Ein neues Projekt der DW Akademie vermittelt sudanesischen Exil-Journalistinnen, wie sie sich selbst, aber auch ihre Kolleginnen und Kollegen in der Heimat, bei der Berichterstattung über den Bürgerkrieg schützen können.
Im Frauenblicke-Projekt der DW-Akademie lernten die Teilnehmerinnen, wie sie sich in Krisenzeiten verhalten und wie sie sich bei der Kriegsberichterstattung schützen können. Die Teilnehmerinnen, allesamt Frauen, sind aus ihrer Heimat Sudan geflohen, berichten aber weiterhin über den Bürgerkrieg und leiten Kolleginnen und Kollegen an der Front an.
Denkt Amal Muhammad al-Hassan an die Tage und Wochen nach der Revolution im Sudan Ende 2018 zurück, erinnert sie sich an einen Hauch von Freiheit.
Präsident Omar al-Bashir hatte angekündigt, dass inhaftierte Frauen, die wegen Protesten gegen seine Regierung festgenommen worden waren, freigelassen werden sollten. Es folgten weitere Proteste und die Forderung nach Wirtschaftsreformen. Später kam es zu einem Putsch. Und heute wütet ein Bürgerkrieg.
„Aber kurz nach der Revolution hatten wir eine gewisse Freiheit“, sagte sie. „Wir waren optimistisch, wir konnten die Regierung kritisieren und wir hatten freie Medien. Doch dann, im Jahr 2021, wurden wir in dunkle Zeiten zurückgeworfen. Mir war klar, dass es schlimm werden würde und ich nicht im Sudan bleiben konnte. Es ist nicht sicher im Land.“
Im Exil in Kenia hat sie jedoch weder die Hoffnung noch ihr Engagement für freie Medien im Sudan aufgegeben. Als Redaktionsleiterin bei Tahir Online koordiniert und betreut sie die Reporterinnen und Reporter, die an den Fronten des sudanesischen Krieges arbeiten. Neben den üblichen redaktionellen Aufgaben muss sie auch dafür sorgen, dass ihre Mitarbeitenden – und sie selbst – sowohl physisch als auch digital vor staatlicher Überwachung geschützt sind.
Im Oktober hat al-Hassan zusammen mit einem Dutzend anderer sudanesischer Reporterinnen und Redakteurinnen in Kenia an einem Workshop der DW Akademie teilgenommen. Es war der erste seiner Art für weibliche Medienschaffende, die über den Konflikt im Sudan berichten.
Für alle, die an dem Workshop unter dem Titel „Frauenblicke“ teilgenommen haben, werden die erworbenen Fähigkeiten immer wichtiger: Sie helfen, im Krieg, der in diesem Jahr bereits Hunderte von Menschenleben gefordert hat, darunter auch das von Mitarbeitenden humanitärer Hilfsorganisationen im April, zu überleben und vor Ort zu bleiben.
Abeer Saady (links), Ausbilderin der Frauenblicke, und Rachael Nakitare (rechts) von der International Association of Women in Radio and Television (IWART) beglückwünschen eine Teilnehmerin (Mitte), die kürzlich eine Schulung zum Schutz von sich selbst und anderen bei der Berichterstattung über den Bürgerkrieg im Sudan absolviert hat.
„Wir haben bereits zwei Journalistinnen verloren“, sagt al-Hassan. Außerdem habe sie vor kurzem erfahren, dass der militärische Geheimdienst einen ihrer Reporter verfolge. Sie ermutige ihn, sich zu schützen und regelmäßig das Mobiltelefon zu wechseln. Sie habe ihm auch beigebracht, wie er seine digitale Kommunikation speichern kann.
„Tatsache ist, dass man angegriffen werden kann, weil man Journalistin oder Journalist ist – aber auch, dass man einfach zufällig getötet wird“, sagt sie. „Es gibt zu viele solcher Geschichten in diesem Krieg.“
Für freiberufliche Medienschaffende ist der Versuch, im Sudan zu berichten, besonders schwierig. Regierungsmitarbeitende neigen dazu, unabhängigen Journalistinnen und Journalisten gegenüber, die möglicherweise ohne bekannte Referenzen unterwegs sind, besonders misstrauisch zu sein.
Salma Al Nour Abdallah hat 2019 an einem Dokumentarfilmprojekt über den Bürgerkrieg im Sudan gearbeitet. Sie sei unerfahren gewesen, sagt sie, aber zusammen mit anderen freischaffenden Kolleginnen und Kollegen habe sie es geschafft, 100 Kriegsopfer zu interviewen.
Als sie während des Frauenblicke-Workshops im Oktober auf diese Arbeit zurückblickt, wird ihr klar, wie gefährlich es war. Sie hat seitdem gelernt, wie sie sich und andere im Internet schützen kann.
„Ich mache viel Open-Source-Berichterstattung, ich benutze ständig meinen Laptop und ich habe immer noch vor, irgendwann von vor Ort zu arbeiten“, sagte sie. „Ich habe gelernt, mich unauffällig zu verhalten und zu wissen, wann ich mich von der Arbeit zurückziehen muss. Und ich habe gelernt, dass man nicht jeden retten kann.“
Das Projekt Frauenblicke der DW Akademie konzentriert sich auf Journalistinnen, die über Konflikte berichten. Bei einem Training zum Thema Krisenresilienz berichteten die Teilnehmerinnen über ihre persönlichen Erfahrungen mit der Berichterstattung über den anhaltenden Bürgerkrieg im Sudan und wie sie aus dem Exil weiterarbeiten.
Die fünfzehn Frauen, die am Workshop „Frauenblicke“ teilgenommen haben, sind alle zu ihrer eigenen Sicherheit aus dem Sudan geflohen, haben sich aber weiterhin der Berichterstattung über ihr Heimatland verschrieben oder unterstützen andere, die dies tun. Sie haben die Erfahrung gemacht, dass der Druck von beiden Seiten des Konflikts, Partei zu ergreifen, ihre journalistische Arbeit erschwert.
„Aber wir unterstützen den Frieden“, sagt al-Hassan. „Es gibt Leute in den sozialen Medien, die versuchen, unsere Berichterstattung als Unterstützung einer Seite darzustellen, und das macht mir, ehrlich gesagt, Sorgen. Aber seit dieser Krieg begonnen hat, haben wir einen Plan, den Frieden weiterhin zu unterstützen.“
Salma Alnour Abdalla Abusamra, eine weitere Teilnehmerin, erklärt, dass sie neben ihrer journalistischen Tätigkeit für eine sudanesische Menschenrechtsorganisation arbeitet und dabei Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, vor allem in der Region Darfur, dokumentiert. Für sie ist das ein Zeichen dafür, dass ihr Interesse weniger dem Bürgerkrieg als vielmehr dem dauerhaften Frieden im Sudan gilt.
„Eines der wichtigsten Dinge, die ich in dem Workshop gelernt habe, ist, dass deine Professionalität dein Patriotismus ist. Und ich liebe mein Land, also möchte ich so professionell wie möglich sein.“
Das Projekt Frauenblicke der DW Akademie wird vom Auswärtigen Amt gefördert.