"Ich bin längst drin," sagt Awa Ouedraogo. "Ich teste gerade die Aufnahmefunktion." Gerade noch wollte ihr der Medientrainer im Workshop die Funktionsweise der neuen App Colmena erklären. Ouedraogo arbeitet als Journalistin beim wohl bekanntesten Online-Radio in Burkina Faso, Radio Vénégré. Der Sender ist einer von 23 Community-Radios, Lokalmedien und Medien-Organisationen aus 13 Ländern Afrikas und Lateinamerikas, die an der Entwicklung der App beteiligt waren.
Am 28. April 2022 ist in Berlin die Beta-Version der Software gelauncht worden.
Colmena – was auf Spanisch Bienenkorb bedeutet – ist ein digitaler Werkzeugkasten für Community-Radios und Lokalmedien. Damit sie ihre Gemeinschaften auch in Krisenzeiten zuverlässig informieren können, hat die DW Akademie gemeinsam mit ihrer mexikanischen Partnerorganisation REDES A.C. die Software entwickelt. Das Projekt ist Teil der gemeinsamen Initiative der DW Akademie und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung "Transparenz und Medienfreiheit – Krisenresilienz in der globalen Pandemie".
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Ein Blick in den Bienenkorb: Wie Community-Medien aus Lateinamerika und Afrika mit der Colmena-App arbeiten
Gemeinsam stark: Pod´Da-lhe, Brasilien
Die Podcast-Initiative Pod’Da-lhe des brasilianischen Colectivo Jovem Tapajônico, beschäftigt sich mit Themen rund um den Erhalt des Regenwaldes. Sie nutzen das Audio-Aufzeichnungstool von Colmena für ihre Interviews mit Frauen und jungen Indigenen, um so über das Miteinander in den Flussgemeinschaften zu reflektieren. Gleichzeitig werden die Inhalte im Handumdrehen mit anderen Communitys geteilt.
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Investigativ, divers, feministisch: Muy Waso, Bolivien
Muy Waso ist das erste Online-Magazin seiner Art in Bolivien und erreicht mit seinen Berichten und Podcasts ein breites Publikum über die Landesgrenzen hinaus. Colmena bündelt die nötigen Arbeitsschritte: Artikel verfassen, Audios aufnehmen und im Team bearbeiten. Das ermöglicht eine breite Teilhabe und Diversität – für Mitbegründerin Michelle Nogales "die Zukunft des Journalismus".
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Eine Stimme für alle: La Voix du Paysan, Burkina Faso
Das Community-Radio La Voix du Paysan ist mehr als nur "die Stimme der Bäuerinnen und Bauern". Es ist zentrale Sammelstelle für Informationen aus der Region: Programm ist, was für die Landbevölkerung wichtig ist. Colmena sorgt nun dafür, dass das Themenspektrum erweitert werden kann: der Sender nutzt die App für den Materialaustausch und gemeinsame Produktionen mit dem Partnerradio Radio Vénégré.
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Jung und Alt "on air": Radio Vénégré, Burkina Faso
In Burkina Faso wird auch der Dorfchef (sitzend) zum Radiomacher: "Bei Radio Vénégré werden unsere Sendungen von allen mitgestaltet", sagt Programmleiterin Awa Ouedraogo. Weil der Audioschnitt bislang zu kompliziert ist, ist ihr die Entwicklung eines Schnittprogramms fürs Handy wichtig. Damit soll Colmena ermöglichen, Interviewausschnitte künftig besser über das mobile Internet teilen zu können.
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Gegen das Vergessen: Unión de Mujeres Aymaras del Abya Yala (UMA), Peru
"Wir wollen unsere Sprache erhalten," sagt Yeny Paucar. Die Frauen aus den Aymara-Gemeinden lernen seit 34 Jahren neue Kommunikationstechnologien zu nutzen, um ihrer Kultur weithin Gehör zu verschaffen. Das Radio spielt dabei eine zentrale Rolle. Paucar und ihre Kolleginnen nehmen mit Colmena die Geschichten der Menschen in ihrer Sprache auf, editieren und teilen sie – alles einfach mit dem Handy.
