Mit steigenden Infektionszahlen in Afrika häufen sich auch Fehl- und Desinformationen. Only Spreading Facts, eine neue Initiative der DW Akademie, unterstützt Partner mit zusätzlichen Ressourcen, um dagegen anzukämpfen.
Im ersten Jahr der Pandemie konnte Namibia die Infektionsrate noch unter Kontrolle halten. Im Juni schnellte die Zahl der Coronafälle jedoch von rund 300 auf über 2.500 pro Tag hoch. In der Spitze verzeichneten die Behörden täglich 70 Todesfälle. Dies führte zu einem weiteren landesweiten Lockdown und belastete das Gesundheitssystem des Landes schwer.
Auch in Nachbarländern wie Simbabwe, Malawi und Südafrika steigt die Zahl der Infektionen aktuell, wobei ein Großteil davon auf die hochansteckende Delta-Variante des Virus zurückzuführen ist. Diese dritte Welle war Auslöser für eine Flut von Fehl- und Desinformationen in sozialen Medien und Messaging-Apps. Thematisiert werden fragwürdige Behandlungs- und Heilmethoden oder die vermeintlichen Gefahren von Impfungen.
„Wir beobachten, dass viele Falschmeldungen über angebliche Heilmittel gegen das Virus in WhatsApp-Gruppen zirkulieren“, sagt Peter Deselaers, Program Director der DW Akademie für Namibia und das südliche Afrika. „Solche Informationen können natürlich gefährlich sein.“
Medien in Afrika, von denen viele ohnehin mit Einkommensverlusten durch die Pandemie zu kämpfen haben, konnten mit der Geschwindigkeit und der Menge an Fehl- und Desinformation nicht Schritt halten. Mit Unterstützung der DW Akademie haben Partnerorganisationen in ganz Afrika nun ihre Anstrengungen verstärkt, um der Flut von Falschnachrichten durch Trainings, Faktenchecks und Medienkompetenz-Programme entgegenzuwirken.
„Wir haben früh in der Pandemie erkannt, dass Fehl- und Desinformationen eine große Herausforderung für Medien in den betreffenden Ländern sein werden“, sagt Nina Noelle, Projektleiterin der DW Akademie für die Initiative Only Spreading Facts. Die Kampagne läuft derzeit in verschiedenen Ländern des Kontinents – in englischer und französischer Sprache. Sie wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert.
Inzwischen haben die Partner der DW Akademie kreative Methoden entwickelt, um die Öffentlichkeit aufzuklären und Fakten zu vermitteln. Diese können auch bei künftigen Krisen als Modell zur Bekämpfung von Desinformation eingesetzt werden.
„Leider können sich falsche oder irreführende Informationen in jeder Krise schnell verbreiten, nicht nur in der aktuellen Pandemie“, so Nina Noelle weiter.
Auch in Uganda gab es im besagten Zeitraum einen sprunghaften Anstieg der Infektionszahlen. Die Zahl der Neuinfektionen stieg von etwa 200 pro Tag auf über 1.700, während die Todesfälle von einigen wenigen auf über 80 täglich anstiegen. Erneut wurde ein Lockdown verhängt, denn nicht einmal ein Prozent der ugandischen Bevölkerung ist vollständig geimpft.
All das kam für das junge Team von „The Debunk Show“, das mit der Media Challenge Initiative, einem Partner der DW Akademie, zusammenarbeitet, nicht überraschend. Seit Beginn der Pandemie haben sie beobachtet, wie sich falsche und irreführende Informationen in den sozialen Medien Ugandas verbreiten.
„Die Leute sind bereit, alles zu posten, um Likes und YouTube-Views zu bekommen“, sagt Reagan Kiyimba, einer der Produzenten der Sendung. „Deshalb müssen wir schnell reagieren und eine Behauptung überprüfen, bevor sie sich überhaupt verbreitet. Wir wollen, dass unsere Fakten schneller zirkulieren als Fake News.“
Die Debunk Show produziert Videos, Audiobeiträge und Grafiken, die Gerüchte, Fake News und Desinformationen entlarven. Wie andere Partner der DW Akademie werden ihre Inhalte über Soziale Medien und auf Messaging-Plattformen verbreitet. Die Audiobeiträge werden außerdem von lokalen Radiosendern ausgestrahlt und teilweise in lokale Sprachen übersetzt.
