Georgien: Konstruktive Lösungen für ganz alltägliche Nöte | transparenz-und-medienfreiheit | DW | 22.11.2021
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Transparenz und Medienfreiheit

Georgien: Konstruktive Lösungen für ganz alltägliche Nöte

In Georgien fühlen sich Menschen in ländlichen Regionen und Minderheiten oft abgehängt. Die DW Akademie unterstützt lokale Medien dabei, das Leben dieser Menschen ganz konkret zu verbessern.

Der Journalist Saba Tsitsikashvili im Interview mit einer Dorfbewohnerin an der Grenze zu Südossetien: Sie sitzen sich mit etwas Abstand draußen auf Baumstümpfen vor einer gemauerten Hütte und einem Baum gegenüber. Der Journalist filmt mit einer Videokamera.

Der Journalist Saba Tsitsikashvili im Interview mit einer Dorfbewohnerin an der Grenze zu Südossetien

Saba Tsitsikashvili ist ein ruhiger, zurückhaltender Mensch. Der Journalist stellt seine Kamera am liebsten in den abgeschiedenen Dörfern des Landes auf. „Wir reisen an Orte, wo oft monatelang niemand von außerhalb war, wo sich kaum je ein Politiker zeigt“, sagt er über seine Arbeit. „Sonst erfährt niemand von den Problemen, die die Menschen dort umtreiben.“  

Saba Tsitsikashvili leitet „Qartli.ge“, ein Onlinemedium in der georgischen Region Innerkartlien an der Grenze zu Südossetien. Ob etwa eine abgelegene Siedlung keine eigene Mühle hat oder ob sich die Bewohnerinnen und Bewohner eines Dorfs der ossetischen Minderheit nicht trauen, offen ihre eigene Sprache zu sprechen – Saba Tsitsikashvili erzählt von den Nöten der Menschen. Doch es ist in Georgien wie überall auf der Welt: Wenn Medien nur über das berichten, was nicht funktioniert, wenn negative Schlagzeilen dominieren, dann legen Leserinnen und Leser irgendwann frustriert die Zeitung weg, das Radio wird lieber ausgeschaltet. Aus diesem Grund unterstützt die DW Akademie in Georgien lokale Medien darin, nach den Prinzipien des Konstruktiven Journalismus zu arbeiten: einer Form des Journalismus, die auf Lösungen setzt – und auf die inspirierende Kraft gelungener Beispiele. 

Konstruktiver Journalismus: über Probleme hinausdenken

Auch Konstruktiver Journalismus ist kritisch und investigativ. Doch darüber hinaus fragen Journalistinnen und Journalisten: Wie kann es besser werden? In zwei Online-Trainings hat die DW Akademie lokale Medienschaffende wie Saba Tsitsikashvili in die Grundlagen des Konstruktiven Journalismus eingeführt. Es geht  darum, Zwischentöne hörbar zu machen, die Menschen ins Gespräch bringen und mögliche Lösungen für die dargestellten Probleme anschaulich und beflügelnd zu schildern. „Journalismus ist in Georgien oft sehr schnelllebig und oberflächlich“, so beschreibt Kamilla Mamedova, eine der Teilnehmerinnen, die Medienlandschaft in ihrem Land. „Konstruktiver Journalismus dagegen ist geduldig und hat die Zukunft im Blick.“  

Kamila Mamedova sitzt in einem Radiostudio vor einem Mischpult und Mikrofon. Im Hintergrund ist eine Wand mit Schallschutz beklebt, an der anderen hängt ein Banner mit dem Namen des Senders Radio Marneuli und der Website www.marneulifm.ge

Als Chefredakteurin von Radio Marneuli sorgt Kamilla Mamedova mit einem zweisprachigen Programm dafür, dass sich aserbaidschanisch- und georgischsprachigen Bevölkerungsgruppen annähern können

Mehr Aufwand – doch das Publikum dankt es 

Kamilla Mamedova lebt in der Kleinstadt Marneuli im Südosten Georgiens, zwischen Steppe und Bergen, knapp 40 Kilometer von der Grenze zu Aserbaidschan entfernt. Sie ist die Chefredakteurin des lokalen Senders „Radio Marneuli“. Was Konstruktiver Journalismus in Georgien leisten kann, zeigt Kamilla Mamedova in einem Radiobeitrag über die aserbaidschanische Minderheit in der Region. Die nach dem Training mit der DW Akademie entstandene Reportage stellt die Nöte der Menschen dar, die oft kein Georgisch sprechen und deshalb vom sozialen Aufstieg ausgeschlossen sind. Zugleich zeigt sie, wie auf lokaler Ebene Lösungen bereits geschaffen werden, zum Beispiel durch Sprach- und Computerkurse. 

Konstruktiver Journalismus, so fasst Kamilla Mamedova ihre Erfahrungen zusammen, bedeute vielleicht manchmal mehr Arbeit – doch der Aufwand zahle sich aus. Das Publikum vertraue dem Sender mehr, und die User-Zahlen steigen. Saba Tsitsikashvili, der Chefredakteur von “Qartli.ge”, bestätigt das. „Vor allem macht mich glücklich“, fügt er hinzu, „wenn ich sehe, dass wir das Leben der Menschen wirklich verbessern.“ Zum Beispiel wenn in einem der abgeschiedenen Bergdörfer, in denen Saba Tsitsikashvili seine Kamera aufgestellt hat, nun tatsächlich die Planung für die lang ersehnte Mühle anläuft – nachdem “Qartli.ge” darüber berichtet hat. 

Dieses Projekt ist Teil der globalen Initiative „Transparenz und Medienfreiheit - Krisenresilienz in der Pandemieder DW Akademie und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).  

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