Bangladesch: Den Teufelskreis der schlechten Nachrichten durchbrechen | Asien | DW | 27.07.2022
  1. Inhalt
  2. Navigation
  3. Weitere Inhalte
  4. Metanavigation
  5. Suche
  6. Choose from 30 Languages

Asien

Bangladesch: Den Teufelskreis der schlechten Nachrichten durchbrechen

Korruption, Verbrechen, Religionskonflikte – in Bangladesch gibt es genug Probleme, über die die Medien berichten. Die DW Akademie unterstützt konstruktiven Journalismus im Land – und setzt damit auf Lösungen.

In den Straßen werden Kokosnüsse verkauft, die Dächer der Häuser glänzen rot in der Sonne, der Putz ist noch frisch. Für die meisten Menschen, die das noch junge Viertel bewohnen, ist es ihr erstes richtiges Zuhause. Die einfachen Häuser stehen auf dem Gebiet einer ehemaligen illegalen Siedlung. Errichtet wurden sie von der Regierung, die damit die große Armut der Bewohnerinnen und Bewohner mildern und ihnen ein Leben in Rechtsicherheit ermöglichen will – ohne die ständige Angst vor Vertreibung. Das ist eine gute Nachricht, über die Channel I, einer der größten Fernsehsender Bangladeschs, da berichtet – gut für Bangladesch, das so auch gegen Kriminalität ankämpft, gut für die Menschen ohne eine legale Bleibe, für die hier Siedlungen errichtet werden.

Hafsa Hossain, die verantwortliche Redakteurin des Beitrags, ist stolz auf die Arbeit ihres Teams. Hafsa Hossain ist 42 Jahre alt, eher introvertiert und sehr gewissenhaft – und sie weiß, worüber die Mainstream-Medien in Bangladesch sonst bevorzugt berichten: Skandale aus Politik und Wirtschaft etwa, oder Missgunst und Hass zwischen den Religionen ihres Landes – immer nach dem Motto „bad news is good news“.

Bangladesch Redakteurin Hafsa Hossain bei der Arbeit

Redakteurin Hafsa Hossain bei der Arbeit

In der Pandemie wurde jedoch nur allzu deutlich: Permanente Schreckensmeldungen führen beim Publikum zu einer Resignation, gar zu einer Vermeidung von Nachrichten – und das in einer Zeit der Krise, in der die Menschen verlässliche Informationen umso dringender benötigen. Wenn die Medien also nur über das berichten, was nicht funktioniert, wenn negative Schlagzeilen dominieren, dann mögen die Einschaltquoten kurzfristig steigen – irgendwann wenden sich die Menschen von den Medien ab und trauen sich und ihrem Land kaum noch etwas zu.

Aus diesem Grund unterstützt die DW Akademie in Bangladesch Journalistinnen und Journalisten wie Hafsa Hossain darin, nach den Prinzipien des Konstruktiven Journalismus zu arbeiten, einer Form des Journalismus, die auf das Erzählen von Lösungen setzt – und auf die inspirierende Kraft dahinter. 

Bangladesch Ideathon zu Constructive Journalism an der Universität Chittagong

An zwei Tagen trafen sich über 200 Menschen an der Universität Chittagong

Ideen mit langem Atem – der „Ideathon“ der DW Akademie 

Hafsa Hossain ist eine von zehn Journalistinnen und Journalisten, die im vergangenen November in einem Training der DW Akademie das Handwerkszeug des Konstruktiven Journalismus erlernt haben. Im Frühjahr 2022 reisten dann aus dem ganzen Land Journalistinnen und Journalisten nach Chittagong, in die Hafenstadt am Golf von Bengalen, um am Ideen-Marathon der DW Akademie, dem „Ideathon“, teilzunehmen.

An zwei Tagen trafen sich über 200 Menschen an der Universität: Journalistinnen und Journalisten der wichtigsten Medien des Landes, Studierende, Verantwortliche von lokalen Medien. „Der Journalismus, den wir betreiben, ist oft zu oberflächlich“, schildert Hafsa Hossain ihre Erfahrung beim Ideathon. „Dabei ist es so wichtig, gründlich zu recherchieren und kreative Lösungen aufzuzeigen.“ Die Menschen ins Gespräch bringen, Zwischentöne hörbar machen und mögliche Lösungen für die dargestellten Probleme anschaulich und beflügelnd schildern – das sind Grundprinzipien des Konstruktiven Journalismus. Wenn die Menschen immer nur hören, was schlecht ist in der Welt, werden sie, wie Studien zeigen, nicht nur apathisch und unpolitisch, sie werden auch empfänglich für Populismus, der ihre Ängste noch schürt.

Bangladesch DW Akademie Trainer und Project Manager Fahmim Ferdous

DW Akademie Trainer und Project Manager Fahmim Ferdous mit Teilnehmenden des Ideathons zu Constructive Journalism an der Universität Chittagong in Bangladesch

Auch Konstruktiver Journalismus ist kritisch und investigativ. Doch die Grundfrage lautet: „Wie kann es besser werden?“ In Chittagong haben die Teilnehmenden daher auch gelernt, eigene kreative Ideen zu entwickeln: Antworten auf die realen Sorgen und Herausforderungen der Menschen in Bangladesch. Als Journalistin will Hafsa Hossain Teil der Lösung sein, nicht Teil des Problems.  

Kleine Schritte – große Wirkung  

Bei Channel I setzt Hafsa Hossain seit dem Training der DW Akademie ihre Kolleginnen und Kollegen auf Geschichten an, die Mut machen. Doch auch wenn die Reporterinnen und Reporter und selbst ihre Vorgesetzen begeistert mitziehen – einfach ist es nicht immer. „Wir arbeiten unter extremem Zeitdruck, wir sind zu wenige – und die Lösungen, um die es geht, müssen wir erstmal finden und natürlich gründlich recherchieren“, berichtet Hafsa Hossain. Konstruktiver Journalismus, so fasst sie ihre Erfahrungen zusammen, bedeutet vielleicht manchmal mehr Arbeit – doch der Aufwand zahlt sich aus. Die Nutzenden-Zahlen steigen – und die Menschen fassen Hoffnung, statt zu resignieren. Deshalb wird die Initiative der DW Akademie zum Konstruktiven Journalismus in Bangladesch fortgesetzt.  

 

Dieses Projekt ist Teil der Initiative „Transparenz und Medienfreiheit – Krisenresilienz in der globalen Pandemie“ der DW Akademie und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). 

Die Redaktion empfiehlt