Das Debunk-Team beschäftigt sich aber nicht nur mit der Pandemie. In der letzten Sendung wurde das Gerücht vom Tod des langjährigen Präsidenten Yoweri Museveni entkräftet. Das Gros der Themen betrafen aber zuletzt das Coronavirus, insbesondere Beiträge, die falsche Heilmittel anpriesen oder irreführende Behauptungen über Impfungen aufstellten. Wie sie herausfanden, ging es nicht immer um Leute, die absichtlich falsch informierten. Eine schlechte Kommunikation seitens der Regierung war auch ein entscheidender Faktor.
„Viele Menschen haben einfach Bedenken, wie sich der Impfstoff auf sie auswirken wird, besonders wenn sie Vorerkrankungen haben. Sie haben Fragen, und wir versuchen, die passenden Antworten zu recherchieren“, sagt Marion Apio, eine weitere Produzentin der Sendung.
Fragwürdige Behandlungsmethoden sind ein Thema. Viele Menschen in Namibia sprechen sich aber auch gegen den Einsatz von Impfstoffen zur Eindämmung des Virus aus. Ein Großteil dieses Diskurses läuft über Messaging-Apps und basiert auf Unwahrheiten und Fehlinterpretationen medizinischer Studien aus den USA und Europa.
Laut einer im Juni veröffentlichten AfroBarometer-Studie hat „eine Mehrheit der Namibierinnen und Namibier Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der Covid-19-Impfstoffe und glaubt, dass ein Gebet effektiver ist als Impfstoffe“, um eine Infektion zu verhindern. Nur etwa die Hälfte gibt an, dass sie sich impfen lassen würden. Bisher ist nur etwas über ein Prozent der Bevölkerung in Namibia vollständig geimpft.
„Covid-19 ist nach wie vor ein zentrales Thema, über das Falschinformationen geschaffen und verbreitet werden“, sagte Frederico Links, Redakteur von Namibia Fact Check, im Podcast Fact Talk. In diesem Format spricht die Organisation über Desinformation im Zusammenhang mit Covid-19, um Hörerinnen und Hörer vor Entscheidungen zu schützen, die ihrer Gesundheit schaden könnten.
„Da die Menschen weiterhin dieser Art von gesundheitsbezogener Desinformation ausgesetzt sind, ist für mich absehbar, dass dies künftig negative Auswirkungen auf die Gesundheit der Namibier haben wird“, fügte Links hinzu.
Namibia Fact Check ist ein Projekt des Institute for Public Policy Research (IPPR) und ein Partner der DW Akademie. Die Organisation veröffentlicht Berichte, die öffentliche Aussagen und Medienberichte über die Corona-Situation auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüfen. Die Organisation bietet Journalistinnen und Journalisten sowie anderen Faktencheckern, die über die Pandemie berichten, auch Tools und Unterstützung an. Die Audio-Podcasts werden zusätzlich auf WhatsApp gepostet, so dass sie leicht geteilt und über lokale Radiosender ausgestrahlt werden können.
Aufgrund der volatilen Situation vor Ort war es für traditionelle Medien teilweise schwer, belastbare Informationen über Impfstoffe und Behandlungsmethoden zu bieten. Laut Peter Deselaers haben viele Partner der DW Akademie verlässliche Hintergrundinformationen und ausführliche Antworten auf Fragen rund um Impfstoffe, Behandlungsmethoden und Vorschriften beigesteuert. Unabhängig vom Thema bleibt die Strategie dieselbe: so viele sachliche und verlässliche Informationen wie möglich über so viele Kanäle wie möglich in Sprachen zu verbreiten, die die Menschen verstehen.
„Wir versuchen, das System mit mehr zuverlässigen Informationen zu fluten, um die unseriösen Inhalte herauszuspülen“, sagt er.
Partner der "Only Spreading Facts" Initiative sind: Media Challenge Initiative (MCI), ORFED Mali, MISA Malawi, Namibia Fact Check, EMIvoire Centre ESD Côte d'Iviore, Kubatana Zimbabwe