Umweltjournalistinnen und -journalisten leben gefährlich. Doch in Anbetracht der sich beschleunigenden Klimakrise ist ihre Arbeit wichtiger denn je.
Eine saubere und gesunde Umwelt ist eine Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Menschenrechten wie dem Recht auf angemessene Nahrung und angemessenes Wohnen, weniger offensichtlichen Rechten wie der Freizügigkeit und schließlich dem Recht auf Leben. Darüber hinaus wird zunehmend anerkannt, dass eine intakte Umwelt auch ein Menschenrecht an sich ist: Im vergangenen Jahr erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen das Menschenrecht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt.
Obwohl die Resolution nicht rechtsverbindlich ist, kann sie dennoch als Bezugspunkt für die Menschenrechts- und Klimabewegung dienen. Menschenrechtskataloge sind nicht in Stein gemeißelt, sondern entwickeln sich durch den internationalen Menschenrechtsdiskurs weiter und müssen auf aktuelle Herausforderungen reagieren – und der Klimawandel ist die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts.
Doch Regierungen kommen ihrer Verantwortung für den Klimaschutz nicht ausreichend nach. Trotz der neuen Resolution gelangt Amnesty International zu dem ernüchternden Schluss, dass „die Klimamaßnahmen der Regierungen nach wie vor völlig unzureichend sind“.
Dem Umweltjournalismus kommt eine zentrale Rolle bei der effektiven Umsetzung der Menschenrechte zu. Gefragt sind vor allem unabhängige Informationen, verlässliche Fakten und ein konstruktiver Dialog. Die Bedeutung des Zugangs zu Informationen wird auch in der UN-Resolution hervorgehoben: „In der Erkenntnis, dass die Ausübung der Menschenrechte, einschließlich des Rechts, Informationen zu suchen, zu erhalten und weiterzugeben, auf Regierungshandeln Einfluss zu nehmen, sich in öffentlichen Angelegenheiten zu beteiligen und einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen, für den Schutz einer sauberen, gesunden und nachhaltigen Umwelt von entscheidender Bedeutung ist.“
Journalistinnen und Journalisten können bei der Bekämpfung der Desinformation über den Klimawandel eine wichtige Rolle spielen, insbesondere in einer Zeit, in der der Aufstieg autoritärer Regime die Leugnung von Wissenschaft und damit auch des Klimawandels verstärkt. Doch die Sicherheit von Medienschaffenden bleibt ein großes Problem. Umweltjournalistinnen und -journalisten sind ernsthaften Bedrohungen ausgesetzt, wie im Fall der Ermordung des britischen Journalisten Dom Phillips in Brasilien im vergangenen Jahr. Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen wurden in den letzten fünf Jahren mindestens zehn Umweltjournalistinnen und -journalisten ermordet.
Klimajournalistinnen und -journalisten berichten nicht nur über die Klimakatastrophe, sondern auch über Klimaaktivismus und bieten eine Plattform für zivilgesellschaftliches Engagement. Weltweit, von Finnland über Indien bis Ägypten, gestalten Umweltschützerinnen und -schützer den Klimaschutz und werden dabei auf die eine oder andere Weise bedroht. Viele wurden verhaftet, verletzt und sogar getötet. Untersuchungen von Global Witness zeigen, dass in den letzten zehn Jahren alle zwei Tage ein Mensch getötet wird, der sich für den Land- und Umweltschutz engagiert – was mehr als 1.700 Opfern entspricht. Die meisten von ihnen waren Indigene, die meisten davon in Lateinamerika, wie eine DW-Analyse zeigt.
Ein Mitglied der Vereinigung der indigenen Völker Brasiliens (APIB) hält ein Plakat mit Abbildungen des britischen Journalisten Dom Phillips (re.) und des brasilianischen Indigenen-Experten Bruno Pereira, die im Juni 2022 in Brasilien ermordet wurden.
In der UN-Resolution wird betont, dass die Folgen von Umweltschäden „am stärksten von Frauen und Mädchen und denjenigen Bevölkerungsgruppen zu spüren sind, die sich bereits in einer gefährdeten Situation befinden, darunter indigene Völker, Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen“. Das Recht auf eine intakte Umwelt ist vor allem für marginalisierte Gruppen, die am stärksten von der Klimakrise betroffen sind und gleichzeitig die geringste Verantwortung dafür tragen, von großer Bedeutung. Umso wichtiger ist es, dass Gruppen wie indigene Völker und lokale Gemeinschaften geschlechtersensibel an den Entscheidungsprozessen der internationalen Klimapolitik beteiligt werden. Lokale Medien sind dabei ein wichtiges Instrument, um ihren Stimmen Gehör zu verschaffen.
So wie die Klimakrise keine Grenzen kennt, ist internationale Solidarität erforderlich, um regionale Umweltprobleme im Sinne der lokalen Bevölkerung und ihrer Bedürfnisse zu lösen. Hier kommt die Entwicklungszusammenarbeit ins Spiel, und die Gefährdung von Medienschaffenden und Aktivistinnen und Aktivisten verdeutlicht die Bedeutung der Medienentwicklung für die effektive Förderung des Umweltjournalismus.
Die Medienentwicklung ist ein entscheidender Faktor für den Entwicklungspfad Lateinamerikas. Das Escazú-Abkommen aus dem Jahr 2018, um ein Beispiel zu nennen, gilt als Meilenstein für die Gewährleistung des Rechts auf Zugang zu Umweltinformationen und die Beteiligung an umweltpolitischen Entscheidungen, aber bisher haben es noch nicht alle Länder unterzeichnet. Deshalb brauchen wir Ansätze zur Medienentwicklung, die unter anderem globale Recherchenetzwerke, Schulungen zur Sicherheit von Medienschaffenden und Lobbyarbeit für die Ratifizierung von Umweltabkommen umfassen.
Die Reichweitensteigerung des investigativen Umweltjournalismus geht weit über den Mediensektor hinaus, sie wirkt sich auf alle Ebenen der Gesellschaft positiv aus: Er schärft das öffentliche Bewusstsein, um Desinformation entgegenzuwirken, macht Aktivismus sichtbar, um Klimaschützerinnen und -schützer zu schützen, deckt Umweltverbrechen auf, um Regierungen und Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen und übt Druck auf die Politik aus, um Einfluss auf die Lobbyarbeit zu gewinnen. Umweltjournalismus macht die Zusammenhänge zwischen Menschenrechten und Umweltschutz deutlich und dient als praktisches Beispiel für die Bildung für nachhaltige Entwicklung, die in der Agenda 2030 als Ziel festgelegt ist.