Deutsche Rentner suchen ihr Glück im Ausland
Die Häuser sind billig, das Wetter ist besser. Deshalb ziehen viele Deutsche im Alter ins Ausland. Doch nicht alle finden dort ihr Glück. Und der Weg zurück nach Deutschland kann schwierig sein.
Deutsche Rentner suchen ihr Glück im Ausland
Viele Deutsche ziehen im Alter ins Ausland, weil das Leben dort billiger ist. Zum Beispiel Bernadette und Ralf Eschke: Sie haben ein Haus in Bulgarien gekauft. Heute bereuen sie ihre Entscheidung. Sie fühlen sich in ihrem Haus nicht sicher und in Bulgarien wird alles teurer. Aber sie können auch nicht nach Deutschland zurückkehren. Anderen Rentnern wie Anna Lex gefällt es in Bulgarien. Sie lebt dort auf einem Boot und genießt es, dass die Menschen mehr Zeit haben als in Deutschland.
SPRECHERIN:
Es sollte ihr Paradies werden: eine Villa im bulgarischen Dorf Mogilishte. Vor acht Jahren kam das Ehepaar Eschke aus Deutschland hierher, kaufte für eine bescheidene Summe bescheidene Summe, -n (f.) hier: ein niedriger Preis ein großes Anwesen Anwesen, - (n.) ein großes Stück Land mit einem oder mehreren Häusern und wollte hier alt werden. Doch dann kam alles ganz anders.
RALF ESCHKE (Rentner Rentner, -/Rentnerin, -nen jemand, der nicht mehr arbeiten muss, weil er schon alt ist und Geld (Rente) vom Staat bekommt ):
Die Kameras und die Alarmanlage Alarmanlage, -n (f.) ein Gerät, das die Besitzer eines Hauses und die Polizei warnt, wenn jemand ohne Erlaubnis das Haus betritt … [das] ist zur eigenen Sicherheit – für diebisches Volk diebisches Volk (n., nur Singular) beleidigend für: Menschen, die stehlen oder Betrüger Betrüger, -/Betrügerin, -nen jemand, der andere Menschen mit einem Trick dazu bringt, ihm (zu viel) Geld zu geben , Abzocker Abzocker, -/Abzockerin, -nen umgangssprachlich für: der Betrüger/die Betrügerin , die hier rumfahren, die ausspionieren jemanden/etwas aus|spionieren heimlich Informationen über jemanden/etwas sammeln , weil die nicht anders weiterwissen nicht anders weiter|wissen keine andere Lösung für ein Problem finden [als] zu stehlen. Sonst könnten die nicht überleben …
REPORTER:
Die Menschen sind arm hier?
RALF ESCHKE:
Die sind arm – bettelarm bettelarm sehr, sehr arm , bettelarm.
SPRECHERIN:
Das Haus gleicht jemandem/etwas gleichen so ähnlich sein/aussehen wie jemand/etwas einem Hochsicherheitstrakt Hochsicherheitstrakt, -e (m.) ein Teil eines Gebäudes mit vielen Sicherheitssystemen, zum Beispiel in einem Gefängnis . Die Überwachungskameras Überwachungskamera, -s (f.) eine Kamera, die man dazu benutzt, einen Ort den ganzen Tag zu beobachten laufen Tag und Nacht. Eschke traut jemandem trauen jemandem vertrauen kaum noch jemandem in seinem Dorf.
RALF ESCHKE:
Auf der Kamera eins seht ihr dieses Grundstück Grundstück, -e (n.) ein Stück Land vis-à-vis vis-à-vis (aus dem Französischen) gegenüber . Die Kamera zwei bringt unsere Orangeria, oder Gewächshaus Gewächshaus, -häuser (n.) ein Haus, dessen Dach und Wände aus Glas oder Folie bestehen und in dem man gut Gemüse oder Blumen anbauen kann auf Deutsch.
SPRECHERIN:
Der Aufwand Aufwand, Aufwände (m., Plural selten) die Mühe; die Anstrengung; die benötigte Energie, um etwas zu tun , ihr Eigenheim Eigenheim, -e (n.) ein eigenes Haus zu schützen, ist riesig und kostet – Geld, das die Eschkes nicht haben. Denn ihr Leben im einst so günstigen Bulgarien wird immer teurer. Ihre ursprüngliche Kalkulation Kalkulation, -en (f.) die Berechnung der Kosten von etwas; die Planung der Kosten von etwas reicht nicht – nicht in Bulgarien und erst recht nicht mehr daheim daheim zu Hause in Deutschland.
