Niedrigwasser am Rhein
In Deutschland hat es im Sommer kaum geregnet, und der Rhein trocknet immer weiter aus – ein großes Problem für die Natur und die Schifffahrt.
Niedrigwasser am Rhein
In weiten Teilen Deutschlands hat es in diesem Sommer kaum geregnet, fast das ganze Land ist von Niedrigwasser betroffen. Der Rhein, der längste Fluss Deutschlands, trocknet immer weiter aus. Die vielen Transportschiffe können ihn kaum noch passieren. Eine Naturkatastrophe mit verheerenden Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt und die Wirtschaft.
SPRECHER:
Historisch niedrige historisch niedrig so niedrig wie nie zuvor Pegelstände Pegelstand, -stände (m.) die Höhe des Wassers . Der Rhein stellenweise nicht mal mehr einen Meter tief. Nichts geht mehr. Seit Tagen steht im westdeutschen Altrip der Betrieb still. Zu flach das Wasser für die Fähre Fähre, -n (f.) ein Schiff oder Boot, das Personen und/oder Fahrzeuge über das Wasser transportiert des Familienunternehmens.
RALF CHEVALIER (Fährmann):
Das Wasser war bei ‘nem 1,30 m, wir fahren rüber, Schiff vorbei, erledigt erledigt hier: umgangssprachlich für: vorbei; nichts geht mehr . Da steckst du im Kies Kies (m., nur Singular) kleine runde Steine in großer Zahl drin, und da ist der Antrieb Antrieb, -e (m.) hier: ein technisches System, das etwas (z. B. ein Fahrzeug) in Bewegung setzt kaputt. So ein Antrieb kostet schon mal neu – was kostet denn der? Ich glaub‘, 260.000 oder 270.000 [Euro] – und wie gesagt, man kann den nicht einfach kaufen.
SPRECHER:
Manche Mitarbeiter müssen jetzt in den Urlaub, andere in die Kurzarbeit Kurzarbeit (f., nur Singular) hier: die Tatsache, dass Menschen wegen einer Krise nicht so viel arbeiten können und dafür finanzielle Hilfe vom Staat bekommen . Der Rest buddelt buddeln umgangssprachlich für: graben mit zwei Baggern eine neue, tiefere Fahrrinne Fahrrinne, - (f.) der Teil eines Flusses, auf dem Schiffe fahren können und dürfen . Rheinabwärts rheinabwärts den Rhein hinunter Richtung Mündung im Hafen Mannheim wird deutlich, wie viel auf dem Spiel steht auf dem Spiel stehen umgangssprachlich für: einen unsicheren Ausgang haben; in Gefahr sein zu scheitern . 80 Prozent der deutschen Binnenschifffahrt Binnenschifffahrt, -en (f.) Schifffahrt auf Binnengewässern, z.B. Flüssen und Seen läuft über den Rhein. Viele Wirtschaftszweige sind darauf angewiesen, dass Güter Gut, Güter (n.) hier: die Ware über Wasser angeliefert werden, sagt uns Hafendirektor Uwe Köhn.
UWE KÖHN (Hafendirektor):
Sie sehen auch da drüben, wie die Polizei eine der beiden Brückendurchfahrten Brückendurchfahrt, -en (f.) Fahrt eines Schiffes unter einer Brücke her absperrt etwas ab|sperren etwas abschließen, versperren , wahrscheinlich weil es dort nicht mehr reicht das Wasser. Und sie sehen, wie die beiden Schiffe jetzt hier aufpassen müssen, dass sie aneinander vorbeikommen. Also die Jungs haben jetzt echt einen harten Job zu machen, dass nichts passiert.
SPRECHER:
Doch das größte Problem, so Uwe Köhn, erkennt man bei diesem Frachter Frachter, - (m.) ein Schiff, das hauptsächlich Waren und Rohstoffe transportiert . Die Schiffe können nicht mehr voll beladen etwas beladen Gegenstände auf etwas (z. B. ein Schiff, einen Wagen) tragen werden.
UWE KÖHN:
Also man braucht drei- bis viermal so viel Frachtraum Frachtraum, -räume (m.) ein Ort, an dem die zu befördernde Ware gelagert wird derzeit, um dieselbe Menge wie bei Normalwasserstand Normalwasserstand, -stände (m.) Wasserstand, den der Fluss normalerweise hat zu transportieren. Das führt zu ‘ner Verknappung Verknappung, -en (f.) die Tatsache, dass etwas immer weniger wird von Frachtraum und damit natürlich zu ‘ner Verteuerung Verteuerung (m., nur Singular) die Tatsache, dass etwas immer teurer wird . Und das ist das große Problem.
SPRECHER:
Doch besonders der Umwelt macht etwas macht jemandem zu schaffen etwas macht jemandem Probleme die extreme Trockenheit am Rhein zu schaffen etwas macht jemandem zu schaffen etwas macht jemandem Probleme . Gerardo Unger Lafourcade beobachtet seit über zehn Jahren die Naturlandschaft hier, jetzt sei die Tier- und Pflanzenwelt schwer gefährdet.
