Die Pandemie wütet in Kirgisistan - Bürgermedien helfen in abgelegenen Gebieten | transparenz-und-medienfreiheit | DW | 10.02.2022
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Transparenz und Medienfreiheit

Die Pandemie wütet in Kirgisistan - Bürgermedien helfen in abgelegenen Gebieten

Die Hälfte der Bevölkerung Kirgisistans ist geimpft. Die Regierung arbeitet mit Bürgermedien zusammen, die das Bewusstsein für den Umgang mit dem Coronavirus und Impfungen schärfen.

Kirgisistan DW Akademie | Constructive Journalism

Das Multimediazentrum an der Dorfschule in Kazan-Kuigan, Kirgisistan.

Kazan-Kuigan - ein kleines Dorf, mehr als drei Autostunden von der Hauptstadt des Landes entfernt. Hier leben mehr als 200 Familien, die ihren Lebensunterhalt hauptsächlich mit Viehzucht bestreiten.

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Die Schüler Adylkhan Esengulov,13, und Akbermet Ruslan, 15, recherchieren für einen Artikel über Covid-19. Akylai Almazbekova, die Koordinatorin des Centers, unterstützt sie dabei.

Zwei Teenager überqueren die Straße und gehen zum Multimediazentrum der Dorfschule. Sie arbeiten dort ehrenamtlich als Redakteure:  “Wir planen einen Artikel über den Zusammenhang zwischen dem Coronavirus und der traditionellen Medizin“, sagt der 15-jährige Akbermet Ruslan. „Warum verteilen die Leute zum Beispiel Wacholderrauch in ihren Häusern, um das Virus loszuwerden? Das kirgisische Volk verwendet seit Jahrhunderten Kräuter, um Viren abzutöten. Gibt es dafür eine wissenschaftliche Erklärung?“

Im vergangenen Jahr ist das Mulitimediazentrum des Dorfes der gemeinnützigen Organisation Association of Community Media beigetreten, die 25 kommunale Medien in Kirgisistan zusammengeführt hat. Ziel ist es, die Bevölkerung über die Bedrohung durch Covid-19 zu informieren. Und darüber, dass Impfungen schwere Krankheitsverläufe verhindern und Leben retten können. „Die Association of Community Media hat jetzt eine eigene Seite auf www.covid.kyrgyzmedia.kg“, sagt Akylai Almazbekova, die Koordinatorin des Zentrums. Sie erklärt: „Jeder kann dort lesen, was wir veröffentlichen. Als wir der Organisation beigetreten sind, haben wir sofort wichtige Informationen zum Schutz gegen Corona veröffentlicht. Wir arbeiten eng mit Dorfärzten und Krankenschwestern zusammen, um sicherzustellen, dass unsere Informationen korrekt sind.“

Bürgermedien und medizinische Fachleute gemeinsam gegen Desinformation

„Seit Beginn der Pandemie brauchen wir freiwillige Helfer aus den lokalen Behörden und medizinisches Personal“, sagt Almazbekova. „Die Website der Association of Community Media bietet Informationen über das Coronavirus in den Sprachen, die die Menschen in abgelegenen Dörfern wie dem unseren verstehen.“ Vor allem Kinder und Lehrerinnen und Lehrer sollen informiert werden: wie sie sich vor Covid-19 schützen können, wie sie eine Maske tragen und wie oft sie diese wechseln müssen. Die Website befasst sich auch mit Falsch-Informationen über Corona und wie man diese erkennen kann.

DW Akademie, Constructive Journalism, Kirgisistan,

Krankenschwester Jyldyz Isaeva impft die Bewohner von Kazan-Kuigan in der Poliklinik.

