"Ich muss die am besten informierte Person über die Machtverhältnisse in meinem Land sein" | Asien | DW | 27.04.2018
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Asien

"Ich muss die am besten informierte Person über die Machtverhältnisse in meinem Land sein"

Lkhagva Erdene ist Reporter, TV-Moderator und ein Kämpfer für freie Medien. Er liebt spannende und komplizierte Investigativ-Recherchen und arbeitet daran, dass Journalisten in der Mongolei sie unbehelligt machen dürfen.

Es ist ein harter Kampf, das Recht der mongolischen Öffentlichkeit auf Information sicherzustellen, sagt Lkhagva Erdene. | Lkagva Erdene

"Es ist ein harter Kampf, das Recht der mongolischen Öffentlichkeit auf Information sicherzustellen", sagt Lkhagva Erdene.

Lkhagva Erdene möchte die Medien in der Mongolei nachhaltig verändern. Er ist Investigativ-Reporter, TV-Producer und Moderator, sowie Mitgründer des Media Council of Mongolia, der ersten Initiative in der Mongolei, die für eine Selbstkontrolle der Medien, journalistische Standards und ein ethisches Selbstverständnis eintritt. Die DW Akademie hat die Gründung des Medienrats und seine Arbeit seit 2014 mit Mitteln des BMZ unterstützt.

Lkhagva Erdene und MongolTV sind außerdem Partner des International Council of Investigative Journalists (ICIJ). Erdene gehört außerdem zu der Gruppe von Journalisten, die für die Recherche zu den "Panama Papers" mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurden.

Der DW Akademie berichtet Lkhagva Erdene von seiner Arbeit und seinen Zielen.

"Ich betreibe den Newsroom bei MongolTV in Ulan Bator, der Hauptstadt der Mongolei. Mongolische Journalisten stehen nicht unter Todesdrohungen. Die wirkliche Gefahr für uns sind gezielt gestreute Fehlinformationen und "Fake News", die Bots oder bezahlte Blogger verbreiten. Mit meiner Arbeit verteidige ich die Medienfreiheit zu Hause und im Ausland. Bei MongolTV möchten wir unterschiedliche Akteure der Gesellschaft vernetzen und ihnen den Informationsaustausch erleichtern, indem wir fundierte Hintergründe und Analysen liefern.

Quellenschutz sei in der Mongolei oft schwierig, sagt Lkhagva Erdene. Der Investigativ-Journalist hat unter anderem an der Enthüllung der Panama Papers mitgearbeitet.

Quellenschutz sei in der Mongolei oft schwierig, sagt Lkhagva Erdene. Der Investigativ-Journalist hat unter anderem an der Enthüllung der "Panama Papers" mitgearbeitet.

Es gibt Pressefreiheit, aber auch bedrohliche Gesetze

Obwohl Pluralität in der Mongolei gegeben ist, haben Journalisten und Medienschaffende hier mit harten Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Die Mongolei genießt zwar auf dem Papier Pressefreiheit, doch in der Realität ist es für mich oft schwierig, meine Quellen zu schützen oder gar mich selbst gegen die Einflussnahme von Politikern und von Medienbesitzern, die vor allem ein politische Interesse haben. Leider gehören solchen Leuten 70 Prozent der Medien des Landes. Es gibt noch keine Gewerkschaften für Journalistinnen und Journalisten und auch das Ausbildungssystem ist hoffnungslos veraltet. Zudem hat das mongolische Parlament kürzlich ein umstrittenes Gesetz gegen Ordnungswidrigkeiten verabschiedet, welches bewirkt, dass Redaktionen und Blogger aus kleinsten Anlässen zu hohen Geldstrafen verurteilt werden können. Medienanwälte bezeichnen das als "wirtschaftliche Zensur". Gemeinsam mit Bürgern und Medienaktivisten kämpfen wir für eine Reform des Gesetzes, damit Journalisten keine Strafen zahlen müssen, die das Drei- bis Vierfache ihres monatlichen Einkommens betragen. 

Beim Aufbau des Medienrates haben viele zusammen gearbeitet: unabhängige Journalisten, Medieneigentümer und Wissenschaftler. Auch ein Zentrum für investigativen Journalismus in der Mongolei konnten wir erfolgreich gründen. Es ist ein harter Kampf, das Recht der mongolischen Öffentlichkeit auf Information sicherzustellen. Und nur mit einer vielfältigen und lebendigen Medienlandschaft können wir diesen Kampf gewinnen. Ein langer Weg liegt noch vor uns.

Erdene moderiert eine wöchentliche Diskussionssendung auf MongolTV.

Erdene moderiert eine wöchentliche Diskussionssendung auf MongolTV.

Mein Ziel: informiert dem Publikum dienen

Meine tägliche Arbeit beginnt mit Redaktionssitzungen, gefolgt von weiteren Besprechungen und Telefonaten. Außerdem blicken wir im Team auf die Sendungen vom Vortag zurück und geben einander Feedback. Ich selbst habe jeden Montag eine 90-minütige Sendung, in der ich mit sechs Gästen das jeweils dringendste Thema bespreche, neulich etwa einen Gesetzesentwurf zum Verbot von Smartphones in Schulen.

Wenn ich mit meiner Redaktion ein nationales Publikum bediene, muss ich selber die Nachrichtenlage zu jeder Zeit genau kennen. Dieser Druck und die nie versiegende Nachrichtenflut halten mich die ganze Woche auf Trab. Ich muss die am besten informierte Person über die Machtverhältnisse in meinem Land sein. Nur so kann ich mein Publikum zufrieden stellen, das sich jeden Abend einschaltet.

Um kein wichtiges Thema zu verpassen, folge ich weltweit investigativen Reportern über die Sozialen Medien und versuche, ein Publikum zu erreichen, das bisher vom mongolischen Medien-Mainstream nicht bedient wird.

Jeden Tag geben sich die Kollegen gegenseitig Feedback über ihre Sendungen.

Jeden Tag geben sich die Kollegen gegenseitig Feedback über ihre Sendungen.

Das Publikum ist wichtig – auch bei der Ideensuche

Die besten Geschichten, die wir in der Vergangenheit gemacht haben, ergaben sich aus Zuschauerhinweisen. Meine Reporter haben sich zum Beispiel mit einigen Lehrern zusammen getan, um das systematische Scheitern der Grundschulbildung in der Mongolei zu verstehen. Eine andere Geschichte haben wir nur gemacht, weil wir auf den Beitrag einer Mutter zur Luftverschmutzung in einer Facebook-Gruppe aufmerksam worden sind.

Am meisten beeindruckt hat mich die Recherche zum Verkauf einer riesigen Kupfermine in der Mongolei, bei dem die Geschäftsführer versuchten, ein illegales Neben-Geschäft zu machen, während ich ihnen schon auf den Fersen war. Es war wie ein Katz-und-Maus-Spiel und hat mich als Journalist begeistert. Der ganze Verkauf der Mine verlief wie ein Thriller im Kino und am Ende blieben unzählige Fragen offen. Die Geschichte wurde bei "The Diplomat" veröffentlicht."

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