GERARDO UNGER LAFOURCADE (Ornithologe):
Hier wären wir einen Meter ungefähr unter Wasser in der Regel, und hier ist einfach kein Wasser mehr. Hier sterben ab|sterben hier: langsam sterben alle Lebewesen ab ab|sterben hier: langsam sterben , die nicht sich zurückziehen können.
SPRECHER:
Das trifft vor allem Tiere wie Schnecken Schnecke, -n (f.) ein kleines Tier ohne Beine, das sich nur ganz langsam bewegen kann , Muscheln Muschel, -n (f.) ein weiches Meerestier, das in einer harten Schale lebt oder Krebstiere Krebstier, e (n.) ein Tier mit einer harten Schale, das meist im Wasser lebt und das oft Scheren hat , doch auch für Fische, so der Naturschützer, wird es jetzt gefährlich.
GERARDO UNGER LAFOURCADE:
Also hier ist schon alles abgestorben. Solche Pfützen Pfütze, -n (f.) Wasser, das sich auf dem Boden gesammelt hat muss man sich ja natürlich vorstellen, die kriegen dann 30-35 Grad. Das sind nicht nur für Fische Todeszonen Todeszone, -n (f.) hier: der Bereich, in dem alle Lebewesen sterben , sondern auch für die ganzen Kleinstlebewesen Kleinstlebewesen, - (n.) hier: sehr kleine Tiere, wie z.B. Krebse, Schnecken und Käfer .
SPRECHER:
Zu allem Übel tragen dann auch noch Touristen zu einem weiteren Absterben der Flora und Fauna Flora und Fauna (f., nur Singular) aus dem Lateinischen: Pflanzen- und Tierwelt bei. Viele nutzen den niedrigen Wasserstand, um zu Fuß zum weltberühmten Binger Mäuseturm Binger Mäuseturm (m., nur Singular) Sehenswürdigkeit in Bingen am Rhein zu gelangen. Dadurch, so der Umweltschützer, werden wertvolle Brutstätten Brutstätte, -n (f.) hier: der Ort, an dem Vögel ihre Nester bauen zerstört.
GERARDO UNGER LAFOURCADE:
Also das Problem mit den Menschen auf sonst nicht begehbaren Inseln ist die Störung. Ein Vogel gewöhnt sich an die Umstände, und wenn er es nicht gewohnt ist, dass Menschen dort rumlaufen, wird jeder Mensch, der dort rumläuft, eine riesige Störung sein, die er vielleicht nicht verkraftet etwas verkraften etwas aushalten; durch etwas keinen Schaden erleiden und so sein Gelege Gelege, - (n.) ein Nest, in dem sich Eier befinden verlässt.
SPRECHER:
Wir fahren weiter. Vorbei an langen Sandbänken Sandbank, -bänke (f.) ein kleines Stück sandiges Land, das im Wasser liegt , abgestellten Schiffen und einem Strom Strom, Ströme (m.) der große Fluss , der so niedrig wie selten zuvor ist. Fast alle Fährbetriebe Fährbetrieb, -e (m.) ein Unternehmen, das sein Geld mit Fährfahrt verdient über den Rhein sind eingestellt etwas ein|stellen hier: den Betrieb beenden . Doch bei Martin Schnaas im Städtchen Ingelheim, da geht noch was. In der 5. Generation, seit 130 Jahren, fährt seine Familie hier am Rhein. Er kommt noch klar, denn seine Fähre ist speziell für extrem flaches Wasser konstruiert.
MARTIN SCHNAAS (Fährmann):
Unser Antrieb ist im Schiffsboden drin, das heißt, die Fähre ist unten flach und nicht auf Kiel gebaut auf Kiel gebaut hier: die Fähre ist unten flacher und besitzt keinen tiefen Bootskiel . Dadurch haben wir halt weniger Tiefgang Tiefgang (m., nur Singular) hier: der Abstand zwischen dem Kiel eines Schiffes und der Wasseroberfläche . Hier ist auch noch genügend Luft Luft (f., nur Singular) hier: Platz , da kann das Wasser auch noch ‘nen halben Meter fallen. So weit kommt es hoffentlich mal nicht…hoffentlich.
SPRECHER:
Und so macht Martin Schnaas in diesen Tagen ein gutes Geschäft. Immer mehr Pendler Pendler, -/Pendlerin, -nen hier: jemand, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus, Bahn, Fähre) zu seiner Arbeitsstelle fährt und Touristen sind jetzt auf seine Fähre angewiesen auf jemanden/etwas angewiesen sein jemanden/etwas dringend brauchen .
