Im April wählt Serbien ein neues Parlament. Spiele und Social Media sollen jungen Wahlberechtigten den Gang zur Urne erleichtern. Der Nationale Jugendrat rief dafür das Projekt "Young Media" ins Leben.
Milica Borjanić und Nikola Ristić von KOMS bei den Dreharbeiten zur Interviewserie "Mensch ärgere dich nicht"
Für die serbische Politik war 2020 ein besonders düsteres Jahr. Nachdem der regierenden Serbischen Fortschrittspartei (SNS) unfaire und undemokratische Praktiken vorgeworfen worden waren, boykottierten viele Parteien die Wahlen im Juni. Dies und die COVID-Pandemie führten zu einer extrem niedrigen Wahlbeteiligung. Vor den bevorstehenden Neuwahlen am 3. April 2022 befürchten viele im Land eine ähnlich niedrige Wahlbeteiligung insbesondere unter jungen Menschen.
Der Nationale Jugendrat von Serbien (KOMS) versucht, genau dem entgegenzuwirken. In Zusammenarbeit mit der DW Akademie hat die Organisation das Projekt "Young Media" ins Leben gerufen. Es richtet sich an junge Wählerinnen und Wähler und hat im Vorfeld der Wahlen eine Reihe von Spielen und Interviews mit jungen Vertreterinnen und Vertretern der Parteien veröffentlicht.
Der serbische Politiker Dušan Stevanović (links) wird von Milica Borjanić (Mitte) und Nikola Ristić von KOMS interviewt
Laut Nikola Ristić, Social-Media- und Kommunikationsmanagerin bei KOMS, haben die politischen Parteien in Serbien bisher einfach nicht mit jüngeren Wählerinnen und Wählern kommuniziert. Man sei davon ausgegangen, dass junge Menschen im Allgemeinen nicht politisch engagiert sind. Doch in letzter Zeit hat sich das geändert.
"Nach den vergangenen Wahlen waren die jungen Leute wütend. Jetzt sind sie motivierter, bei den nächsten Wahlen ihre Stimme abzugeben", sagte sie.
Doch viele Jugendliche und junge Erwachsene in Serbien wissen nicht, wie die zehn großen Parteien im Land zu wichtigen Themen stehen. Um die Vielfalt der Wahlmöglichkeiten überschaubarer zu machen, hat KOMS "Werde Präsident" entwickelt: eine App, die Wahlberechtigten - und besonders Erstwählerinnen und -wählern - helfen soll, herauszufinden, welche Partei zu ihren Überzeugungen passt.
Die Themen in der wie ein Quiz aufgebauten App reichen von Ansichten über den Kosovo und die EU-Mitgliedschaft bis hin zu gleichgeschlechtlicher Ehe und Umweltfragen.
Um die Standpunkte der Parteien herauszufinden, hat KOMS ihnen offene Briefe geschrieben und Interviews geführt. Die Antworten wurden auf TikTok, Instagram, YouTube und Twitter veröffentlicht. Einige der Videos auf KOMS' TikTok-Kanal wurden mehr als 100.000 Mal angesehen.
In den Interviews kommen Vertreterinnen und Vertreter der zehn großen politischen Parteien Serbiens zu Wort. Die jungen Politikerinnen und Politiker sprechen über Themen, die jüngere Wahlberechtigte interessieren, wie Bildung, LGBTQ-Themen, Wohnungsbau und die Legalisierung von Marihuana. Interviewer und Interviewte diskutieren die Themen, während sie das auch in Serbien beliebte Brettspiel "Mensch ärgere dich nicht" spielen.
"Das ist wirklich ein innovativer und unvoreingenommener Ansatz", sagt Klaus Dahmann, Program Director der DW Akademie. "Und es ist ein großer Erfolg, dass zum ersten Mal alle großen Parteien mitmachen."
Laut einer Umfrage von KOMS glauben 85% der jungen Menschen, dass sie keinen Einfluss auf politische Prozesse und Entscheidungen haben. Mehr als die Hälfte der jungen Menschen gab außerdem an, dass sie Serbien verlassen will. Die am häufigsten genannten Gründe: Mangel an Chancen und gemeinsamen staatsbürgerlichen Werten. Es ist also dringend, die serbische Jugend in die Politik einzubeziehen.
"Wenn wir unsere jungen Leute nicht verlieren wollen, müssen wir Maßnahmen ergreifen, die ihr Leben beeinflussen", sagte Milica Borjanić, Programmmanagerin bei KOMS. "Unsere Hauptaufgabe wird aber erst nach der Wahl kommen, wenn wir uns dafür einsetzen werden, dass die Parteien ihre Wahlversprechen einhalten", fügte sie hinzu.
"Young Media" ist ein Projekt, das vom Nationalen Jugendrat Serbiens (KOMS) in Zusammenarbeit mit der DW Akademie entwickelt und vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert wurde.