand, der regelmäßig und immer wieder im selben Geschäft einkauft
Riesenbrocken, - (m.) — umgangssprachlich für: ein sehr großes Stück von etwas
mit ordentlich Speck auf den Rippen — umgangssprachlich für: dick; fett
Prägung, -en (f.) — der bestimmte Einfluss, den etwas auf jemanden/etwas hat
ideologiefrei — so, dass etwas nicht mit bestimmten politischen Ideen zu tun hat
etwas wieder|beleben — hier: dafür sorgen, dass es etwas wieder gibt
Rezeptur, -en (f.) — die Zusammenstellung von verschiedenen Zutaten; das Rezept
ick — berlinerisch für: ich
ens — berlinerisch für: eines
dit (Berlinerisch) — das
Hofladen, -läden (m.) — ein Geschäft bei einem Bauernhof, in dem Lebensmittel verkauft werden
Massentierhaltung (f., nur Singular) — die Tatsache, dass man viele Tiere hat und sie auf engem Raum unter schlechten Bedingungen leben lässt
etwas ein|stallen — ein Nutztier in einem Stall unterbringen
etwas betreiben — hier: etwas ausüben; etwas machen, für etwas verantwortlich sein
Fleischkonsum (m., nur Singular) — der Verbrauch (das Verbrauchen) von Fleisch