Asyl im Kloster
Für Flüchtlinge, deren Antrag auf Asyl abgelehnt wird, ist das Kirchenasyl oft die letzte Hoffnung. Denn in Kirchen stehen sie unter besonderem Schutz. So wie Harman, der mit anderen Flüchtlingen in einem Kloster lebt.
Asyl im Kloster
Für Flüchtlinge, die nicht in Deutschland bleiben dürfen, ist das Kirchenasyl oft die letzte Chance. Denn Menschen, die in Kirchen flüchten, stehen unter besonderem Schutz. Harman aus dem Irak ist einer dieser Flüchtlinge. Er lebt mit seinem Bruder in einem Kloster. Dort bekommt er Essen, eine Unterkunft und Deutschunterricht. Die Frauen im Kloster versuchen, ihn zu schützen. Aber das ist heute nicht mehr so einfach, denn die Gesetze sind strenger geworden.
SPRECHER:
Wenn Schwester Schwester, -n (f.) hier: eine Frau, die mit anderen Frauen in einer religiösen Gemeinschaft lebt; eine Nonne Geraldine zur Arbeit ruft, ist zur Stelle sein da sein/anwesend sein, um eine bestimmte Aufgabe zu übernehmen und jemandem damit zu helfen Harman zur Stelle zur Stelle sein da sein/anwesend sein, um eine bestimmte Aufgabe zu übernehmen und jemandem damit zu helfen . Heute wartet auf den jungen Iraker Gartenarbeit. Die tägliche Beschäftigung im Klosterhof hilft ihm, die Angst vor einer Abschiebung zur Stelle sein da sein/anwesend sein, um eine bestimmte Aufgabe zu übernehmen und jemandem damit zu helfen zu vergessen. Denn eigentlich müsste der Angehörige Angehörige, -n (m./f.) hier: Mitglied der jesidischen jesidisch zur religiösen Gruppe der Jesiden gehörend, die vor allem im Nordirak leben, aber auch in Syrien, der Türkei und dem Iran Minderheit Minderheit,-en (f.) hier: eine Gruppe, die anders ist als die meisten Menschen in einem Land, z. B. weil sie eine andere Religion hat oder eine andere Sprache spricht zurück nach Rumänien, weil er dort die EU betreten hatte. So verlangen es die EU-Abkommen Abkommen, - (n.) der Vertrag . Doch dort soll sollen hier: jemand behauptet, dass ... er von der Polizei misshandelt jemanden misshandeln jemanden schlagen oder etwas anderes tun, das bei anderen Menschen Schmerzen verursacht; jemanden mit Absicht verletzen worden sein.
HARMAN:
Ich wünschte, ich könnte das Klostergelände als freier Mensch verlassen, ohne fürchten zu müssen, dass mich dann sofort die Polizei festnimmt und mich wieder zurückschickt.
SPRECHER:
Doch hinter den Mauern des Dominikanerinnen Dominikaner, -/Dominikanerin, -nen ein Mönch/eine christliche Nonne, der/die nach den religiösen Regeln des heiligen Dominikus lebt klosters sind Harman und die fünf anderen Kirchenasyl Kirchenasyl, -e (n., meist im Singular) die Tatsache, dass jemand besonders geschützt wird, solange er sich in einem Kirchengebäude befindet -Flüchtlinge sicher – vorerst vorerst jetzt, aber man weiß nicht, wie lange noch jedenfalls. Hier bekommen sie von den Schwestern nicht nur Essen und Unterkunft, sondern auch jeden Nachmittag Deutschunterricht.
SCHWESTER:
Und?
HARMAN:
Zehn vor drei.
SCHWESTER:
Ja.
SPRECHER:
Früher bekamen abgelehnte Asylbewerber Asylbewerber, -/Asylbewerberin, -nen jemand, der aus einem Land geflohen ist und in einem anderen Land um Schutz bittet , die sich wie Harman danach in eine Kirche flüchteten, fast immer die Chance einer zweiten Anhörung Anhörung, -en (f.) hier: ein Termin, bei dem jemand die Möglichkeit hat, einem Amt oder einem Gericht seine Situation zu erklären . Doch das scheint vorbei. Das zuständige Bundesamt lehnt neuerdings neuerdings seit kurzer Zeit fast alle Anträge ab. Die Verschärfung Verschärfung, -en (f.) die Tatsache, dass etwas strenger geworden ist des Kirchenasyls stellt die Klostergemeinschaft vor zusätzliche Probleme. Schwester Geraldine weiß oft nicht, wie lange die Schützlinge Schützling, -e (m.) eine Person, die von jemandem beschützt wird bei ihr bleiben müssen. Und sie muss manchmal Hilfe suchende Flüchtlinge abweisen jemanden ab|weisen hier: jemanden nicht hereinlassen; jemanden wegschicken .
