Alltagsthemen als Miniaturwelten
Frank Kunerts Modellwelten wirken täuschend echt, obwohl sie um ein Vielfaches kleiner als in Realität sind. Im Anschluss fotografiert er mit seiner analogen Kamera seine oft witzigen und ironischen kleinen Szenarien.
Alltagsthemen als Miniaturwelten
Frank Kunert ist Fotograf und Modellbauer. Seine Modelle wirken echt, obwohl sie um ein Vielfaches kleiner sind als in Realität: In seinem Atelier baut er kleine Wohnungen, Häuser, Plätze oder Straßen mit viel Liebe zum Detail. Dabei haben seine Miniaturwelten oft etwas Witziges, Ironisches oder Tragisches. Die Themen findet er im Alltag der Menschen. Besonders bemerkenswert ist, dass man in seinen Modellen keine Figuren findet. Mit einer analogen Kamera fotografiert er seine gebauten, kleinen Szenarien dann.
SPRECHER:
Fertig zum Abtauchen? Eine Bibliothek mit Lesesessel – allerdings unter Wasser. Der Künstler nennt es „Taucherparadies“. Foto und Motiv sind von Frank Kunert.
FRANK KUNERT (Modellbauer und Fotograf):
Das ist im Grunde im Grunde eigentlich so die Idee, dass man abtauchen kann in eine andere Welt. Also auch ein bisschen weg von den Problemen, ja? Es ist einfach so 'ne Oase Oase, -n (f.) ein Ort mit Wasser und viel Grün in einer Wüste; hier: ein schöner Ort der Ruhe.
SPRECHER:
Dieses Modell hier diente als Vorlage Vorlage, -n (f.) das Muster; das Beispiel für das Foto „Kletterurlaub“ – eine Anspielung Anspielung, -en (f.) die Tatsache, dass man sich nicht direkt, sondern indirekt auf etwas bezieht auf geschönte etwas schönen etwas schöner machen, als es ist Urlaubsversprechen Urlaubsversprechen, - (n.) die Tatsache, dass Versprechungen in Bezug auf den Urlaub gemacht werden in Reisemagazinen.
FRANK KUNERT:
Man schafft Illusionen Illusion, -en (f.) die Täuschung; eine falsche Vorstellung von etwas; die Tatsache, dass man meint, etwas zu sehen, was in Wirklichkeit aber nicht da ist oder anders ist im Studio, [und] die dann eigentlich so wirken, als sei es echt echt wirklich . Und das find' ich immer wieder spannend und das ist ja auch dann ein Spiel mit der Wirklichkeit.
SPRECHER:
Frank Kunerts kleine Welten – in Bildern festgehalten etwas fest|halten hier: etwas mit der Kamera aufnehmen – mal komisch, mal makaber makaber so, dass man über den Tod Witze macht , oft grotesk grotesk sonderbar; stark übertrieben; absurd und skurril skurril seltsam; komisch . Dieses Bild nennt er „ Fahrt ins Blaue“: Ausgang Ausgang, Ausgänge (m.) hier: das Ende offen.
Im Bild „Abwärts“ kritisiert er Problemverdränger Problemverdränger, - / Problemverdrängerin, -nen jemand, der Probleme nicht ernst nimmt und versucht zu vergessen , die den Abgrund Abgrund, Abgründe (m.) eine gefährliche Tiefe: gemeint ist hier: eine Katastrophe nicht sehen wollen.
FRANK KUNERT:
Ich möchte so die ganze Palette die ganze Palette hier: die Vielfalt; alles, was es gibt zeigen des Lebens von der Tragödie Tragödie, -n (f.) hier: die Katastrophe; ein schlimmes Ereignis bis zur Komödie, dass eigentlich alles zusammengehört.
SPRECHER:
Bevor er zum zu etwas greifen etwas nehmen Fotoapparat Fotoapparat, -e (n.) die Kamera greift zu etwas greifen etwas nehmen , baut er Modelle seiner Motive im Atelier Atelier, -s (n.) ein Raum, in dem Künstler ihre Werke schaffen; die Werkstatt eines Künstlers . Ob Bett, Waschbecken oder Topf – jedes kleinste Detail ist wichtig. Viele Miniaturartikel Miniaturartikel, - (m.) hier: sehr kleine Produkte oder Waren findet er online. Außerdem verwendet er für den Modellbau Knete Knete (f., nur Singular) eine weiche Masse, aus der man etwas formen kann , Spezialwerkzeug, Leichtschaumplatten Leichtschaumplatte, -n (f.) ein flaches, eckiges Stück aus leichtem Material und Farbe. Für besondere Anlässe Anlass, Anlässe (m.) das Ereignis; eine Gelegenheit, etwas zu tun; ein Grund für etwas kommen zum Einsatz kommen benutzt werden auch Spritzen Spritze, -n (f.) eine Plastikröhre, mit der Flüssigkeiten wie Medikamente aufgenommen und wieder abgegeben werden können zum Einsatz zum Einsatz kommen benutzt werden . Eine Flasche Rotwein soll den Einzug in dieses Apartment erleichtern.
