Space for Freedom Belarus: "Das Programm ist für uns zu einem Anker geworden" | Europa/Zentralasien | DW | 28.11.2022
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Europa/Zentralasien

Space for Freedom Belarus: "Das Programm ist für uns zu einem Anker geworden"

Das Projekt Space for Freedom der DW Akademie unterstützt Medienschaffende aus Belarus und hilft ihnen, im Exil eine neue berufliche Zukunft aufzubauen.

Seit Beginn der Massenproteste gegen das Regime von Alexander Lukaschenko im August 2020 steht die Meinungsfreiheit in Belarus besonders unter Druck. Das Land befindet sich auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen mit 153 von 180 auf einem der hinteren Plätze. Kritische Berichte über die Regierung werden gezielt unterdrückt, hunderte Journalistinnen und Journalisten wurden bereits bedroht oder verhaftet und teils zu langen Haftstrafen verurteilt. Viele entschließen sich, das Land zu verlassen. Gleichzeitig werden Exil-Medien immer wichtiger, um die Menschen in Belarus weiter mit verlässlichen Informationen zu versorgen. 

Angebote für Medienschaffende im Exil 

Das Programm Space for Freedom bietet Journalistinnen und Journalisten Stipendien und eine Beratung bei ihrer Ausreise aus Belarus an. Außerdem beinhaltet es ein Bildungsprogramm, das Medienschaffenden im Exil Qualifizierungsmaßnahmen ermöglicht sowie technische Unterstützung beim Aufbau unabhängiger belarussischer Exil-Medien. Die DW Akademie setzt das Projekt gemeinsam mit dem Press Club Belarus in einer Pilotphase von September bis Dezember 2022 um. 

Neben einem Stipendium zur Grundsicherung erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch ganz praktische Unterstützung, beispielsweise bei der Beantragung von Visa, bei der Wohnungssuche und der Eröffnung eines Bankkontos sowie juristische Beratung, außerdem einen Arbeitsplatz im Co-Working-Space "MediaPort Belarus" in Warschau. 

"Das Projekt hat mir bei der Entscheidung geholfen, legal mit polnischem Visum nach Polen zu migrieren, und nicht als Geflüchtete*r einzureisen oder internationalen Schutz zu beantragen. Dies war mein ursprünglicher Plan, da ich nicht wusste, dass es auch andere Möglichkeiten gibt. Doch Gottseidank gab es die", äußerte sich eine teilnehmende Person, die aus Sicherheitsgründen anonym bleibt. "Das Stipendium hat mir außerdem geholfen, den zweiten Monat meines Aufenthalts in Warschau (Miete und Lebensmittel) zu finanzieren. Es gab auch viel psychologische Unterstützung und Beratung durch die MediaPort-Managerinnen und -manager und die Guest Coaches. Dafür bin ich sehr dankbar." 

Eine weitere teilnehmende Person regte Verbesserungen für den weiteren Verlauf des Projekts an: "Es macht Sinn, im Team eine zentrale Person zu haben mit Erfahrungen im Bereich Umsiedelung und Eingewöhnung in einem speziellen Land. Diese Person könnte das Programm bei der Wohnungssuche (zumindest bei der Verhandlungsphase), bei legalen Fragen und der Erlangung des Rechtsstatus sowie beim Umgang mit den örtlichen finanziellen, öffentlichen und sozialen Einrichtungen noch besser unterstützen." 

Digitale Lernplattform zur Weiterbildung 

Um den Medienschaffenden die Möglichkeit zu geben, sich auch im Exil weiterzubilden und ihre professionelle Arbeit fortzusetzen, wurde eine Online-Learning-Plattform entwickelt und bereitgestellt. Sie enthält Erklärvideos und Tutorials, Materialien und Aufgabenstellungen, Memos und weiterführende Links und ermöglicht den Zugriff von unterwegs. 

Die teilnehmenden Journalistinnen und Journalisten können sich dazu ein eigenes Arbeitsprofil erstellen, an den regelmäßigen Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen und Aufgaben einreichen. Neben den Stipendiatinnen und Stipendiaten von Space for Freedom nehmen auch Medienschaffende an den Fortbildungen teil, die bereits vor längerer Zeit Belarus verlassen haben und gezielt nach Weiterbildungsmöglichkeiten suchen.  

Der Kurs besteht insgesamt aus vier Trainingsmodulen, die über den Zeitraum von 16 Wochen stattfinden. Die Themen sind psychische und technische Sicherheit, Digitale Medienstrategie (Publikumsanalyse und Social Media Management), Medienformate und digitale Tools sowie Videoproduktion. Die Trainings finden in der Regel online statt. 

Eine der teilnehmenden Personen, aus Sicherheitsgründen ebenfalls anonymisiert, die gerade das Programm durchläuft, schätzt neben den praktischen Qualifizierungsmaßnahmen besonders den Austausch mit Medienschaffenden, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden. „Das Programm ist zu einem Anker geworden für Menschen wie uns, die gerade angekommen sind. Es hilft uns, unsere finanziellen Probleme über einen längeren Zeitraum zu lösen und uns stattdessen auf das Weiterarbeiten zu konzentrieren. Gleichzeitig gibt es uns die Möglichkeit, uns nachhaltig weiterzubilden und unseren Beruf weiter auszuüben. Wir haben gelernt, wie wir selbstständig Probleme lösen können. Außerdem ist für uns der Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen unglaublich wichtig, gerade da im Exil das Risiko hoch ist, an Depressionen zu erkranken.“ 

Technische Unterstützung beim Aufbau von Exil-Medie

Die technische Komponente des Projekts soll die nachhaltige Funktionalität und Sicherheit von Redaktionen und Medien im Exil stärken, und die Zugriffsmöglichkeiten für potentielle Zielgruppen ausweiten. Zu diesem Zweck wurde ein Konzept für ein organisatorisches und technisches Medienaudit entwickelt. Dazu wurden im Rahmen des Pilotprojekts verschiedene unabhängige Medien ausgesucht, die derzeit zur Arbeit im Exil gezwungen sind. 

Ziel ist es, in aktuellen Prozessen und Abläufen Probleme zu identifizieren und zu erfassen. Das Audit hilft den Redaktionen dabei, ihre Inhalte gezielt zu verbreiten und ihr Publikum besser zu erreichen. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei auch Sicherheitsfragen, die grundlegend sind für die redaktionelle Arbeit im Exil.  

Nach dem Audit folgen eine Auswertung sowie konkrete Handlungsempfehlungen zum weiteren Ausbau der Redaktionen, um so gezielt mit aktuellen und zukünftigen Herausforderungen umzugehen. Expertinnen und Experten gehen diese in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden an, beheben Schwachstellen und können gemeinsam die notwendigen Instrumente auf den Weg bringen.  

 

Die DW Akademie führt das Projekt Space for Freedom als Netzwerkpartner der Hannah-Arendt-Initiative der Bundesregierung durch. Mit der Initiative unterstützen das Auswärtige Amt und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Journalistinnen und Journalisten, Medienschaffende sowie Verteidigerinnen und Verteidiger der Meinungsfreiheit, in Krisen- und Konfliktgebieten und im Exil.    

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