Die Open-Source-Software Colmena – Spanisch für Bienenstock – ermöglicht Frauen im Globalen Süden, sich auch in der Pandemie für Gleichberechtigung und Teilhabe stark zu machen.
Jiyu Uyunkar aus Ecuador, Yeny Paucar aus Peru und Olivia Serwa Waree aus Ghana sind stolz auf ihren „Bienenkorb“: Die drei Frauen sind aktiv an der der Entwicklung der Open-Source-Softwarelösung „Colmena“ beteiligt – Kontinent übergreifend, von Lateinamerika bis Afrika. Sie alle arbeiten für Community-Medien. Mit Colmena, einem virtuellen Redaktionsraum, können sie ihre Arbeit auch unter den schwierigen Bedingungen in der Pandemie fortsetzen. Noch ist die Software in der Testphase, aber die Nachfrage ist groß. Besonders Frauen haben oft nicht die digitale Technik, um ihre Gemeinschaften in Krisenzeiten weiterhin mit Informationen zu versorgen. Dabei sind es gerade sie, die Themen aufgreifen, die Frauen in der Gesellschaft stärken und ihnen eine Stimme geben. Dafür braucht es einen sicheren Raum. Und genau das will Colmena sein: Ein virtueller Raum, an dem Beteiligte offen und ohne Angst ihre Erfahrungen teilen können. Das ist jetzt umso wichtiger, denn häusliche Gewalt gegen Frauen hat in der Pandemie stark zugenommen.
Zwei Monate lang konnten die Community-Reporterinnen vom Frauenpodcast Remando aus Ecuador wegen der Pandemie kein Programm ausstrahlen.
Jiyu Uyunkar hat gemeinsam mit ihren Kolleginnen Kankuana Canelos und Rupay Guanliga den ecuadorianischen Frauenpocast Remando ins Leben gerufen. „Frauen werden kritisiert und haben Angst, sich in der Öffentlichkeit zu äußern. Ihnen wird nicht zugehört, sie werden nicht ernst genommen“, berichtet Jiyu. Zwei Monate lang konnten die Community-Reporterinnen wegen der Pandemie kein Programm ausstrahlen: „Fast die gesamte Gemeinde war mit dem Virus infiziert und wir konnten nicht in unser Studio“, berichtet Jiyu. Das Produzieren und Senden von Zuhause war schwierig: häufige Stromausfälle, keine stabilen Internetverbindungen, schwacher Mobilfunk-Empfang. Jiyu braucht für ihre Arbeit ein Tool, das trotzdem funktioniert – wie Colmena.
In der indigenen Sprache Aymara machen Yeny Paucar und ihre 70-jährige Mutter Rosa Palomino am Titicacasee in Peru Radio. Ihr wöchentliches Programm ist oft die einzige Informationsquelle für die Aymara-Gemeinden.
Yeny Paucar ist Mitbegründerin der Unión de Mujeres Aymaras del Abya Yala (UMA), einem Netzwerk für Kommunikatorinnen der indigenen Aymara- und Quechua-Gemeinden in Peru. Ihre Zielgruppe: Jugendliche und Frauen in den etwa 1300 Gemeinden um Puno am Titicacasee. Das Radioprogramm des Netzwerkes ist essenziell für den Erhalt ihrer Sprache und Kultur. Während der Pandemie konnte Yeny vier Wochen lang nicht auf Sendung gehen. Der Lockdown war für sie eine schwierige Zeit. „Es gab keine Informationen für die Aymara-Bevölkerung, viele Menschen starben. Die Verunsicherung war groß. Wir haben im Internet gesehen, dass es virtuelle Treffen und Konferenzen gab. Wir wussten: Diese Technik müssen wir auch nutzen und sie uns aneignen.“ Deswegen ist eine Open-Source-Software wie Colmena für sie ideal: leicht zu bedienen, sicher, kostenfrei. Mit dem Handy kann Yeny künftig Geschichten aufnehmen, schneiden und Sendungen über das Internet teilen. So bleibt die Aymara- und Quechua-Bevölkerung jederzeit informiert, und die Geschichten der Ältesten leben digital weiter.
Auch Olivia Serwa Waree von Radio Ada in Ghana arbeitet am Prototyp der Colmena-Software mit und testet sie. Für das Community-Radio übersetzt die Redakteurin täglich internationale Nachrichten in die lokale Sprache Dangme. Olivia will aber auch gezielt Frauen erreichen und ihren Anliegen Gehör verschaffen: „Frauen haben aufgrund ihrer patriarchalen Erziehung Angst davor, in der Öffentlichkeit zu sprechen oder Führungsrollen zu übernehmen“, sagt sie. Deswegen hat sie bei Radio Ada ein ständiges Programm für Frauen eingerichtet, das sie stärken und die Gleichstellung der Geschlechter fördern soll. Mit der Toolbox Colmena kann Olivia ihre Inhalte künftig gezielt in den Sozialen Medien veröffentlichen. Das mobile Internet hat in Corona-Zeiten an Bedeutung gewonnen, da die lokalen Datenleitungen oft sehr instabil sind. So auch für Radio Ada: Als das Studio nicht mehr zugänglich war, musste der Betrieb auf mobile Produktion umgestellt werden.
In der Entwicklung der Open-Source-Software Colmena ist klar: Es geht nur mit denen, die das Tool nutzen werden. Jiyu, Yeny und Olivia diskutieren gemeinsam mit anderen Beteiligten die Schwierigkeiten und Herausforderungen der Arbeit von Community-Medien und bringen dabei ihre Erfahrungen ein. Ihre Wünsche und Bedürfnisse sind für das Endprodukt maßgeblich. Diese aktive Mitgestaltung der technischen Entwicklung lässt die Frauen in besonderer Weise zu Botschafterinnen von Colmena werden. Sie geben ihr Wissen weiter: Gemeinsam voneinander lernen – wie Bienen in einem Bienenstock.
Dieses Projekt ist Teil der Initiative „Transparenz und Medienfreiheit – Krisenresilienz in der globalen Pandemie” der DW Akademie und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).