MARTIN SCHNAAS:
Früher war das vielleicht alle 20 Jahre mal, jetzt mittlerweile hat sich das schon so eingependelt sich ein|pendeln hier: sich stabilisieren , dass du alle zwei Jahre [ein Jahr] hast, wo wir nicht mehr fahren können beziehungsweise die anderen Betriebe nicht mehr fahren können, wo wir jetzt hier aushelfen müssen. Also es häuft sich.
SPRECHER:
50 Zentimeter bis zum Grund des Flusses bleibt [bleiben] der Fähre noch. Doch auch Martin Schnaas weiß nicht, wie lange das noch reicht. Wenn es nicht bald regnet, wird wohl auch er aufgeben etwas auf|geben hier: mit etwas aufhören müssen.
Niedrigwasser am Rhein
historisch niedrig — so niedrig wie nie zuvor
Pegelstand, -stände (m.) — die Höhe des Wassers
Fähre, -n (f.) — ein Schiff oder Boot, das Personen und/oder Fahrzeuge über das Wasser transportiert
erledigt — hier: umgangssprachlich für: vorbei; nichts geht mehr
Kies (m., nur Singular) — kleine runde Steine in großer Zahl
Antrieb, -e (m.) — hier: ein technisches System, das etwas (z. B. ein Fahrzeug) in Bewegung setzt
Kurzarbeit (f., nur Singular) — hier: die Tatsache, dass Menschen wegen einer Krise nicht so viel arbeiten können und dafür finanzielle Hilfe vom Staat bekommen
buddeln — umgangssprachlich für: graben
Fahrrinne, - (f.) — der Teil eines Flusses, auf dem Schiffe fahren können und dürfen
rheinabwärts — den Rhein hinunter Richtung Mündung
auf dem Spiel stehen — umgangssprachlich für: einen unsicheren Ausgang haben; in Gefahr sein zu scheitern
Binnenschifffahrt, -en (f.) — Schifffahrt auf Binnengewässern, z.B. Flüssen und Seen
Gut, Güter (n.) — hier: die Ware
Brückendurchfahrt, -en (f.) — Fahrt eines Schiffes unter einer Brücke her
etwas ab|sperren — etwas abschließen, versperren
Frachter, - (m.) — ein Schiff, das hauptsächlich Waren und Rohstoffe transportiert
etwas beladen — Gegenstände auf etwas (z. B. ein Schiff, einen Wagen) tragen
Frachtraum, -räume (m.) — ein Ort, an dem die zu befördernde Ware gelagert wird
Normalwasserstand, -stände (m.) — Wasserstand, den der Fluss normalerweise hat
Verknappung, -en (f.) — die Tatsache, dass etwas immer weniger wird
Verteuerung (m., nur Singular) — die Tatsache, dass etwas immer teurer wird
etwas macht jemandem zu schaffen — etwas macht jemandem Probleme
ab|sterben — hier: langsam sterben
Schnecke, -n (f.) — ein kleines Tier ohne Beine, das sich nur ganz langsam bewegen kann
Muschel, -n (f.) — ein weiches Meerestier, das in einer harten Schale lebt
Krebstier, e (n.) — ein Tier mit einer harten Schale, das meist im Wasser lebt und das oft Scheren hat
Pfütze, -n (f.) — Wasser, das sich auf dem Boden gesammelt hat
Todeszone, -n (f.) — hier: der Bereich, in dem alle Lebewesen sterben
Kleinstlebewesen, - (n.) — hier: sehr kleine Tiere, wie z.B. Krebse, Schnecken und Käfer
Flora und Fauna (f., nur Singular) — aus dem Lateinischen: Pflanzen- und Tierwelt
Binger Mäuseturm (m., nur Singular) — Sehenswürdigkeit in Bingen am Rhein
Brutstätte, -n (f.) — hier: der Ort, an dem Vögel ihre Nester bauen
etwas verkraften — etwas aushalten; durch etwas keinen Schaden erleiden
Gelege, - (n.) — ein Nest, in dem sich Eier befinden
Sandbank, -bänke (f.) — ein kleines Stück sandiges Land, das im Wasser liegt
Strom, Ströme (m.) — der große Fluss
Fährbetrieb, -e (m.) — ein Unternehmen, das sein Geld mit Fährfahrt verdient
etwas ein|stellen — hier: den Betrieb beenden
auf Kiel gebaut — hier: die Fähre ist unten flacher und besitzt keinen tiefen Bootskiel
Tiefgang (m., nur Singular) — hier: der Abstand zwischen dem Kiel eines Schiffes und der Wasseroberfläche
Luft (f., nur Singular) — hier: Platz
Pendler, -/Pendlerin, -nen — hier: jemand, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus, Bahn, Fähre) zu seiner Arbeitsstelle fährt
auf jemanden/etwas angewiesen sein — jemanden/etwas dringend brauchen
sich ein|pendeln — hier: sich stabilisieren
etwas auf|geben — hier: mit etwas aufhören