FRANK KUNERT:
Wahrscheinlich steht in der Immobilienanzeige Immobilienanzeige, -n (f.) ein Text z. B. in einer Zeitung, mit dem für Wohnungen oder Häuser geworben wird so „vollmöbliertes vollmöbliert komplett mit Möbeln ausgestattet Ein-Zimmer-Apartment“, und wenn der Interessent dann ankommt, dann erlebt ein blaues Wunder erleben unangenehm überrascht werden er sein blaues Wunder ein blaues Wunder erleben unangenehm überrascht werden .
SPRECHER:
Inspiration Inspiration, -en (f.) eine gute und neue Idee, um künstlerisch etwas zu schaffen holt sich Frank Kunert in der realen Welt. Er lebt im westdeutschen Boppard am Rhein. Unterwegs interessiert ihn weniger das Schöne – viel mehr alles, an dem die Zeit ihre Spuren hinterlassen Spuren hinterlassen hier: z. B. durch Schäden zeigen, dass etwas schon alt ist hat. 1963 in Frankfurt am Main geboren absolviert etwas absolvieren etwas machen; etwas zu Ende bringen er nach dem Abitur eine Ausbildung zum Fotografen. Nach ersten Stationen als Werbefotograf beginnt er Mitte der 1990er-Jahre mit seinen kleinen Welten, wie er sie nennt.
FRANK KUNERT:
Die Ideen kommen eigentlich durch den Alltag und das mischt sich dann mit Eindrücken Eindruck, Eindrücke (m.) hier: die Gedanken, die man bekommt, wenn man etwas sieht oder erlebt , die ich irgendwo sammel, wie zum Beispiel jetzt auch so Vergänglichkeit Vergänglichkeit (f., nur Singular) die Tatsache, dass etwas in der Dauer begrenzt ist , die man so in den Spuren von Häusern sieht. Also, dass da schon Leben stattgefunden hat, und das versuche ich dann eben in meine Bilder zu bringen.
SPRECHER:
Schnelllebigkeit Schnelllebigkeit (f., nur Singular) die Tatsache, dass sich Dinge schnell verändern , Alltag und die Menschen mit ihren Sorgen und Träumen sind seine Themen. Diese Autobahnbrücke hat ihn zu seinem Foto „Unter der Brücke“ inspiriert jemanden inspirieren jemandem Ideen geben . Nach der ersten Idee skizzierte etwas skizzieren eine Zeichnung machen er, wie das Modell aussehen könnte.
FRANK KUNERT:
Also, wir sind hier an meiner Lieblingsautobahnbrücke und hier komme ich öfter mal lang lang hier: entlang und mir kam die Idee, da es ja in ganz Deutschland Wohnraummangel Wohnraummangel (m., nur Singular) die Tatsache, dass es nicht genügend Wohnungen gibt gerade in den Ballungszentren Ballungszentrum, -zentren (n.) ein Gebiet, in dem viele Menschen leben gibt: Wie wäre es, wenn man in den Brückenpfeilern Brückenpfeiler, - (m.) die Säule aus Stein, die die Brücke trägt in die Mitte ein kleines Häuschen baut? Das ist sozusagen ein „tiny house „tiny house“ (n., aus dem Englischen) ein sehr kleines Haus, das man manchmal auch mit einem Autoanhänger bewegen kann “, was ja im Moment so voll im Trend ist im Trend sein modisch sein; modern sein , und dann wäre doch so einiges an Problemen gelöst.
SPRECHER:
Zurück im Atelier arbeitet der 54-Jährige an seiner Lösung für den Wohnraummangel. Zwischen zwei Wochen und drei Monaten investiert investieren hier: Zeit brauchen Frank Kunert in seine detaillierten Modelle, alle im Maßstab Maßstab, -stäbe (m.) ein Vergleichswert 1:20.
FRANK KUNERT:
Also manchmal frage ich mich auch, warum mache ich mir so viel Arbeit? Man könnte das ja auch viel einfacher haben mit Photoshop, aber ich glaube, es ist der Weg, es ist der Weg auch, die Dinge in die Hand zu nehmen, ihnen Leben zu geben.
SPRECHER:
Ist das Motiv fertig, wird es fotografiert – analog analog nicht digital; nicht elektronisch mit einer rund 30 Jahre alten Großformatkamera Großformatkamera, -s (f.) ein bestimmter Typ Kamera . So entstehen Fotografien mit herausragender herausragend hier: sehr hoch; sehr gut Qualität. Auf Bildbearbeitung verzichtet er. Das Ergebnis veröffentlicht Frank Kunert in Bildbänden Bildband, Bildbände (m.) ein Buch mit Bildern zu einem bestimmten Thema oder mit Werken eines bestimmten Malers . Sein aktuelles Buch „Lifestyle“ ist nach „Wunderland“ und „Verkehrte Welt“ das dritte Werk des Künstlers.
FRANK KUNERT:
Es ist wie eine Bühne, die dann durch den Betrachter Betrachter, -/Betrachterin, -nen jemand, der sich etwas ansieht mit seiner Phantasie bespielt etwas bespielen auf einer Bühne spielen werden kann, und das finde ich reizvoller, als wenn jetzt noch irgendwie zusätzlich Personen drin wären.
