Mit Krücken auf der Baustelle
Walter Stuber leitet seit fast 20 Jahren ein erfolgreiches Bauunternehmen – und ist gehbehindert. Seine Krücken haben ihn in seiner Karriere nicht aufgehalten. Diskriminierung musste er dagegen oft erleben.
Mit Krücken auf der Baustelle
Walter Stuber leitet seit fast 20 Jahren ein erfolgreiches Bauunternehmen – und ist gehbehindert. Die Krücken, die er im Alltag braucht, haben seine Karriere nicht verhindert. Doch Stuber erlebte einige Diskriminierungen auf seinem Lebensweg – als Kind von den eigenen Eltern und auch noch später als Chef. Um im Job zu bestehen, machte er seinen Mitarbeitern zeitweise selbst das Leben schwer.
WALTER STUBER (Bauunternehmer):
Viele Menschen meinen: behindert – geistig behindert. Und sie wollen sich sich mit etwas/jemandem auseinander|setzen sich mit etwas/jemandem näher beschäftigen im Prinzip im Prinzip im Grunde genommen; eigentlich mit sich mit etwas/jemandem auseinander|setzen sich mit etwas/jemandem näher beschäftigen solchen Menschen nicht auseinandersetzen sich mit etwas/jemandem auseinander|setzen sich mit etwas/jemandem näher beschäftigen . Da war ich so sechs Jahre, wo ich die Behinderung bekommen hab, und das hat mich ja irgendwo irgendwo gemeint ist hier: irgendwie; in einer Art und Weise, die man nicht richtig erklären kann; in gewisser Weise stark gemacht. Wenn viele sagen: „Das geht nicht!“, dann hab’ ich gesagt: „Das geht. Und das ist machbar.“ Und ich mache, ja? Und ich tue!
SPRECHER:
Auf Baustellen Baustelle, -n (f.) ein Ort, an dem etwas gebaut wird (z. B. ein Haus) mit Krücken Krücke, -n (f.) ein Stock, der meist bis zum Ellbogen reicht und eine Hilfe für Gehbehinderte ist – Alltag für Walter Stuber. Er ist Chef und Mitinhaber Inhaber, -/Inhaberin, -nen der Besitzer/die Besitzerin einer Gerüstbau Gerüstbau (m., nur Singular) das Aufbauen von Konstruktionen, die für den Bau von Gebäuden benötigt werden firma.
WALTER STUBER:
Wo wo hier: als (im süddeutschen Sprachraum) wir vor 19 Jahren das Unternehmen übernommen haben von dem Alt Alt- der/die/das frühere besitzer, war ich der Einzige, wo wo ersetzt hier das Relativpronomen der/die/das (im süddeutschen Sprachraum) behindert war. Ich war aber dortmals dortmals damals (im süddeutschen Sprachraum) runtergerechnet runtergerechnet ungefähr; wenn man schnell im Kopf nachrechnet also um die um die (mit Altersangabe) ungefähr; etwa; z.B.: um die 60 40, ja, hatte vorher das Unternehmen, das Altunternehmen, hier in Sachsen schon ungefähr zehn Jahre geleitet. Die Banken sind natürlich grundsätzlich vorsichtiger bei Behinderten, weil sie nicht mehr wissen: Können die das Geld überhaupt, was sie mal genommen haben, zurückzahlen? Viele, wo ich kenne, die ähnliche Behinderungen haben, sind heute schon im Rollstuhl. Und da sind natürlich die Banken sehr vorsichtig: Kann der unser Geld noch langfristig langfristig für eine lange Zeit; auf Dauer zurückzahlen?
SPRECHER:
Es folgen schwierige Jahre, in denen er insgesamt 400 Mitarbeiter vergrault jemanden vergraulen umgangssprachlich für: durch unfreundliches Verhalten dafür sorgen, dass jemand weggeht .
