kulturweit: Salteñas, Sorojchi und Seilbahnen | Start | DW | 18.02.2016
  1. Inhalt
  2. Navigation
  3. Weitere Inhalte
  4. Metanavigation
  5. Suche
  6. Choose from 30 Languages

Start

kulturweit: Salteñas, Sorojchi und Seilbahnen

Die kulturweit-Freiwillige Maria Claudia Hacker taucht in den Alltag in der Großstadt La Paz ein und erfährt so, was die Menschen und die Politik in Bolivien bewegt.

kulturweit Bolivien Freiwilligendienst

Maria Hacker (5. v.l.) fühlt sich sehr wohl mit ihren Kolleginnen und Kollegen der Fundación para el Periodismo (FPP)

Acht Uhr morgens an einem Samstag. Ich befinde mich auf einem Friedhof in La Paz, neben mir wird ein Mann geschminkt - Vorbereitungen für einen Kurzfilm zum Thema Machismo, also Machismus, - eine Last, mit dem die bolivianische Gesellschaft nach wie vor zu kämpfen hat. Als eine der Darstellerinnen bin ich mittendrin.

Ja, auch Schauspielern, eine meiner Leidenschaften, gehört zu den vielfältigen Tätigkeiten im Rahmen meines Freiwilligendienstes, den ich über die DW Akademie in Bolivien absolviere. So kann ich eine mir noch fremde Kultur von innen heraus kennenlernen, durch Reisen allein könnte ich das nie erreichen. Das war es, was mich motivierte, mich bei kulturweit, dem Freiwilligendienst der deutschen UNESCO-Kommission e.V. zu bewerben. Durch kulturweit wollte ich einen Perspektivenwechsel erfahren - abseits des Hörsaals - und praktische Erfahrungen im Journalismus sammeln.

kulturweit Bolivien Freiwilligendienst

Mit DW Akademie Kollegin Camilla Hildebrand (rechts) besuchte Maria ein Community Radio in El Alto

Denn wenn ich nicht gerade auf einem Friedhof bei Dreharbeiten schauspielere, verfasse ich Pressemitteilungen und Artikel über die aktuellen Herausforderungen der Stadt La Paz, aber auch über meine persönlichen Erlebnisse. Diese Texte werden auf der Homepage und in der stiftungseigenen Zeitschrift "La Paz Cómo Vamos" (La Paz, wie geht es uns?) der Journalismusstiftung Fundación para el Periodismo (FPP) veröffentlicht. Die FPP ist meine Einsatzstelle und es hat mich positiv überrascht, dass dort alle meine Kollegen und Kolleginnen aus Bolivien sind. „Klasse! So werd ich den bolivianischen Geist noch viel schneller antreffen, “ freute ich mich.

Potpourri der Eindrücke

Außerdem unterstütze ich das Team der FPP tatkräftig bei der Organisation und Durchführung der zahlreichen Veranstaltungen, wie Weiterbildungen und Workshops für Journalisten, die hier stattfinden. Und bei so vielen Veranstaltungen kann es dann dazu kommen, dass mir der Bürgermeister, Luis Revilla, persönlich die Hand schüttelt. Ansonsten habe ich viel Kontakt mit Journalisten, die sich bei der FPP weiterbilden wollen – in diesem Bereich kooperiert die DW Akademie sehr eng mit der FPP. Den einen oder anderen renommierten Journalisten Lateinamerikas durfte ich auch schon bei Workshops kennenlernen, etwa Olga Lucía Lozano, Gründerin der kolumbianischen Plattform für Journalismus abseits des Mainstream, La Silla Vacía, oder Santiago Radice, Social Media-Redakteur beim bonaerensischen Clarín.

Ich hatte ebenfalls die Gelegenheit eine Kollegin der DW Akademie, Camilla Hildebrandt, bei einem Radio-Workshop in El Alto zu begleiten. Hieraus entstand der Kontakt zu lokalen Radiosendern, und einige Wochen später saß ich bereits bei Radio Atipiri als „Gast des Tages“ am Mikro.

kulturweit Bolivien Freiwilligendienst

Redaktionskonferenzen, Organisationsplanung im Team

Bewegter Alltag in La Paz

So abwechslungsreich wie meinen Alltag empfinde ich auch Bolivien als ein Land der Kontraste. Gegensätzliche Landschaften, in den großen Städten gehen Tradition und Moderne nahtlos ineinander über. Vier Monate lebe ich nun schon in La Paz, der weltweit höchsten Regierungsstadt, auf 3.600 Metern Höhe. Und während ich die ersten Wochen noch mit der Höhenkrankheit Sorojchi zu kämpfen hatte, erklimme ich mittlerweile die steilsten Straßen souverän und flotten Schrittes, ganz wie eine echte paceña. Und doch bin ich es nicht. Das wird mir beim Busfahren, Einkaufen und auch beim salteña-Essen bewusst. Diese mit Fleisch und Suppe befüllten Teigtaschen machen es dem Ungeübten aber auch wirklich nicht leicht, sie unfallfrei zu verzehren

Bolivien befindet sich derzeit in einer bedeutenden Phase: Im Streit mit Chile um einen souveränen Zugang zum Meer hat der Internationale Gerichtshof die chilenische Klage im September abgewiesen und wird diesen Fall nun selbst entscheiden. Ein Siegeszug für die Bolivianer, den große Teile der Bevölkerung mit der Verbreitung des Hashtags #MarParaBolivia feiern.


kulturweit Bolivien Freiwilligendienst

Filmdreh für eine Reportage zum Thema "Machismo": Maria Hacker ist eine der Darstellerinnen

Doch der bolivianische Alltag ist nicht nur von Erfolgen gezeichnet: In La Paz häufen sich die Streiks der Minibus-Fahrer, die um höhere Tarife kämpfen. Seit etlichen Jahren wurden die Fahrpreise nur geringfügig angehoben. An den Streiktagen sind die sonst so chaotischen Straßen von La Paz wie leergefegt. In einer aktuellen Bürgerbefragung zur Lebensqualität in La Paz, wurden die fehlende Sicherheit und der Verkehr als die zwei größten Herausforderungen genannt. Doch in beiden Bereichen sind bereits positive Entwicklungen zu verzeichnen: Die städtische Seilbahn, der Teleférico, die nun ihr einjähriges Bestehen feiert, ist sehr beliebt und ihr Liniennetz, das derzeit aus drei Linien besteht, soll in Zukunft um drei weitere ausgebaut werden. Für mehr Sicherheit sorgen als Zebra verkleidete, freundlich winkende Menschen, und auch Polizisten geleiten Fußgänger sicher über die meist befahrenen Straßen. Auch eine Touristenpolizei-Hotline wurde eingerichtet.

Meine freie Zeit hier in La Paz war bisher rar. