Was die Informationsüberflutung mit uns macht
Jeden Tag erreichen uns über Medien viele Informationen. Die Masse an neuen Inhalten beeinflusst unser Verhalten und unsere Gefühle. Um sich vor den negativen Folgen zu schützen, muss man den Umgang damit lernen.
Was die Informationsüberflutung mit uns macht
Jeden Tag erreichen uns über Medien viele Informationen. Die Masse an neuen Inhalten beeinflusst unser Verhalten und unsere Gefühle. Um sich vor den negativen Folgen zu schützen, muss man den Umgang damit lernen.
SPRECHERIN:
Jede Minute werden auf YouTube 400 Stunden Videomaterial hochgeladen. 103 Millionen Spam-Mails Spam-Mail, -s (f., aus dem Englischen) eine in große Mengen verschickte Nachricht (E-Mail) mit Werbung landen täglich in unseren Postfächern Postfach, -fächer (n.) hier: der Speicherort, wo E-Mails ankommen . Und auf Twitter werden rund 500 Millionen Tweets Tweet, -s (m./n., aus dem Englischen) eine Nachricht auf dem Sozialen Netzwerk „Twitter“ versendet. Das sind 6000 Tweets pro Sekunde. Kein Menschenleben reicht aus, um das alles zu verarbeiten. Im Dauerfeuer Dauerfeuer, - (n.) hier: der ständige und wiederholte (negative) Einfluss von etwas an Geschichten, Bildern und verführerischen verführerisch sehr attraktiv; hier: so, dass man etwas sofort machen möchte Angeboten fühlt sich manch einer überfordert überfordert so, dass etwas zu schwierig für jemanden ist; so, dass man nicht schaffen kann, was von einem verlangt wird – es herrscht Information Overload Information Overload (m., nur Singular, aus dem Englischen) der Zustand, wenn zu viele Informationen auf eine Person wirken .
Doch wie kommt zustande kommen entstehen die schiere schier hier: pur; rein; allein Masse von Informationen überhaupt zustande zustande kommen entstehen ? Durch die schnelle Taktung Taktung, -en (n.) hier: der regelmäßige zeitliche Abstand zwischen etwas (z. B. mehreren ähnlichen Ereignissen) , in der neue Informationen hergestellt werden, steigt der Druck auf alle, selbst neue Inhalte zu produzieren. Zeitungen etwa aktualisieren ihre Seiten im Stundentakt im Stundentakt jede Stunde . Etwas weltweit zu publizieren etwas publizieren etwas veröffentlichen , ist leicht geworden. Jeder kann ein Video drehen und hochladen. Außerdem nehmen die Nachrichtenkanäle Nachrichtenkanal, -kanäle (m.) hier: der Weg, wie Nachrichten und Informationen zu jemandem gelangen; das Nachrichtenprogramm ständig zu.
Zu viele Informationen, zu viele Wahlmöglichkeiten – darauf reagieren wir auf zwei verschiedene Arten: Zum einen mit dauernder Wachsamkeit Wachsamkeit (f., nur Singular) die hohe Aufmerksamkeit und Hypersensibilität Hypersensibilität (f., nur Singular) der Zustand, wenn man psychisch sehr stark auf äußere Einflüsse reagiert . Man hält es ohne ständig neuen Input Input, -s (m., aus dem Englischen) hier: die neuen Informationen; die Anregungen von außen gar nicht mehr mit sich selbst aus. Der Stresslevel Level, -/-s (m./n.) hier: das Niveau; die Höhe steigt und damit die Angst, etwas Wichtiges zu übersehen etwas übersehen etwas nicht sehen; etwas nicht erkennen oder etwas Interessantes zu verpassen. Andere stumpfen ab ab|stumpfen hier: immer weniger fühlen; immer gleichgültiger werden , interessieren sich für nichts mehr, überlassen sich sich etwas/jemandem überlassen sich von jemandem/etwas beherrschen lassen, ohne zu reagieren; sich jemandem/etwas hingeben der Flut Flut, -en (f.) hier: eine große Menge von etwas; eigentlich: der Anstieg des Wassers in einem Meer der bunten Bilder.
JAN KALBITZER (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie):
Unter Stress werden wir einerseits vergesslich und unkonzentrierter. Was mir besonders Sorge macht, ist, dass wir anfangen, stärker zu polarisieren polarisieren dafür sorgen, dass sich die Meinungen über etwas stark unterscheiden . Das heißt, wir unterscheiden mehr in Schwarz-Weiß Schwarz-Weiß (n., nur Singular) hier: die Darstellung von etwas entweder nur negativ oder nur positiv . Wir nehmen Situationen schneller als bedrohlich wahr. Das heißt, durch die Überforderung Überforderung, -en (f.) das Gefühl, wenn von einem mehr verlangt wird, als man schaffen kann , die entsteht, fangen Menschen auch an, in so ’nen Modus Modus, Modi (m.) hier: die Art, wie man vorgeht und handelt zu kommen, wo sie schneller angreifen, schneller streiten.