RALF ESCHKE:
Von 900 Euro kann ich daheim nicht leben, weil ich muss rechnen: Also, selbst die kleinste Wohnung kostet so ... na, sagen wir mal 400 Euro. So, da hab‘ ich auch noch kein Wasser bezahlt, da hab‘ ich keinen Strom bezahlt, da hab‘ ich noch nichts gegessen, da hab‘ ich kein Auto, keine Versicherung, gar nichts.
SPRECHERIN:
Deutschland ist keine Alternative. Aber in Bulgarien will Ralf Eschke nicht bleiben. Seine Nachbarn sind weggezogen – viele davon Deutsche und Briten, die wie er in großen Anwesen in Mogilishte alt werden wollten.
RALF ESCHKE:
Also ich fühl‘ mich jetzt wirklich einsam.
SPRECHERIN:
Denn auch zu Bulgaren haben die Eschkes kaum Kontakt. Tanja, die Verkäuferin des Dorfladens, kennt Eschke zwar seit vielen Jahren, aber sie ist distanziert distanziert ohne engen Kontakt . Denn viel mehr als „Brot“, „Wasser“ oder „Danke“ kann Eschke nicht sagen. Was soll man da reden?
RALF ESCHKE:
Ich hab‘ auch nicht so das Interesse dafür und ich hab‘ auch nicht die Zeit. Ich hab‘ dann angefangen, dafür zu lernen und dafür hatten wir viel zu viel Arbeit am Haus.
SPRECHERIN:
Auch nach acht Jahren in Mogilishte leben die Deutschen im Dorf isoliert.
RALF ESCHKE:
Wir grüßen uns, das ist viel wert sein hier: eine große Bedeutung haben; nicht selbstverständlich sein aber auch schon viel wert viel wert sein hier: eine große Bedeutung haben; nicht selbstverständlich sein . Es gibt viele, die grüßen nicht mal mehr.
SPRECHERIN:
Enttäuschte Hoffnungen. Dabei hatten die Nähe zum Schwarzen Meer das Schwarze Meer (n., nur Singular) das Meer zwischen der Türkei, Georgien, Russland, der Ukraine, Rumänien und Bulgarien , das tolle Klima hier in der Region um Varna und die günstigen Preise die Eschkes einst für Bulgarien begeistert – so wie rund 25.000 andere deutsche und britische Rentner, die hierher ausgewandert sind. Jedes Jahr werden es mehr. Doch wie folgenschwer folgenschwer so, dass etwas große (negative) Folgen hat diese Entscheidung sein kann, ist vielen nicht klar.
Der Österreicher Manfred Schriefl kennt das Problem. Er leitet die Firma „Lebens-Residenz“ in Varna und berät deutsche Rentner, die nach Bulgarien wollen. Auch in diesem Apartmenthaus Apartmenthaus, -häuser (n.) ein Haus mit vielen kleinen Wohnungen hat er Wohnungen vermittelt. Zurzeit ist hier ausgebucht ausgebucht so, dass es keine freien Plätze mehr gibt . Doch er warnt davor, voreilig voreilig zu schnell; ohne lange genug darüber nachzudenken im Alter ins Ausland zu ziehen.
MANFRED SCHRIEFL (Immobilienmakler):
Sehr viele Leute werden auch getrieben von etwas getrieben sein hier: durch etwas motiviert sein von der Vorstellung, dass sie sich mit den möglichen finanziellen Mitteln hier ein goldenes Leben erkaufen können, und enden dann sehr oft in einer Spirale Spirale, -n (f.) hier: eine negative Entwicklung, bei der man sich in Kreisen immer weiter nach unten bewegt , wo das noch viel, viel schlimmer für sie wird. Wir haben einfach dann sehr oft Leute, die nicht mehr zurückkönnen, weil sie in Deutschland alles veräußert etwas veräußern etwas verkaufen haben.
SPRECHERIN:
Doch nicht alle sind unzufrieden. Die 76-jährige Anna Lex aus Stuttgart wollte mit ihrem Mann auf dem Motorboot „Lara” rund um Europa schippern schippern mit einem Schiff fahren . Seit ihr Mann vor zwei Jahren unterwegs an einer schweren Krankheit starb, lebt sie allein im Jachthafen Jachthafen, -häfen (m.) ein Hafen, in dem viele kleine, teure Schiffe liegen von Varna. Ihr Boot und Bulgarien sind zur neuen Heimat geworden. Sie will hierbleiben.
