Verlässliche Informationen, verbreitet von unabhängigen Medien, können Leben retten. Abseits des Mainstreams unterstützt die DW Akademie Organisationen, die diese auch in lokalen Sprachen zur Verfügung stellen.
Abaas Mpindi ist in diesen Tagen besonders beschäftigt. Der Leiter der ugandischen Medienorganisation Media Challenge Initiative (MCI) in Kampala hat viele Ehemalige des Ausbildungsprogramms für junge Medienschaffende versammelt. Das Ziel: die offiziellen Mitteilungen des ugandischen Gesundheitsministeriums zum neuartigen Coronavirus in möglichst viele lokale Sprachen zu übersetzen. Denn das Ministerium veröffentlicht die wichtigen Informationen über das Virus und die geeigneten Schutzmaßnahmen meist nur auf Englisch – und das, obwohl in Uganda rund 40 verschiedene Sprachen gesprochen werden.
Lingala, Ateso, Lusoga: Informieren heißt übersetzen
Vor allem die Menschen auf dem Land und in den Flüchtlingscamps, die kein oder nur wenig Englisch sprechen, bleiben außen vor. In einem Land wie Uganda, das trotz großer Fortschritte in der Bekämpfung der Armut immer noch zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt (LDC) gehört, das seit Jahren Flüchtlingsströme aus den Nachbarländern bewältigen muss und in dem viele verschiedene Nationen und Ethnien aufeinandertreffen, ist der Zugang zu verlässlicher Information in Krisenzeiten von besonderer Bedeutung. Denn wo Gerüchte und Falschinformationen kursieren, können Konflikte besonders leicht eskalieren.
Für die Übersetzung in lokale Sprachen arbeitet die ugandische Organisation MCI mit Muttersprachlern zusammen – auf freiwilliger Basis.
„Wir vertonen die offiziellen Informationen und stellen sie auf unserer Webseite und der Online-Plattform Soundcloud bereit. Wir wollen so viele Menschen wie möglich erreichen”, erklärt Abaas Mpindi. Lingala, Ateso, Lusoga, Langi, Kiswahili, Somali oder auch Arabisch: Über 15 lokale Sprachen sind so verfügbar und es sollen noch mehr werden. Dazu hat die MCI auch einen Aufruf gestartet, um noch mehr Freiwillige zu finden, die in weitere lokale Sprachen übersetzen. Verteilt werden die Audiofiles auch über Facebook und per Messengerdienst WhatsApp. Außerdem stellt sie die Organisation für lokale Radios zur Verfügung, die in den jeweiligen Sprachen der Region senden.
Mit der Social-Media-Kampagne #IWillStandIn soll auf die Herausforderung der journalistischen Arbeit während der Corona-Pandemie aufmerksam gemacht werden.
Die DW Akademie unterstützt die Medien-Nichtregierungsorganisation MCI seit 2017 beim Angebot einer praxisorientierten Journalistenausbildung. Dazu unterhält MCI beispielsweise ein Online-Ausbildungsradio. Das Programm haben Abaas Mpindi und seine Kolleginnen und Kollegen nun auf die Berichterstattung zum neuartigen Coronavirus und der von ihm verursachten Lungenkrankheit Covid-19 fokussiert. Sie haben auch die Social-Media-Kampagne #IWillStandIn zur Unterstützung des Journalismus in der Krise gestartet und Informationen für Journalistinnen und Journalisten zusammengefasst, wie sie in der Pandemie geschützt ihrer Arbeit nachgehen können.
Mexiko: Regionalität schafft Relevanz
In Mexiko veröffentlicht Periodistas de a Pie, einer der Projektträger der DW Akademie, täglich einen Newsletter zum Coronavirus und Covid-19. Die Berichte von zwölf lokalen Medien, die zum Netzwerk der Organisation gehören, vermitteln einen regionalen Überblick: Welche Bundesstaaten schließen die Grenzen? Wie sind die indigenen Communities betroffen? Wie geht es der lokalen Wirtschaft? Was geschieht mit den Wanderarbeiterinnen und -arbeitern, mit den Migrantinnen und Migranten im Land? Das sind die Fragen, die die Menschen konkret vor Ort bewegen – und die Medien des Netzwerks versuchen, darauf Antworten zu finden.
Indigene Gemeinschaften wie die in Chiapas/Mexiko profitieren von Informationen über das Coronavirus in ihrer Muttersprache.
Seit Kurzem produzieren zwei der Medien Texte und Audioclips in indigenen Sprachen, um auch nicht-spanischsprachige oder zweisprachige Gemeinschaften über die Pandemie zu informieren. Die knappen Audioformate erreichen sie über Messengerdienste wie Telegram oder WhatsApp. Indigene Gemeinschaften wie die Wixárikas im Nordwesten des Landes oder die Maya-Völker im Hochland des südlichen Bundesstaates Chiapas sind aufgrund der schlechten Wasserversorgung und fehlenden Zugangs zu Gesundheitsdienstleistungen besonders den Gefahren durch das Coronavirus ausgesetzt. Zudem sind Lungenvorerkrankungen, die den Verlauf von Covid-19 verschlimmern, gerade dort verbreitet, wo die Menschen über offenem Feuer kochen und täglich Rauch einatmen.
Auch die in einigen indigenen Gemeinschaften verbreiteten Erkrankungen Diabetes und Übergewicht erhöhen das Risiko für die Betroffenen. Aufklärung über Schutzmaßnahmen wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und die besondere Gefährdung der Alten und Kranken durch das Virus ist daher gerade in indigenen Sprachen wie Wixárika, Tseltal, Tsotsil oder Chol überlebenswichtig.
Information gegen die Angst vor Stigmatisierung
Die Audiofiles, die die Medien Perimetral und Chiapas Paralelo produzieren, haben auch präventiven Charakter: Aufgrund der besonderen Sozialstrukturen und Traditionen vieler indigener Gemeinschaften sorgen Angst und Falschinformationen über das Virus bereits jetzt für Verwerfungen und Konflikte – mit dramatischen Folgen. So nahm sich Mitte April in einer indigenen Community im Südosten Chiapas ein auf das neue Coronavirus positiv Getesteter das Leben. Er hatte Sorge von seiner Gemeinschaft verstoßen zu werden. Die Audios versuchen, in diesen sensiblen Kontexten aufzuklären und das soziale Gefüge zusammen zu halten.