Philippinische Jugendliche sind viel im Internet unterwegs. In einem neuen Projekt der DW-Akademie lernen sie, Fakten von Fiktion zu unterscheiden.
"Kleine Dinge können eine große Wirkung haben", sagt Nur-Saleha Dadayan selbstbewusst. Die Dozentin für Kommunikation und Medien an der Mindanao State University in Marawi City auf den Philippinen spricht während eines Trainings der DW Akademie über ihre Arbeit. "Ich will gegen Desinformation vorgehen, und aktiv nach der Wahrheit suchen", sagt sie. "Jedes Mal, wenn ich etwas sehe, das nicht den Fakten entspricht ist, werde ich recherchieren, dann online gehen und den Leuten sagen: Nein, das ist nicht wahr. Das habe ich mir vorgenommen."
Dadayan ist eine von 15 Jugendleitern aus Mindanao, die in dem Workshop erfuhren, wie man Desinformation effektiv erkennen und dagegen vorgehen kann. Sie und die anderen Teilnehmenden lernten auch, wie sie dieses Wissen an Gleichaltrige in umliegenden Gemeinden weitergeben können.
"Mein Umfeld denkt, dass Desinformation sie nicht betrifft", sagt Dadayan. "Aber dieses Training hat uns gezeigt, wie wir das ändern und unsere Communities aktiver und bewusster im Umgang mit Medien machen können, anstatt passive Opfer von Desinformation zu sein."
Der Workshop ist Teil des neuen Projekts "Gemeinsam gegen Desinformation: Verlässliche Fakten und neue Konzepte", das vom Auswärtigen Amt (AA) gefördert wird. Es basiert auf der Erkenntnis, dass Medien- und Informationskompetenz (MIL) zur Resilienz gegen Desinformation beiträgt. Das Trainingsprogramm richtet sich an Leiter von Jugendorganisationen aus Luzon und Mindanao auf den Philippinen und an Jugendliche aus Indonesien und Malaysia. Der Schwerpunkt liegt auf der Abwehr von Desinformation. Im Workshops erhalten Teilnehmende aber auch Tipps zum sicheren Umgang mit dem Internet.
"Das Projekt zielt darauf ab, das Vertrauen in Qualitätsmedien in diesen Ländern zu stärken", sagt Deborah Urban, die das Projekt für die DW Akademie leitet. Sie betont, dass es wichtig sei, eng mit erfahrenen Partnern vor Ort zusammenzuarbeiten, wie auch mit den Mitarbeitenden der Deutschen Welle. "Sie kennen die Situation vor Ort und haben gute Kontakte zu lokalen Jugendorganisationen."
Auf den Philippinen kooperiert die DW Akademie mit dem philippinischen Nachrichtenportal Rappler und deren Fact-Checking-Initiative #FactsFirstPH, um die viertägigen Präsenztrainings zu organisieren.
In einem Interview mit der DW Akademie erklärt die Rappler-Geschäftsführerin und Friedensnobelpreisträgerin, Maria Ressa, dass internationale Zusammenarbeit wichtig sei, um Desinformation weltweit zu bekämpfen.
"Alle Nachrichtenunternehmen stehen auf der gleichen Seite“, sagte sie. „Der Konflikt besteht zwischen faktenbasierten, auf Standards und Ethik basierenden Informationen und Lügen und emotionaler Manipulation."
Sie verweist auf Studien, die zeigen, dass sich Lügen in den sozialen Medien sechsmal schneller verbreiten als Fakten. "Wenn man [Desinformation] mit Angst, Wut und Hass verbindet, wird sie sich noch schneller verbreiten", so Ressa.
Maria Ressa, Geschäftsführerin von Rappler und Friedensnobelpreisträgerin, setzt auf internationale Zusammenarbeit, um Desinformationen weltweit zu bekämpfen.
Genau auf diese toxische Mischung will das Projekt "Gemeinsam gegen Desinformation" aufmerksam machen. Darüber hinaus fördert es den Austausch zwischen jungen Mediennutzern und professionellen Medienschaffenden.
"In diesem Programm kommen Vertreter der Zivilgesellschaft, Wissenschaftler und Medienschaffende zusammen, um die massiven Folgen von Desinformation auf lokaler Ebene zu identifizieren", so Urban. "Dies ermöglicht es Journalistinnen und Journalisten, die Informationsbedürfnisse und das Nutzungsverhalten der jungen Generation besser zu verstehen. Gleichzeitig erfahren Jugendliche, wie professionelle Journalisten arbeiten und wie sich faktenbasierter, ethischer Journalismus von der Informationsflut unterscheidet, mit der sie in den sozialen Medien konfrontiert werden."
Nach den Gesprächsrunden und Workshops arbeiten die Teilnehmenden selbst als MIL-Trainer und geben das gewonnene Wissen und ihre Erfahrung an junge Menschen in ihren Organisationen und Communities weiter. Sie entwickeln auch MIL-Kampagnen für ihre Zielgruppen in den sozialen Medien.
Im Uhrzeigersinn von oben links: Farhana Makol, Abdul Hafiz Malawani, Jene-Anne Pangue, Ghandamra Mae Burungawan, Lovely Gil Malupa, während eines Trainings in Cagayan de Oro auf den Philippinen.
Ein weiterer Workshop-Teilnehmer, Justin John Nagac, der für das MASS-SPECC Cooperative Development Center arbeitet, berichtet von seinen persönlichen Erfahrungen mit Online-Desinformation. "Ich habe erlebt, wie unsere Mitglieder, unsere Mitarbeitenden und unsere Büros Opfer von Betrügereien wurden, die auf Desinformation beruhten", sagt er. "Das ist besonders schlimm, weil unsere Mitglieder meist aus marginalisierten Gruppen kommen. Sie haben kaum genug Geld, um über die Runden zu kommen". Die Schulung könne seiner Community helfen, Desinformationen, vor allem in den sozialen Medien, leichter zu erkennen.
Die Workshops sind für philippinische Jugendliche besonders wichtig. Sie machen fast 30 Prozent der Gesamtbevölkerung aus und verbringen nach Angaben von Experten vergleichsweise viel Zeit im Internet.
"Ich hoffe, dass wir durch Schulung der Ausbilder und durch den Fokus auf die Jugend ein Gefühl von Gemeinschaft und Vertrauen wiederherstellen können", sagt Maria Ressa, "und das Gefühl, dass wir gemeinsam etwas verbessern können. Sie müssen die Welt, die wir kaputt gemacht haben, wieder in Ordnung bringen."
Rappler ist Partner der DW Akademie auf den Philippinen für die interaktiven MIL-Workshops zur Schulung junger Menschen in Südostasien. Das Projekt, „Gemeinsam gegen Desinformation: Verlässliche Fakten und neue Konzepte“ wird vom Auswärtigen Amt (AA) gefördert.