SCHWESTER GERALDINE:
Das ist ... als die Asylsuchenden Asylsuchende, -n (m./f.) jemand, der aus einem Land geflohen ist und in einem anderen Land um Schutz bittet auch selber hierherkamen – am Boden zerstört am Boden zerstört sehr verzweifelt – und vor mir lagen, weinten. Und wenn ich dann sagen musste: „Wir haben keinen Platz, wir haben schon so viele und das geht nicht mehr“, da habe ich gedacht: Mein Gott, das ist die Hölle Hölle, -n (f.) hier: eine sehr schlimme Situation , das hältst etwas aus|halten hier: etwas Unangenehmes so akzeptieren, wie es ist, und ertragen du nicht immer aus etwas aus|halten hier: etwas Unangenehmes so akzeptieren, wie es ist, und ertragen .
SPRECHER:
Im fernen Berlin stößt auf Skepsis stoßen mit Zweifel betrachtet werden so viel christliche Nächstenliebe Nächstenliebe (f., nur Singular) die Tatsache, dass man fremden Menschen hilft bei Innenpolitikern Innenpolitiker, -/Innenpolitikerin, -nen ein Politiker/eine Politikerin, der/die sich auf Themen konzentriert, die die Ordnung und Sicherheit im eigenen Land betreffen auf Skepsis auf Skepsis stoßen mit Zweifel betrachtet werden . Man werde das Kirchenasyl Asyl, -e (n., meist Singular) die Tatsache, dass ein Staat einem Menschen erlaubt, im Land zu bleiben, wenn er in seiner Heimat verfolgt wird oder vor Krieg geflohen ist respektieren und niemanden mit Polizeigewalt herausholen. Aber rechtsfreie Räume rechtsfreier Raum, rechtsfreie Räume (m.) ein Gebiet, in dem Gesetze nicht gelten würden nicht toleriert.
THORSTEN FREI (CDU, Abgeordneter Abgeordnete, -n (m./f.) der gewählte Politiker/die gewählte Politikerin in einem Parlament Deutscher Bundestag):
Auch im Kirchenasyl kann es nur das zusätzliche Recht einer Überprüfung geben. Dass man automatisch dem Anliegen Anliegen, - (n.) das Ziel; der Wunsch der Kirchengemeinden recht gibt, ist doch ’ne völlig falsche Vorstellung. Das wäre in einem Rechtsstaat Rechtsstaat, -en (m.) ein Staat, der die Gesetze und die Menschenrechte beachtet absolut nicht akzeptabel.
SPRECHER:
Und das setzt jemanden unter Druck setzen hier: Stress verursachen; erreichen wollen, dass jemand etwas Bestimmtes tut Schwester Geraldine unter Druck jemanden unter Druck setzen hier: Stress verursachen; erreichen wollen, dass jemand etwas Bestimmtes tut . Sie sucht den Kontakt zu anderen der landesweit rund 450 Gemeinden mit Kirchenasyl. Gemeinsam wollen sie sich dagegen wehren sich wehren kämpfen; versuchen, etwas zu verhindern , dass ein Flüchtling neuerdings mindestens 18 Monate in den Kirchenräumen leben muss, wenn die Ausweisung Ausweisung, -en (f.) die Entscheidung einer Behörde oder eines Gerichts, dass jemand das Land verlassen muss verhindert werden soll. Denn erst dann ist die Frist Frist, -en (f.) ein begrenzter Zeitraum, der zu einem bestimmten Termin endet zur Abschiebung in einen anderen EU-Staat für Flüchtlinge abgelaufen ab|laufen hier: enden .
SCHWESTER GERALDINE:
Wenn die diesen Brief erhalten – also: „Ihre Frist hat sich auf 18 Monate verlängert“ – die meisten fallen in ein Loch in ein Loch fallen umgangssprachlich für: sehr enttäuscht und traurig sein; das Gefühl haben, dass alles sinnlos ist . Es ist auch schon mal so, dass jemand gesagt hat: „Ich hau ab ab|hauen umgangssprachlich für: weglaufen , ich such mir ein anderes Land.“ Manche haben wirklich erst mal ’ne längere Depression Depression, -en (f.) eine Krankheit, bei der man längere Zeit mutlos und traurig ist , wirklich.