ANNA LEX (Rentnerin):
Die Leute haben noch Zeit – zum Reden zum Beispiel, beim Kaufmann beim Kaufmann hier: in einem Lebensmittelgeschäft so ... stehen bleiben und reden, das gibt‘s in Deutschland alles nicht. In Deutschland muss – also jetzt – muss alles zackzack zackzack schnell zack, schnell, schnell, schnell, schnell [gehen]. Und das macht es dann liebenswürdig liebenswürdig nett; freundlich und dann ist die Landschaft schön, das Meer natürlich.
SPRECHERIN:
Für Bernadette und Ralf Eschke dagegen sind das Meer und die Strände heute kein Trost Trost (m., nur Singular) etwas, das jemandem, der enttäuscht oder unglücklich ist, hilft, sich besser zu fühlen mehr.
RALF ESCHKE:
Meine ehrliche Meinung: Ich würde nicht nach Bulgarien gehen. Ich ... Wir wollen weg, wir wollen nach Ungarn.
SPRECHERIN:
Doch in die alte Heimat Deutschland führt für die Eschkes wohl kein Weg mehr zurück.
Deutsche Rentner suchen ihr Glück im Ausland
Rentner, -/Rentnerin, -nen — jemand, der nicht mehr arbeiten muss, weil er schon alt ist und Geld (Rente) vom Staat bekommt
bescheidene Summe, -n (f.) — hier: ein niedriger Preis
Anwesen, - (n.) — ein großes Stück Land mit einem oder mehreren Häusern
Alarmanlage, -n (f.) — ein Gerät, das die Besitzer eines Hauses und die Polizei warnt, wenn jemand ohne Erlaubnis das Haus betritt
diebisches Volk (n., nur Singular) — beleidigend für: Menschen, die stehlen
Betrüger, -/Betrügerin, -nen — jemand, der andere Menschen mit einem Trick dazu bringt, ihm (zu viel) Geld zu geben
Abzocker, -/Abzockerin, -nen — umgangssprachlich für: der Betrüger/die Betrügerin
jemanden/etwas aus|spionieren — heimlich Informationen über jemanden/etwas sammeln
nicht anders weiter|wissen — keine andere Lösung für ein Problem finden
bettelarm — sehr, sehr arm
jemandem/etwas gleichen — so ähnlich sein/aussehen wie jemand/etwas
Hochsicherheitstrakt, -e (m.) — ein Teil eines Gebäudes mit vielen Sicherheitssystemen, zum Beispiel in einem Gefängnis
Überwachungskamera, -s (f.) — eine Kamera, die man dazu benutzt, einen Ort den ganzen Tag zu beobachten
jemandem trauen — jemandem vertrauen
Grundstück, -e (n.) — ein Stück Land
vis-à-vis (aus dem Französischen) — gegenüber
Gewächshaus, -häuser (n.) — ein Haus, dessen Dach und Wände aus Glas oder Folie bestehen und in dem man gut Gemüse oder Blumen anbauen kann
Aufwand, Aufwände (m., Plural selten) — die Mühe; die Anstrengung; die benötigte Energie, um etwas zu tun
Eigenheim, -e (n.) — ein eigenes Haus
Kalkulation, -en (f.) — die Berechnung der Kosten von etwas; die Planung der Kosten von etwas
daheim — zu Hause
distanziert — ohne engen Kontakt
viel wert sein — hier: eine große Bedeutung haben; nicht selbstverständlich sein
das Schwarze Meer (n., nur Singular) — das Meer zwischen der Türkei, Georgien, Russland, der Ukraine, Rumänien und Bulgarien
folgenschwer — so, dass etwas große (negative) Folgen hat
Apartmenthaus, -häuser (n.) — ein Haus mit vielen kleinen Wohnungen
ausgebucht — so, dass es keine freien Plätze mehr gibt
voreilig — zu schnell; ohne lange genug darüber nachzudenken
von etwas getrieben sein — hier: durch etwas motiviert sein
Spirale, -n (f.) — hier: eine negative Entwicklung, bei der man sich in Kreisen immer weiter nach unten bewegt
etwas veräußern — etwas verkaufen
schippern — mit einem Schiff fahren
Jachthafen, -häfen (m.) — ein Hafen, in dem viele kleine, teure Schiffe liegen
beim Kaufmann — hier: in einem Lebensmittelgeschäft
zackzack — schnell
liebenswürdig — nett; freundlich
Trost (m., nur Singular) — etwas, das jemandem, der enttäuscht oder unglücklich ist, hilft, sich besser zu fühlen