SPRECHER:
Obwohl in seinen Bildern niemals Menschen auftauchen auf|tauchen hier: vorkommen; erscheinen : Beim Betrachten Betrachter, -/Betrachterin, -nen jemand, der sich etwas ansieht spürt man ihre Präsenz Präsenz, -en (f.) die Tatsache, dass jemand (regelmäßig) da ist; die Anwesenheit deutlich. Frank Kunerts kleine Geschichten bieten viel Raum zum Nachdenken.
Alltagsthemen als Miniaturwelten
ab|tauchen — hier: in etwas eintauchen; etwas ganz intensiv erleben
im Grunde — eigentlich
Oase, -n (f.) — ein Ort mit Wasser und viel Grün in einer Wüste; hier: ein schöner Ort
Vorlage, -n (f.) — das Muster; das Beispiel
Anspielung, -en (f.) — die Tatsache, dass man sich nicht direkt, sondern indirekt auf etwas bezieht
etwas schönen — etwas schöner machen, als es ist
Urlaubsversprechen, - (n.) — die Tatsache, dass Versprechungen in Bezug auf den Urlaub gemacht werden
Illusion, -en (f.) — die Täuschung; eine falsche Vorstellung von etwas; die Tatsache, dass man meint, etwas zu sehen, was in Wirklichkeit aber nicht da ist oder anders ist
echt — wirklich
etwas fest|halten — hier: etwas mit der Kamera aufnehmen
makaber — so, dass man über den Tod Witze macht
grotesk — sonderbar; stark übertrieben; absurd
skurril — seltsam; komisch
Ausgang, Ausgänge (m.) — hier: das Ende
Problemverdränger, - / Problemverdrängerin, -nen — jemand, der Probleme nicht ernst nimmt und versucht zu vergessen
Abgrund, Abgründe (m.) — eine gefährliche Tiefe: gemeint ist hier: eine Katastrophe
die ganze Palette — hier: die Vielfalt; alles, was es gibt
Tragödie, -n (f.) — hier: die Katastrophe; ein schlimmes Ereignis
zu etwas greifen — etwas nehmen
Fotoapparat, -e (n.) — die Kamera
Atelier, -s (n.) — ein Raum, in dem Künstler ihre Werke schaffen; die Werkstatt eines Künstlers
Miniaturartikel, - (m.) — hier: sehr kleine Produkte oder Waren
Knete (f., nur Singular) — eine weiche Masse, aus der man etwas formen kann
Leichtschaumplatte, -n (f.) — ein flaches, eckiges Stück aus leichtem Material
Anlass, Anlässe (m.) — das Ereignis; eine Gelegenheit, etwas zu tun; ein Grund für etwas
Spritze, -n (f.) — eine Plastikröhre, mit der Flüssigkeiten wie Medikamente aufgenommen und wieder abgegeben werden können
zum Einsatz kommen — benutzt werden
Immobilienanzeige, -n (f.) — ein Text z. B. in einer Zeitung, mit dem für Wohnungen oder Häuser geworben wird
vollmöbliert — komplett mit Möbeln ausgestattet
ein blaues Wunder erleben — unangenehm überrascht werden
Inspiration, -en (f.) — eine gute und neue Idee, um künstlerisch etwas zu schaffen
Spuren hinterlassen — hier: z. B. durch Schäden zeigen, dass etwas schon alt ist
etwas absolvieren — etwas machen; etwas zu Ende bringen
Eindruck, Eindrücke (m.) — hier: die Gedanken, die man bekommt, wenn man etwas sieht oder erlebt
Vergänglichkeit (f., nur Singular) — die Tatsache, dass etwas in der Dauer begrenzt ist
Schnelllebigkeit (f., nur Singular) — die Tatsache, dass sich Dinge schnell verändern
jemanden inspirieren — jemandem Ideen geben
etwas skizzieren — eine Zeichnung machen
lang — hier: entlang
Wohnraummangel (m., nur Singular) — die Tatsache, dass es nicht genügend Wohnungen gibt
Ballungszentrum, -zentren (n.) — ein Gebiet, in dem viele Menschen leben
Brückenpfeiler, - (m.) — die Säule aus Stein, die die Brücke trägt
„tiny house“ (n., aus dem Englischen) — ein sehr kleines Haus, das man manchmal auch mit einem Autoanhänger bewegen kann
im Trend sein — modisch sein; modern sein
investieren — hier: Zeit brauchen
Maßstab, -stäbe (m.) — ein Vergleichswert
analog — nicht digital; nicht elektronisch
Großformatkamera, -s (f.) — ein bestimmter Typ Kamera
herausragend — hier: sehr hoch; sehr gut
Bildband, Bildbände (m.) — ein Buch mit Bildern zu einem bestimmten Thema oder mit Werken eines bestimmten Malers
Betrachter, -/Betrachterin, -nen — jemand, der sich etwas ansieht
etwas bespielen — auf einer Bühne spielen
auf|tauchen — hier: vorkommen; erscheinen
Präsenz, -en (f.) — die Tatsache, dass jemand (regelmäßig) da ist; die Anwesenheit