STEPHAN REICHEL (Hilfsorganisation „Matteo – Kirche und Asyl“):
Ich selber finde es sehr bedauerlich bedauerlich schade; traurig , dass wir in einem demokratischen Rechtsstaat derzeit derzeit zurzeit; heute sehr viel Kirchenasyle machen müssen. Aber auch der Rechtsstaat ist nicht unfehlbar unfehlbar so, dass man nie Fehler macht . Mir hat neulich ein hoher Richter selber gesagt: „Wir brauchen Kirchenasyl, weil wir Richter sind auch nicht unfehlbar und da gibt’s ein gewisses gewiss hier: bestimmt humanitäres humanitär hier: so, dass etwas Menschen in Not betrifft Korrektiv Korrektiv, -e (n.) etwas, das dafür sorgt, dass ein Fehler ganz oder teilweise korrigiert wird .“
SPRECHER:
Während sein jüngerer Bruder Asylschutz Asylschutz (m., nur Singular) die Tatsache, dass jemand, in seinem Heimatland von Gewalt bedroht ist und deshalb in einem anderen Staat leben darf bekommen hat und in der nächsten Kleinstadt zur Schule gehen kann, muss Harman im Kloster weiter warten. Wenn er mit seinen Eltern und Geschwistern im Irak spricht, dann macht er sich ständig Sorgen. Vor fünf Jahren wurden rund 7000 Frauen und Kinder von der Terrorgruppe Terrorgruppe, -n (f.) eine Gruppe, die Gewalt anwendet, um ihre politischen oder religiösen Ziele zu erreichen IS im Irak versklavt jemanden versklaven jemanden zu einer Sache machen, die man kaufen kann; jemanden mit Gewalt zur Arbeit zwingen . Viele seiner jesidischen Verwandten wurden getötet.
HARMAN:
Mein Onkel auch. Und jetzt kann ich nicht zurückgehen nach Irak.
SPRECHER:
Schwester Geraldine will standhaft bleiben standhaft bleiben seine Meinung/sein Verhalten nicht ändern, obwohl andere versuchen, das zu erreichen . Für sie ist klar: Harman und ihre anderen Schützlinge dürfen so lange im Kloster bleiben, bis sich sich finden hier: gefunden werden eine Lösung gefunden sich finden hier: gefunden werden hat.
SCHWESTER GERALDINE:
Der Leitspruch Leitspruch, -sprüche (m.) ein Satz, an dem man sich orientiert; ein Satz, der vorgibt, wie man sich verhalten soll da: „Was ihr dem jemandem etwas tun hier: etwas für jemanden tun geringsten meiner Brüder getan jemandem etwas tun hier: etwas für jemanden tun habt, das habt ihr mir getan“, das ist ... Wir sagen immer, wir leben nach den Werten Wert, -e (m.) hier: die Vorstellung, die in einer Gesellschaft als gut und richtig gilt des Evangeliums Evangelium, Evangelien (n.) ein Teil der Bibel; ein Teil des Neuen Testaments und das ist dann eigentlich nur in die Praxis umgesetzt.
SPRECHER:
Harman ist kein Christ, aber in die Klosterkapelle Kapelle, -n (f.) eine kleine Kirche zieht es Es zieht jemanden (an einen Ort). jemand hat den starken Wunsch, an einen bestimmten Ort zu gehen ihn immer wieder. Aus Dankbarkeit. Und Bewunderung. Denn er weiß: Ohne den festen Glauben der Ordensschwestern Ordensbruder, -brüder/Ordensschwester, -n jemand, der zu einer religiösen Gruppe gehört, die nach bestimmten Regeln in einem Kloster lebt wäre er vermutlich nicht mehr in Deutschland.
Asyl im Kloster
Schwester, -n (f.) — hier: eine Frau, die mit anderen Frauen in einer religiösen Gemeinschaft lebt; eine Nonne
zur Stelle sein — da sein/anwesend sein, um eine bestimmte Aufgabe zu übernehmen und jemandem damit zu helfen
Angehörige, -n (m./f.) — hier: Mitglied
jesidisch — zur religiösen Gruppe der Jesiden gehörend, die vor allem im Nordirak leben, aber auch in Syrien, der Türkei und dem Iran
Minderheit,-en (f.) — hier: eine Gruppe, die anders ist als die meisten Menschen in einem Land, z. B. weil sie eine andere Religion hat oder eine andere Sprache spricht
Abkommen, - (n.) — der Vertrag
sollen — hier: jemand behauptet, dass ...
