Guatemala: Den Algorithmus verstehen lernen | Lateinamerika | DW | 09.08.2024
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Lateinamerika

Guatemala: Den Algorithmus verstehen lernen

Die DW Akademie und die Asociación COMUNICARES schulen Multiplikatoren indigener Gemeinden, um die Medienkompetenz gefährdeter Gruppen und Gemeinschaften zu fördern.

Ich habe dunkles Haar und bin nicht einmal 1,70 cm groß, aber wenn ich im Internet nach Frisuren suche, finde ich nur Frauen, die blond und sehr groß sind, sagt María Gabriel Ruano. Die junge Guatemaltekin hinterfragt die Auswirkungen, die Algorithmen auf ihr Leben haben. Es gab eine Zeit, in der ich dachte, ich sollte mir einfach die Haare so färben, wie ich es im Internet sehe, erinnert sie sich.

Wenn man die Worte 'erfolgreiche Frau' googelt, erscheint eine große, blonde Frau in einem Büro, bestätigt ihre Kollegin Edín Ronaldo Mejía. Aber die meisten guatemaltekischen Frauen würden diesem Bild nicht entsprechen, in den ländlichen Gebieten noch weniger. Das ist eine falsche Realität, sagt die junge Community-Reporterin.

Deshalb beschlossen Ruano und Mejía, eine Podcast-Episode über Algorithmen und Stereotypen zu produzieren. Der Podcast ist Bestandteil der Kampagne Algoritmo A Mi Ritmo (Deutsch ‘Algorithmus in meinem Rhythmus’), die Teil der Initiative Aulas para la Vida (Deutsch ‘Klassenzimmer für das Leben’) ist, die gemeinsam von Asociación COMUNICARES und der DW Akademie entwickelt wurde. Ziel ist es, die Menschen über Algorithmen und künstliche Intelligenz (KI) zu informieren und das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie sie eingesetzt werden.

DW Akademie in Guatemala l Medien- und Informationskompetenz

Junge Radiomacher diskutieren mit Mentoren von COMUNICARES über die Gefahren von Algorithmen.

Die neue Herausforderung: Algorithmus-Alphabetisierung

COMUNICARES fördert verschiedene Initiativen zur Medien- und Informationskompetenz (Englisch kurz MIL für Media and Information Literacy) in Guatemala, die sich in erster Linie an die schwächsten Bevölkerungsgruppen, wie Jugendliche und indigene Gemeinschaften, richten.

Aulas para la Vida ist eine dieser Initiativen und hat seit 2022 etwa 4.500 Lehrer aus 600 Schulen in ländlichen Gebieten in MIL-Themen geschult. Die Initiative ist auch vom Bildungsministerium offiziell anerkannt worden. Das Videospiel Tinamit zum Beispiel ist Teil des Programms, das die digitale Kluft in der Gesellschaft verringern und die Schülerinnen und Schüler zu einer kritischen Analyse von Medieninhalten befähigen soll.

Dennoch nehmen die digitalen Herausforderungen zu – und als Reaktion darauf hat COMUNICARES die Kampagne Algoritmo A Mi Ritmo gestartet. Ziel ist es, beispielsweise Lehrerinnen und Lehrern, Gemeindeältesten oder Community-Reporterinnen und -Reportern, Algorithmus-Kenntnisse zu vermitteln, damit sie ihrerseits die Informationen an junge Menschen weitergeben können.

DW Akademie in Guatemala l Medien- und Informationskompetenz

Gladis Godínez de Soliz, Vertreterin des Bildungsministeriums in San Marcos, teilte ihre Erkenntnisse mit den Mitgliedern von Aula para la Vida.

Es besteht ein wachsender Bedarf an Führungspersönlichkeiten wie diesen, die wissen, wie Algorithmen und künstliche Intelligenz funktionieren, sagt Oneida Rodas, Direktorin von COMUNICARES. Algorithmen und KI beeinflussen die täglichen Entscheidungen, die wir als Individuen und Gemeinschaften treffen. 

In der digitalen Welt sicher unterwegs  

Eine von COMUNICARES durchgeführte Umfrage untersuchte das Verständnis der Menschen für KI und Algorithmen sowie deren Auswirkungen. Sie ergab, dass weniger als 20 Prozent der Befragten richtig erklären konnten, was ein Algorithmus ist, mehr als 95 Prozent hatten falsche Vorstellungen von KI.

COMUNICARES arbeitete daraufhin mit 10 Multiplikatorinnen und Multiplikatoren aus den Gemeinden zusammen, um Wege zur Verbesserung der Information über KI und Algorithmen zu finden. So erstellten sie unterhaltsame Inhalte, die ein junges Publikum ansprechen. Ein weiteres Vorhaben ist die Erstellung von Informationen in Maya-Sprachen, von denen es in Guatemala mehr als 20 gibt.

Die gemeinsame Arbeit hat María Gabriel Ruano und Edín Ronaldo Mejía dazu inspiriert, ihre Podcast-Episode über Stereotypen aufzunehmen.

Die Kampagne Algoritmo A Mi Ritmo verbreitet audiovisuelle Inhalte zum Thema Algorithmus und umfasst 15 Audios und Videos, die über soziale Netzwerke und Community-Medien verbreitet werden. Die Inhalte erklären Schlüsselkonzepte, wie beispielsweise was ein Algorithmus ist und wie Internet-Suchmaschinen funktionieren.

DW Akademie in Guatemala l Medien- und Informationskompetenz

Das COMUNICARES-Team hat sich mit Kommunikatoren der Gemeinden zusammengetan, um MIL in Guatemala zu fördern.

Die Kampagne beleuchtet auch bestehende Vorurteile über Algorithmen und geht der Frage nach, warum Gruppen geschlechtsspezifischer Vielfalt, Menschen mit Behinderungen und insbesondere indigene Gemeinschaften - die 45 Prozent der guatemaltekischen Bevölkerung ausmachen - fast unsichtbar geworden sind. Rodas weist jedoch darauf hin, dass dieses Problem nicht auf die digitale Welt beschränkt ist, sondern auf eine latente historische Diskriminierung in der Gesellschaft zurückzuführen ist. Deshalb sei Algoritmo A Mi Ritmo so wichtig, betont sie.

Die Kampagne zeigt auf, wie Plattformen den größten Gruppen Platz einräumen und die Schwächsten außen vor lassen, sagt sie. Und obwohl es stimmt, dass die Menschen dies nicht selbst ändern können, können wir alle die Ergebnisse von Algorithmen hinterfragen und nicht alles glauben, was im Internet erscheint.

 

Algoritmo A Mi Ritmo ist ein Projekt der Asociación COMUNICARES in Zusammenarbeit mit der DW Akademie und wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert. 

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