Das Zentrum für Familienmedizin von Kazan-Kuigan ist für die Gesundheit der Dorfbewohner zuständig. Ein Arzt und vier Krankenschwestern arbeiten in der Poliklinik, die erst kürzlich renoviert wurde. Sie verfügt über eine Tagesklinik und einen Raum für werdende Mütter. Eine der Krankenschwestern, Jyldyz Isaeva, führt die Impfungen durch. Der Impfstoff wird in einem speziellen Kühlschrank in der Klinik gelagert. „Die Menschen haben verstanden, dass es wichtig ist, sich impfen zu lassen“, sagt ihre Kollegin Guljan Akmatowa. „Letztes Jahr waren alle in Panik. Aber heute sind zum Beispiel zwei Leute gekommen, um sich impfen zu lassen. Sie hatten bereits ihre erste Impfung bekommen, aber vergessen, sich die zweite Dosis abzuholen. Also haben wir sie angerufen und sie daran erinnert.“

Bei der Bekämpfung des Coronavirus werden die Krankenschwestern auch von Lehrerinnen und Lehrern, lokalen Regierungsbeamtinnen und Beamten und den ehrenamtlichen Mitarbeitenden des Multimediazentrums unterstützt. Diese Gruppe war die erste, die sich impfen ließ. Sie dienen als Vorbilder und helfen auch beim Verteilen von Info-Broschüren.

Vorbild sein und verlässliche Informationen liefern

Kirgisistan DW Akademie | Constructive Journalism

Gulnara Baizakova, 36, hier mit dreien ihrer fünf Kindern. Sie führt einen kleinen Laden in Kazan-Kuigan.

Gulnara Baizakova, 36, betreibt einen der wenigen Läden im Dorf. Ihr Mann hat vor der Pandemie in einer Ziegelfabrik gearbeitet, züchtet jetzt aber Vieh. Beide spüren die finanziellen Auswirkungen der Pandemie. „Unser Laden war während des Lock-Downs geschlossen“, sagt Gulnara, „und die Ziegelfabrik ist es immer noch. Es war eine wirklich harte Zeit. Wir haben fünf Kinder und stehen ohne Geld da.“ Sie zögerte zunächst, sich impfen zu lassen, aber die freiwilligen Helfer erklärten ihr alles so gut, dass sie sich doch zu einer Impfung entschlossen hat.

Die älteren Menschen im Dorf und die Bewohnerinnen und Bewohner mit Gesundheitsproblemen müssen in der Pandemie besonders vorsichtig sein. Doch trotz der Bemühungen der ehrenamtlichen Helfenden, die den Dialog suchen und zur Impfung zu ermutigen, weigern sich einige der Dorfbewohner immer noch.

So wie die Familie Babayev: Kubanych Babayev ist 41 Jahre alt, und angesichts seines hohen Blutdrucks und der Schwangerschaft seiner Frau haben sie beschlossen, sich nicht impfen zu lassen. Für seinen 80-jährigen Vater, der vor der Pandemie einen Schlaganfall erlitten hatte, bedeutet das ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko.  

„Ich habe drei Söhne“, sagt Kubanych, “und der jüngste wurde vor drei Tagen geboren.“ Die Familie bezieht die meisten ihrer Informationen aus dem Internet. „Wir lassen nicht viele Leute in unser Haus, und wir wenden immer Hygienemaßnahmen an. Aber das Wichtigste ist, nicht in Panik zu geraten. Und wir wollen uns impfen lassen, sobald es mein Gesundheitszustand und der meiner Frau zulassen“, fügt er hinzu.

Nach Angaben der Johns Hopkins University haben sich 199.000 Menschen in Kirgisistan mit dem Coronavirus infiziert und 2.900 sind daran gestorben. Kazan-Kuigan hat 1.200 Einwohner, aber nur 420 wurden bisher geimpft. Im vergangenen Jahr starben zwei Dorfbewohner an COVID-19 und Dutzende erlitten schwere Komplikationen.

Dieses Projekt ist Teil der Initiative "Transparenz und Medienfreiheit - Krisenresistenz in der globalen Pandemie" der DW Akademie und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

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