jemanden misshandeln — jemanden schlagen oder etwas anderes tun, das bei anderen Menschen Schmerzen verursacht; jemanden mit Absicht verletzen
Dominikaner, -/Dominikanerin, -nen — ein Mönch/eine christliche Nonne, der/die nach den religiösen Regeln des heiligen Dominikus lebt
Kirchenasyl, -e (n., meist im Singular) — die Tatsache, dass jemand besonders geschützt wird, solange er sich in einem Kirchengebäude befindet
vorerst — jetzt, aber man weiß nicht, wie lange noch
Asylbewerber, -/Asylbewerberin, -nen — jemand, der aus einem Land geflohen ist und in einem anderen Land um Schutz bittet
Asyl, -e (n., meist Singular) — die Tatsache, dass ein Staat einem Menschen erlaubt, im Land zu bleiben, wenn er in seiner Heimat verfolgt wird oder vor Krieg geflohen ist
Anhörung, -en (f.) — hier: ein Termin, bei dem jemand die Möglichkeit hat, einem Amt oder einem Gericht seine Situation zu erklären
neuerdings — seit kurzer Zeit
Verschärfung, -en (f.) — die Tatsache, dass etwas strenger geworden ist
Schützling, -e (m.) — eine Person, die von jemandem beschützt wird
jemanden ab|weisen — hier: jemanden nicht hereinlassen; jemanden wegschicken
Asylsuchende, -n (m./f.) — jemand, der aus einem Land geflohen ist und in einem anderen Land um Schutz bittet
am Boden zerstört — sehr verzweifelt
auf Skepsis stoßen — mit Zweifel betrachtet werden
Hölle, -n (f.) — hier: eine sehr schlimme Situation
etwas aus|halten — hier: etwas Unangenehmes so akzeptieren, wie es ist, und ertragen
Nächstenliebe (f., nur Singular) — die Tatsache, dass man fremden Menschen hilft
Abgeordnete, -n (m./f.) — der gewählte Politiker/die gewählte Politikerin in einem Parlament
Anliegen, - (n.) — das Ziel; der Wunsch
Rechtsstaat, -en (m.) — ein Staat, der die Gesetze und die Menschenrechte beachtet
sich wehren — kämpfen; versuchen, etwas zu verhindern
Innenpolitiker, -/Innenpolitikerin, -nen — ein Politiker/eine Politikerin, der/die sich auf Themen konzentriert, die die Ordnung und Sicherheit im eigenen Land betreffen
rechtsfreier Raum, rechtsfreie Räume (m.) — ein Gebiet, in dem Gesetze nicht gelten
jemanden unter Druck setzen — hier: Stress verursachen; erreichen wollen, dass jemand etwas Bestimmtes tut
Ausweisung, -en (f.) — die Entscheidung einer Behörde oder eines Gerichts, dass jemand das Land verlassen muss
Frist, -en (f.) — ein begrenzter Zeitraum, der zu einem bestimmten Termin endet
ab|laufen — hier: enden
in ein Loch fallen — umgangssprachlich für: sehr enttäuscht und traurig sein; das Gefühl haben, dass alles sinnlos ist
ab|hauen — umgangssprachlich für: weglaufen
Depression, -en (f.) — eine Krankheit, bei der man längere Zeit mutlos und traurig ist
bedauerlich — schade; traurig
derzeit — zurzeit; heute
gewiss — hier: bestimmt
humanitär — hier: so, dass etwas Menschen in Not betrifft
unfehlbar — so, dass man nie Fehler macht
Korrektiv, -e (n.) — etwas, das dafür sorgt, dass ein Fehler ganz oder teilweise korrigiert wird
Asylschutz (m., nur Singular) — die Tatsache, dass jemand, in seinem Heimatland von Gewalt bedroht ist und deshalb in einem anderen Staat leben darf
Terrorgruppe, -n (f.) — eine Gruppe, die Gewalt anwendet, um ihre politischen oder religiösen Ziele zu erreichen
jemanden versklaven — jemanden zu einer Sache machen, die man kaufen kann; jemanden mit Gewalt zur Arbeit zwingen
Wert, -e (m.) — hier: die Vorstellung, die in einer Gesellschaft als gut und richtig gilt
Kapelle, -n (f.) — eine kleine Kirche
Ordensbruder, -brüder/Ordensschwester, -n — jemand, der zu einer religiösen Gruppe gehört, die nach bestimmten Regeln in einem Kloster lebt
Es zieht jemanden (an einen Ort). — jemand hat den starken Wunsch, an einen bestimmten Ort zu gehen
standhaft bleiben — seine Meinung/sein Verhalten nicht ändern, obwohl andere versuchen, das zu erreichen
sich finden — hier: gefunden werden
Leitspruch, -sprüche (m.) — ein Satz, an dem man sich orientiert; ein Satz, der vorgibt, wie man sich verhalten soll
jemandem etwas tun — hier: etwas für jemanden tun
Evangelium, Evangelien (n.) — ein Teil der Bibel; ein Teil des Neuen Testaments