SPRECHERIN:
Dr. Jan Kalbitzer ist Facharzt Facharzt, -ärzte/Fachärztin, -innen der Arzt/die Ärztin, der/die sich bereits auf einem bestimmten Gebiet spezialisiert hat für Psychiatrie Psychiatrie, -n (f.) hier: das medizinische Gebiet, bei dem es um die Behandlung von psychischen Krankheiten geht und Psychotherapie Psychotherapie, -n (f.) die ärztliche Behandlung einer Krankheit, die nicht den Körper, sondern das Denken und die Gefühle betrifft . Er forscht am Zentrum für Internet und seelische seelisch psychisch Gesundheit der Charité Charité, -s (f., aus dem Französischen) hier: ein bestimmtes Krankenhaus in Berlin Berlin.
JAN KALBITZER (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie):
Menschen wollen wissen, was in ihrer Umwelt los ist, und durch diesen ständigen Nachrichtenfluss, diesen ständigen Alarmismus Alarmismus (m., nur Singular) das ständige, übertriebene Warnen vor möglichen Gefahren in den Nachrichten verstärkt sich eine Angst der Menschen vor dem Internet oder auch vor der Welt da draußen. Es ist schon, als ob wir in der virtuellen virtuell so, dass etwas nur am Computer oder im Internet existiert Realität leben. Wir gehen durch eine wahnsinnig sichere Stadt und haben dauernd Angst, weil wir überflutet werden mit gefährlichen Nachrichten.
SPRECHERIN:
Im Internet gibt es zu jeder Meinung eine Gegenmeinung. Manchmal ist es fast unmöglich, Fakten von Fake News zu unterscheiden – und weit und breit weit und breit in der gesamten Umgebung; überall niemand, der das Chaos für uns durchschaubarer durchschaubar hier: klar; verständlich machen kann. Die Suchmaschinen Suchmaschine, -n (f.) eine Webseite im Internet, auf der man andere Webseiten oder Informationen suchen kann , denen wir uns anvertrauen sich jemandem an|vertrauen mit jemandem, dem man vertraut, über seine Probleme reden , suchen uns schließlich nicht die besten, sondern die am besten bezahlten Informationen heraus.
JAN KALBITZER:
Das ist ’n großes Problem, wenn wir alles, was im Internet ist, über Geld regulieren etwas regulieren etwas regeln; etwas lenken . Das darf nicht mehr stattfinden. Wir müssen als Gesellschaft viel stärker da eingreifen, politisch, aber auch jeder Einzelne.
SPRECHERIN:
Das Internet verändert unser Gehirn, auch strukturell. Es gibt Forschungsergebnisse, die darauf hindeuten auf etwas hin|deuten ein Zeichen sein für etwas , dass das tägliche Computer-Multitasking Multitasking (n., nur Singular, aus dem Englischen) die Fähigkeit, dass jemand verschiedene Dinge zur gleichen Zeit machen kann zu einer schlechteren Verschaltung Verschaltung, -en (f.) hier: die Verbindung zwischen Nervenzellen im Gehirn im frontalen frontal an der Vorderseite Cortex Cortex, -e/Cortices (m.) hier: die Hirnrinde; der äußere Rand des Gehirns führt. Gleichzeitig ist zum Beispiel der Teil des sensomotorischen sensomotorisch so, dass etwas mit dem Zusammenspiel der Sinne und Muskeln zu tun hat Cortex’, der zuständig ist für die Daumen Daumen, - (m.) der stärkste der fünf Finger an der Hand bewegung, bei den heute 15-Jährigen doppelt so groß wie bei ihren Eltern. Man kann also nicht einfach behaupten, das Internet würde uns dümmer machen.
JAN KALBITZER:
Als Menschen angefangen haben, im Gegensatz zu den Affen den Daumen der Hand gegenüberzustellen und Werkzeuge zu benutzen, da hat das unser Gehirn auch komplett verändert in seiner Struktur. Auf einmal sind wir viel aufrechter gegangen, um die Hand besser nutzen zu können. Das Gehirn verändert sich permanent permanent immer; die ganze Zeit , und das muss es auch. Es muss sich ja neuen Umweltveränderungen anpassen.
SPRECHERIN:
Die Frage ist also viel eher, wie wir Wissen besser für uns organisieren können. Ob man sich nun selbst eine Informationsdiät verordnet etwas verordnen hier: eine medizinische Maßnahme (z. B. die Einnahme eines Medikaments) für einen Patienten festlegen oder gemeinsam mit Freunden und Familie überlegt, wie man stressfreier durchs Internet kommt – Medienkompetenz brauchen heute alle.
