Bomben und gezielte Desinformation: Der Krieg bedroht die Menschen in der Ukraine. Verlässliche Informationen und Resilienz der Medienschaffenden sind überlebenswichtig.
Eigentlich hatte das Ukraine-Team der DW Akademie das Jahr 2022 schon geplant: Schulung weiterer Multimedia-Redakteurinnen und -Redakteure; methodische und didaktische Unterstützung der Universitäten in Saporischschja und Lwiw in der journalistischen Ausbildung; Trainings zur Steigerung der Medienkompetenz. Doch dann kam der Krieg und machte alle Pläne zunichte. In der Ukraine geht es jetzt ums Überleben.
Die Partnerorganisationen der DW Akademie haben mittlerweile die umkämpften Gebiete verlassen und arbeiten nun aus der Westukraine. Die DW Akademie hält engen Kontakt; ihr Schutz hat höchste Priorität.
Das Ukraine-Team der DW Akademie passt die Medienentwicklungsprojekte auf die aktuelle Situation der Medien im Land an. Schon vor dem Krieg war ein Ziel der DW Akademie, die Resilienz von Medien in der Ost- und Südukraine gegenüber ökonomischen Krisen und Desinformationskampagnen zu stärken - durch finanzielle Unterstützung und Kompetenzbildung. Jetzt ist dieses Ziel umso dringlicher. Verlässliche Informationen sind sowohl für die Menschen in der Ukraine als auch auf der Flucht überlebenswichtig.
„Die Arbeitsbedingungen von Journalistinnen und Journalisten in der Ukraine waren bereits durch die Covid-Pandemie und den Strukturwandel der Medienlandschaft prekär”, sagt Helène Champagne, Projektverantwortliche für "Media Fit", das von der EU finanziert und vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) kofinanziert wird. “Seit dem 24. Februar geht es nun um das Überleben des Medienpluralismus.“ Das EU-Projekt war ursprünglich auf die Süd- und Ostukraine ausgerichtet und hat sich auf wirtschaftliche Aspekte von Medien und Innovationen in der Branche fokussiert. Jetzt konzentriert sich “Media Fit” auf schnelle Überlebenshilfen für unabhängige lokale Medien in der Kriegszeit.
In diesem Zusammenhang bietet die DW Akademie gemeinsam mit den drei lokalen Partnerorganisationen Media Development Foundation (MDF), Lviv Media Forum und der Medienentwicklungsorganisation ABO ein flexibles Kurzzeitprogramm zur Soforthilfe für Journalistinnen und Journalisten. Sie beteiligt sich außerdem mit technischer Ausrüstung, redaktioneller Betreuung und Unterstützung der digitalen Sicherheit am Soforthilfeprogramm der Nichtregierungsorganisation Lviv Media Forum.
Ein neuer „Media Fit“-Newsletter informiert über die Hilfsangebote für ukrainische Journalistinnen und Journalisten sowohl im Land als auch im Exil in den Nachbarländern. Darüber hinaus wird die DW Akademie mit Mitteln der EU im Rahmen des Projekts auch bis zu 15 unabhängige, regionale Medien direkt finanziell unterstützen.
Zusätzlich zu Soforthilfe bereitet die DW Akademie in weiteren Projekten Journalistinnen und Journalisten auf die Kriegsberichterstattung vor. Der Krieg stellt sie vor große neue Herausforderungen: Sie berichten aus Kampfgebieten, oft unter Beschuss. Sie dokumentieren mögliche Kriegsverbrechen und bauen ihre Redaktionen in der Westukraine neu auf.
Mit Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fokussiert die DW Akademie ihre Schulungen und Trainings in dieser Situation auf die physischen, digitalen, rechtlichen und psychischen Sicherheitsaspekte des Journalistenberufs.
Eine neue Zielgruppe sind außerdem Producerinnen und Producer, die im Land mit den für die Kriegsberichterstattung eingereisten Kolleginnen und Kollegen internationaler Medien zusammenarbeiten. Ihre Arbeit ist immens wichtig: Sie helfen mit Orts-, Sprach- und Sachkenntnis dabei, dass die Welt erfährt, was in der Ukraine geschieht. Weil unter ihnen viele Quereinsteiger und -einsteigerinnen sind, die keine journalistische Ausbildung haben, unterstützt die DW Akademie mit Trainings unter anderem zu journalistischen Grundlagen und Sicherheit.
Ein weiteres Ziel der DW Akademie ist, es Journalistinnen und Journalisten in der Ukraine nachhaltig zu stärken. “Die Menschen in der Ukraine brauchen im Krieg mehr als deprimierende Nachrichten und schreckliche Bilder“, sagt Dr. Kyryl Savin, Program Director Ukraine der DW Akademie. “Sie brauchen analytische journalistische Beiträge und Berichterstattung und Geschichten, die den Blick nach vorn richten.“ Auch nach einem möglichen Kriegsende wird es unabhängige Medienberichte brauchen über den Wiederaufbau befreiter Gebiete. Die DW Akademie wird deshalb gemeinsam mit ihren ukrainischen Partnern ihre langfristigen Investitionen in die journalistische Ausbildung in der Ukraine fortsetzen.