WALTER STUBER:
Ich war früher ein Tyrann Tyrann, -en/Tyrannin, -nen jemand, der seine Macht missbraucht, um andere Menschen zu unterdrücken und über sie zu herrschen , ja, zu meinen Mitarbeitern. Das größte Problem war einfach: Ich musste mich behaupten sich behaupten sich durchsetzen und sich z. B. durch seine Arbeit oder Persönlichkeit Respekt verdienen . Und behaupten habe ich mich damit gekonnt, dass ich natürlich meinen Mitarbeitern zeigen musste, wer der Chef ist. Teilweise tut mir’s leid. Ich bin mit der Wasserwaage Wasserwaage, -n (f.) ein Werkzeug, mit dem man überprüfen kann, ob ein Gegenstand waagerecht liegt bzw. sich im Gleichgewicht befindet durchgegangen, hab geschaut, ob das gerad’ steht, und wenn das nicht gerad’ gestanden hat, dann hat’s sein können, dass er den Arbeitsplatz verloren hat. So weit ist das gegangen. Also, ich musste mich aufgrund aufgrund wegen auch meiner Erziehung, weil ich immer ’n bisschen so auch in der Erziehung … nach … von meinen Eltern so [kleingehalten jemanden klein|halten jemanden daran hindern, so bedeutend zu werden, wie er/sie eigentlich sein könnte wurde]: „Ja, du bist behindert, du kannst das nicht!“ Und so musste ich mich sich beweisen hier: zeigen, dass man etwas kann; zeigen, dass man gut in etwas ist halt immer beweisen sich beweisen hier: zeigen, dass man etwas kann; zeigen, dass man gut in etwas ist : Was? Ich kann das, ich will das!
SPRECHER:
Mittlerweile müssen seine Mitarbeiter ihn nicht mehr fürchten. Stuber wurde milder mild hier: freundlich; nicht streng , seit er sich sich etablieren hier: eine gesicherte Position einnehmen erfolgreich etabliert sich etablieren hier: eine gesicherte Position einnehmen hat.
WALTER STUBER:
Also entscheidend war, mal richtig auf die Nase auf die Nase fallen umgangssprachlich für: einen großen Misserfolg mit etwas haben; scheitern zu fallen auf die Nase fallen umgangssprachlich für: einen großen Misserfolg mit etwas haben; scheitern , ja. Also, das muss ich so sagen. Und dann zu sagen: Hey, ich hab hier richtig Scheiße gebaut Scheiße bauen umgangssprachlich für: einen großen Fehler machen . Also, 2010 hatten wir ’nen Auftrag angenommen. Da haben wir uns sich verkalkulieren falsch rechnen, sodass man zu falschen Ergebnissen kommt [um] 300.000 verkalkuliert sich verkalkulieren falsch rechnen, sodass man zu falschen Ergebnissen kommt . Und 2012 ... 14, in den Jahren haben wir uns sich neu auf|stellen hier: einen wirtschaftlichen Neuanfang z. B. mit neuen Mitarbeitern, Projekten und Zielen machen komplett noch mal neu aufgestellt sich neu auf|stellen hier: einen wirtschaftlichen Neuanfang z. B. mit neuen Mitarbeitern, Projekten und Zielen machen .
SPRECHER:
Die Firma hat sich sich einen Namen machen bekannt werden; erfolgreich werden im Spezialgerüstbau einen Namen gemacht sich einen Namen machen bekannt werden; erfolgreich werden . Stuber hofft, Vorbild für andere zu sein, denn Unternehmer mit Handicap Handicap, -s (n., aus dem Englischen) hier: etwas, das für jemanden eine Behinderung bedeutet gibt es in Deutschland so gut wie gar nicht.
WALTER STUBER:
Ich glaube, dass Menschen mit Handicap grundsätzlich, ja, mehr in die Öffentlichkeit gerückt etwas/jemanden in die Öffentlichkeit rücken etwas/jemanden öffentlich bekannter machen werden müssen. Also nicht unterstützen, sondern mehr in die Öffentlichkeit gerückt werden. Menschen, die ein Handicap haben, wann sehen Sie die in der Zeitung? Wann sehen Sie die im Fernsehen? Fast nie, ja? Und da liegt das große Problem, dass die sich sich etwas trauen den Mut haben, etwas zu tun teilweise auch nicht trauen sich etwas trauen den Mut haben, etwas zu tun , nach vorne zu gehen und zu sagen: „Hier bin ich, ich hab ’n Problem, aber ich bin so weit geistig fit fit hier: gesund , dass ich ein Unternehmen aufbauen kann.“
SPRECHER:
Stuber versucht, immer positiv zu denken. Erlittene etwas erleiden etwas Schlimmes erleben Diskriminierungen Diskriminierung (f., nur Singular) die schlechtere Behandlung von bestimmten Menschen, z. B. wegen ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts oder ihrer Religion aufgrund seines Handicaps blendet etwas aus|blenden über etwas nicht weiter nachdenken er aus etwas aus|blenden über etwas nicht weiter nachdenken .