Was die Informationsüberflutung mit uns macht
Überflutung, -en (f.) — hier: eine bedrohlich hohe Menge von etwas; eigentlich: der Zustand, wenn ein Gewässer über die Ufer tritt (Verb: überfluten)
Spam-Mail, -s (f., aus dem Englischen) — eine in große Mengen verschickte Nachricht (E-Mail) mit Werbung
Postfach, -fächer (n.) — hier: der Speicherort, wo E-Mails ankommen
Tweet, -s (m./n., aus dem Englischen) — eine Nachricht auf dem Sozialen Netzwerk „Twitter“
Dauerfeuer, - (n.) — hier: der ständige und wiederholte (negative) Einfluss von etwas
verführerisch — sehr attraktiv; hier: so, dass man etwas sofort machen möchte
überfordert — so, dass etwas zu schwierig für jemanden ist; so, dass man nicht schaffen kann, was von einem verlangt wird
Information Overload (m., nur Singular, aus dem Englischen) — der Zustand, wenn zu viele Informationen auf eine Person wirken
zustande kommen — entstehen
schier — hier: pur; rein; allein
Taktung, -en (n.) — hier: der regelmäßige zeitliche Abstand zwischen etwas (z. B. mehreren ähnlichen Ereignissen)
im Stundentakt — jede Stunde
etwas publizieren — etwas veröffentlichen
Nachrichtenkanal, -kanäle (m.) — hier: der Weg, wie Nachrichten und Informationen zu jemandem gelangen; das Nachrichtenprogramm
Wachsamkeit (f., nur Singular) — die hohe Aufmerksamkeit
Hypersensibilität (f., nur Singular) — der Zustand, wenn man psychisch sehr stark auf äußere Einflüsse reagiert
Input, -s (m., aus dem Englischen) — hier: die neuen Informationen; die Anregungen von außen
Level, -/-s (m./n.) — hier: das Niveau; die Höhe
etwas übersehen — etwas nicht sehen; etwas nicht erkennen
ab|stumpfen — hier: immer weniger fühlen; immer gleichgültiger werden
sich etwas/jemandem überlassen — sich von jemandem/etwas beherrschen lassen, ohne zu reagieren; sich jemandem/etwas hingeben
Flut, -en (f.) — hier: eine große Menge von etwas; eigentlich: der Anstieg des Wassers in einem Meer
polarisieren — dafür sorgen, dass sich die Meinungen über etwas stark unterscheiden
Schwarz-Weiß (n., nur Singular) — hier: die Darstellung von etwas entweder nur negativ oder nur positiv
Überforderung, -en (f.) — das Gefühl, wenn von einem mehr verlangt wird, als man schaffen kann
Modus, Modi (m.) — hier: die Art, wie man vorgeht und handelt
Facharzt, -ärzte/Fachärztin, -innen — der Arzt/die Ärztin, der/die sich bereits auf einem bestimmten Gebiet spezialisiert hat
Psychiatrie, -n (f.) — hier: das medizinische Gebiet, bei dem es um die Behandlung von psychischen Krankheiten geht
Psychotherapie, -n (f.) — die ärztliche Behandlung einer Krankheit, die nicht den Körper, sondern das Denken und die Gefühle betrifft
seelisch — psychisch
Charité, -s (f., aus dem Französischen) — hier: ein bestimmtes Krankenhaus in Berlin
Alarmismus (m., nur Singular) — das ständige, übertriebene Warnen vor möglichen Gefahren
virtuell — so, dass etwas nur am Computer oder im Internet existiert
weit und breit — in der gesamten Umgebung; überall
durchschaubar — hier: klar; verständlich
Suchmaschine, -n (f.) — eine Webseite im Internet, auf der man andere Webseiten oder Informationen suchen kann
sich jemandem an|vertrauen — mit jemandem, dem man vertraut, über seine Probleme reden
etwas regulieren — etwas regeln; etwas lenken
auf etwas hin|deuten — ein Zeichen sein für etwas
Multitasking (n., nur Singular, aus dem Englischen) — die Fähigkeit, dass jemand verschiedene Dinge zur gleichen Zeit machen kann
Verschaltung, -en (f.) — hier: die Verbindung zwischen Nervenzellen im Gehirn
frontal — an der Vorderseite
Cortex, -e/Cortices (m.) — hier: die Hirnrinde; der äußere Rand des Gehirns
sensomotorisch — so, dass etwas mit dem Zusammenspiel der Sinne und Muskeln zu tun hat
Daumen, - (m.) — der stärkste der fünf Finger an der Hand
permanent — immer; die ganze Zeit
etwas verordnen — hier: eine medizinische Maßnahme (z. B. die Einnahme eines Medikaments) für einen Patienten festlegen