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Kirchenradio für alle: Radio Amani, Kenia
Der katholische Community-Sender Radio Amani will für alle Menschen in Nakuru County da sein und ihre Vielfalt spiegeln. Die im Programm zu hörenden Meinungen sind ebenso divers wie die Musik. Als Teil des Colmena-Netzwerkes können die Radiomacherinnen und -macher auf eine Datenbank mit lizenzfreier Musik zugreifen, die von Nutzenden bestückt und gepflegt wird.
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Ein Radio wie ein Blumenstrauß: Pwani FM, Kenia
Bei Pwani FM ist für alle was dabei: von Jugendsendungen, klassischen Nachrichtenprogrammen bis hin zu Bango Livemusik-Shows aus dem Studio – die Vielfalt kennt hier keine Grenzen. Genauso wie die Funktionen in Colmena, die das Team für Produktion und Kommunikation nutzt. Mit der einfachen Nutzung auf Kiswahili, können die Moderatoren Ken1GB und Gates Mgenge schnelle Absprachen treffen.
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Lokale Sprache im World Wide Web: Radio Ada, Ghana
Olivia Serwa Waree von Radio Ada in Ghana übersetzt täglich internationale Nachrichten in die lokale Sprache Dangme. "Ich möchte dabei vor allem den Bedürfnissen der Frauen aus den Gemeinden gerecht werden." Die Toolbox Colmena macht es für sie nun möglich, Inhalte gezielt auch in den Sozialen Medien zu veröffentlichen.
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Immer nah dran und vor Ort: Radio Nefzawa, Tunesien
Radio Nefzawa berichtet aus Kebili, einer abgelegenen Region Tunesiens, und experimentiert auch mit Videoformaten. Die Nachfrage nach unabhängigen Informationen ist groß. Um mit lokalen Bürgerreporterinnen und -reportern zusammenzuarbeiten, setzt der Sender Colmena ein. Der automatische Upload auf den Cloudserver macht es ihnen einfach, ihre Geschichten von vor Ort direkt mit dem Sender zu teilen.
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Offen für die Welt und neue Kanäle: Radio Sayaxché, Guatemala
Beim Lokalsender Radio Sayaxché ist das Interesse groß, mit Medien aus anderen Ländern Programme auszutauschen und neue Formate auf verschiedenen Kanälen auszuprobieren. Colmena ermöglicht allen Mitarbeitenden des Senders selbständig Inhalte zu erstellen, aber auch, sie mit dem Team zu teilen und gemeinsam daran zu arbeiten – und das trotz schlechtem Internetempfang im Amazonasgebiet.
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Impulse nach innen und außen: Radio Rahma, Kenia
Radio Rahma sendet live aus Mombasa und versorgt die Region mit aktuellen Podcasts. Colmena erleichtert dem Team die Arbeit und erfüllt den Wunsch, den Austausch von Wissen und Ideen zu fördern – nicht nur intern sondern auch mit anderen Radiostationen. Die Vernetzungsmöglichkeiten inner- und außerhalb der Region werden mit Colmena gestärkt und die digitale Zusammenarbeit erfährt neue Impulse.
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Ein Blick in den Bienenkorb: Wie Community-Medien aus Lateinamerika und Afrika mit der Colmena-App arbeiten
Ungehörtes erzählen: Podpreta, Brasilien
Im Norden Brasiliens nimmt Rejane mit ihren Kolleginnen Quezia, Lica und Janna Podcasts auf. Sie sind Podpreta und nutzen Colmena als ihr Produktionstool. Es hilft ihnen, sich besser zu koordinieren und auch virtuell zusammenarbeiten zu können. Mit der Audio-Aufzeichnungsfunktion geben sie den Stimmen schwarzer Frauen im Amazonasgebiet Raum und informieren so über wenig bekannte Lebensrealitäten.
