Influencer für den Frieden: "Hassrede verleitet Menschen dazu, unvorstellbare Dinge zu tun" | Afrika | DW | 16.10.2023
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Afrika

Influencer für den Frieden: "Hassrede verleitet Menschen dazu, unvorstellbare Dinge zu tun"

Junge Kenianerinnen und Kenianer setzen sich in den sozialen Medien für ein friedliches Miteinander in ihrem Land ein.

Kenia Mombasa | Projekt der DW Akademie | Influencer 4 Peace | Esha Mohammed

Esha Mohammed

Esha Mohammed erfuhr früh, dass Hass und Hetze im Netz ganz schnell in physische Gewalt umschlagen können. Mit 18 Jahren trat sie dem Roten Kreuz in Mombasa bei. Als ehrenamtliche Helferin erlebte sie zwei Jahre später hautnah, wie Kenias umstrittener Präsidentschaftswahl 2017 zu blutigen Auseinandersetzungen auf den Straßen führte.

Messerstiche, Schusswunden, Tote. Sie erkannte, dass den physischen Angriffen sehr oft Anfeindungen und gezielte Falschinformationen in den sozialen Medien vorausgegangen waren. "Hassrede verleitet Menschen dazu, unvorstellbare Dinge zu tun", sagt Esha. "Ich sah, was Gewalt mit einer Gesellschaft macht."

Viele sind Opfer und Täter zugleich

Jugendliche und junge Erwachsene spielen dabei eine entscheidende Rolle: Das Durchschnittsalter in Kenia liegt bei gerade einmal 20 Jahren. "Junge Leute sind meist die Täter", sagt sie. "Wir sind aber auch das erste Ziel von Desinformation und Gewalt. Es liegt also an uns, etwas dagegen zu tun."

Heute ist Esha 26 Jahre alt. Sie hat ihr Lehramtsstudium in Englisch und Literatur abgeschlossen. Mit sehr viel Mut und noch mehr Optimismus macht sie sich seitdem daran, die Situation in ihrem Land zu verbessern. Im Projekt "Influencer 4 Peace" der DW Akademie und ihres lokalen Partners, der Dream Achievers Youth Organization (DAYO), nutzt Esha ihre große Reichweite in den sozialen Medien, um der Online-Gewalt etwas entgegenzusetzen. Und sie ermutigt andere, es ihr gleich zu tun.

Kenia Mombasa | Projekt der DW Akademie | Influencer 4 Peace | Ruby Kache & Hillary Soh Ojiambo

Ruby Kache (l.) und Hillary Soh Ojiambo während eines Workshops in Mombasa. Sie sind ebenfalls Teil des "Influencer 4 Peace"-Programms.

Medienkompetenz ist eine Schlüsselqualifikation

In Beiträgen auf TikTok, Instagram, Facebook und Twitter erklärt sie die zerstörerische Kraft von Hassrede. Und auch, was jeder und jede Einzelne dagegen tun kann: Darauf achten, was man postet und teilt. Nur gesicherte Informationen nutzen. Vorsichtig formulieren, um andere nicht zu verletzen. Die wichtigste Erkenntnis für ihre jungen Nutzerinnen und Nutzer sei, dass sie selbst für ein friedliches Miteinander eintreten müssen.

Mädchen und junge Frauen sind Esha dabei besonders wichtig. Sie erinnert sich noch gut, wie ihr Vater sie früher davor warnte, nachts zu Einsätzen des Roten Kreuzes gehen. "Bleib zu Hause. Du bist ein Mädchen. Niemand wird dich beschützen." Schon damals war ihr klar, dass er sich nur um sie sorgte. "Das Ganze hat aber auch eine Kehrseite", sagt sie heute. "Wer nicht da ist, wird übersehen. Wir müssen präsent sein, um unsere eigenen Entscheidungen zu treffen, sonst entscheiden andere für uns." Repräsentation ist wichtig – auch im Netz.

Kenia Mombasa | Projekt der DW Akademie | Influencer 4 Peace | Teilnehmerin mit Smartphone

Die Teilnehmenden sensibilisieren andere für Propaganda und Desinformation in den Sozialen Medien.

Radikalisierung hat viele Ursachen

Esha weiß, dass die sozialen Medien nicht die alleinige Ursache für die Gewalt sind – und auch nicht die alleinige Lösung. "Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, warum viele junge Leute in Kenia anfällig sind für Radikalisierung: eine hohe Schulabbrecher-Quote, Jugendarbeitslosigkeit, Drogenmissbrauch, mangelnde Perspektiven. Und das betrifft auch nicht nur die Jungen." Zusammen mit den anderen "Influencern 4 Peace" trifft sie sich im Dezember mit Lokalpolitikerinnern und -politikern, um Lösungsansätze zu diskutieren.

"Wir brauchen einen tiefgreifenden Dialog über das Thema Frieden. Junge Menschen sind die Zukunft unseres Landes. Wir müssen aber alle mit ins Boot holen", sagt Esha.

Das Projekt "Influencer 4 Peace" wird vom Auswärtigen Amt unterstützt. Es zielt darauf ab, friedensfördernde Dialoge zu initiieren und junge Menschen in der kenianischen Küstenregion zu stärken. Zwölf junge Menschen werden in den Bereichen Medienkompetenz (Media Information Literacy, MIL), Führung und Advocacy geschult. Die Teilnehmenden sollen als Vorbilder fungieren, insbesondere in den Sozialen Medien, und ihr Wissen an Gleichaltrige weitergeben. Im direkten Kontakt mit ihren Communities sensibilisieren sie andere für Propaganda und Desinformation. Auf diese Weise fördern sie den Dialog, damit junge Menschen informierte Entscheidungen treffen können und widerstandsfähiger werden gegen Radikalisierung.

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