WALTER STUBER:
Die hat’s auch gegeben, ja. Die waren teilweise auch schlimm, aber es ist nicht so, dass ich mir jetzt die im Hinterkopf im Hinterkopf nur halb bewusst; unbewusst gemerkt habe. Und es kommt dazu: Ich komm langsam über die 60 und ich merke halt doch, dass manche Sachen, manchmal unwichtige Sachen, aus dem Speicher rausfliegen etwas fliegt aus dem Speicher raus hier: man vergisst etwas .
Mit Krücken auf der Baustelle
sich mit etwas/jemandem auseinander|setzen — sich mit etwas/jemandem näher beschäftigen
im Prinzip — im Grunde genommen; eigentlich
irgendwo — gemeint ist hier: irgendwie; in einer Art und Weise, die man nicht richtig erklären kann; in gewisser Weise
Baustelle, -n (f.) — ein Ort, an dem etwas gebaut wird (z. B. ein Haus)
Krücke, -n (f.) — ein Stock, der meist bis zum Ellbogen reicht und eine Hilfe für Gehbehinderte ist
Inhaber, -/Inhaberin, -nen — der Besitzer/die Besitzerin
Gerüstbau (m., nur Singular) — das Aufbauen von Konstruktionen, die für den Bau von Gebäuden benötigt werden
wo — ersetzt hier das Relativpronomen der/die/das (im süddeutschen Sprachraum)
Alt- — der/die/das frühere
wo — hier: als (im süddeutschen Sprachraum)
dortmals — damals (im süddeutschen Sprachraum)
runtergerechnet — ungefähr; wenn man schnell im Kopf nachrechnet
um die (mit Altersangabe) — ungefähr; etwa; z.B.: um die 60
langfristig — für eine lange Zeit; auf Dauer
jemanden vergraulen — umgangssprachlich für: durch unfreundliches Verhalten dafür sorgen, dass jemand weggeht
Tyrann, -en/Tyrannin, -nen — jemand, der seine Macht missbraucht, um andere Menschen zu unterdrücken und über sie zu herrschen
sich behaupten — sich durchsetzen und sich z. B. durch seine Arbeit oder Persönlichkeit Respekt verdienen
Wasserwaage, -n (f.) — ein Werkzeug, mit dem man überprüfen kann, ob ein Gegenstand waagerecht liegt bzw. sich im Gleichgewicht befindet
aufgrund — wegen
jemanden klein|halten — jemanden daran hindern, so bedeutend zu werden, wie er/sie eigentlich sein könnte
sich beweisen — hier: zeigen, dass man etwas kann; zeigen, dass man gut in etwas ist
mild — hier: freundlich; nicht streng
sich etablieren — hier: eine gesicherte Position einnehmen
auf die Nase fallen — umgangssprachlich für: einen großen Misserfolg mit etwas haben; scheitern
Scheiße bauen — umgangssprachlich für: einen großen Fehler machen
sich verkalkulieren — falsch rechnen, sodass man zu falschen Ergebnissen kommt
sich neu auf|stellen — hier: einen wirtschaftlichen Neuanfang z. B. mit neuen Mitarbeitern, Projekten und Zielen machen
sich einen Namen machen — bekannt werden; erfolgreich werden
Handicap, -s (n., aus dem Englischen) — hier: etwas, das für jemanden eine Behinderung bedeutet
etwas/jemanden in die Öffentlichkeit rücken — etwas/jemanden öffentlich bekannter machen
sich etwas trauen — den Mut haben, etwas zu tun
fit — hier: gesund
etwas erleiden — etwas Schlimmes erleben
Diskriminierung (f., nur Singular) — die schlechtere Behandlung von bestimmten Menschen, z. B. wegen ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts oder ihrer Religion
etwas aus|blenden — über etwas nicht weiter nachdenken
im Hinterkopf — nur halb bewusst; unbewusst
etwas fliegt aus dem Speicher raus — hier: man vergisst etwas