Wenn nichts mehr geht, geht Colmena
Landesweite Lockdowns und individuelle Quarantäne: beides absolute Showstopper für ein partizipatives Medienmachen in Radiostudios oder kleinen Lokal-Redaktionen. Die Pandemie machte deutlich: es muss eine inklusive Lösung her, um digital in Kontakt zu bleiben und den Community Reportern und Lokaljournalistinnen und -journalisten zu ermöglichen, weiter zu produzieren. "Wichtig war eine App zu entwickeln, die alle Tools bündelt: von der Aufnahme, übers Schneiden bis zum Teilen fertiger Beiträge," erklärt Adriana Veloso, die im Entwicklerteam für das User Design zuständig ist. Reizvoll findet sie an Colmena, dass die Zielgruppe von Beginn an der Entwicklung beteiligt, war: "Das Entwicklerteam saß in Brasilien, doch Ideen und Testberichte kamen aus Mexiko, Marokko und Kenia. Das ist wichtig für eine hohe Akzeptanz bei der späteren Nutzung."
Frauen und ihre Geschichte(n) im Fokus: Die Bolivianerin Michelle Nogales nutzt Colmena bei ihrer Arbeit für das feministische Online-Magazin Muy Waso.
Und nun ist Colmena fertig. Am 28. April wird in Berlin die Beta-Version gelauncht. Die Community soll im Jahr 2022 weiter wachsen, gemeinsam produzieren und neue Features testen. War Colmena ursprünglich darauf ausgerichtet, den negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das unabhängige Medienmachen zu begegnen, soll die digitale Toolbox künftig flexibel angepasst und erweitert werden, um sowohl für künftige Krisen als auch darüber hinaus nützlich zu sein. "Software ist dann erfolgreich, wenn sie ein offener Prozess bleibt, ein ständiger Dialog," unterstreicht Peter Bloom von der Nichtregierungsorganisation Rhizomatica, der das Projekt als Berater unterstützt hat. "Es geht nicht um ein fertiges Produkt, sondern darum, eine viel genutzte Lösung zu entwickeln, die sich im Dialog mit der Community ständig verändert."
Kostenlos, sicher, frei
Colmena ist für verschiedenste Endgeräte entwickelt, sie funktioniert auch offline, ist sicher und kostenlos. Bereits jetzt wird Colmena in sechs Sprachen angeboten: Arabisch, Englisch, Französisch, Kiswahili, Portugiesisch und Spanisch. Bei Interesse lassen sich die Menüs, Handbücher und Erklärvideos jedoch schnell auch in weitere Sprachen übersetzen, ganz nach Bedarf. Denn Colmena ist zu hundert Prozent Open Source und damit offen für alle, die sich bei der Weiterentwicklung einbringen wollen.
Radio Pwani FW in Kenia nutzt Colmena in Kisuaheli. Derzeit ist die App auch in den Sprachen Arabisch, Englisch, Französisch, Portugiesisch und Spanisch erhältlich.
"Wie das genau aussieht, wird sich nach dem Launch zeigen," sagt Santiago García von der DW Akademie, der die Kommunikation zwischen den Entwicklerinnen und Entwicklern und den beteiligten Medien betreut. "Wir wünschen uns eine lebendige Community. Es geht jedoch nicht nur um das gemeinsame Produzieren, sondern auch darum, dass frühe Nutzende ihr Wissen mit neuen teilen," sagt García.
Awa Ouedraogo und ihre Kollegen von Radio Vénégré haben diese Rolle bereits übernommen und ihren Partnersender, das Community-Radio La Voix de Paysant, bei den ersten Schritten mit Colmena begleitet. Es sind sogar schon einige Radioproduktionen entstanden, die auf der Website des Projektes zu hören sind. Nachdem ein letzter Bug vom Entwicklerteam behoben wurde, klappt es nun einfacher beim Login. "Bonjour chers collègues" schreibt Ouedraogo im Chat des gemeinsamen digitalen Reaktionsraums. Der Anfang eines neuen und produktiven Austauschs ist gemacht.
Das Colmena-Projekt ist Teil der gemeinsamen Initiative "Transparenz und Medienfreiheit – Krisenresilienz in der globalen Pandemie" vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der DW Akademie. Die Open-Source-Software Colmena wurde in Zusammenarbeit mit lokalen und kommunalen Medien aus Lateinamerika und Afrika entwickelt. Mehr dazu erfahren Sie hier.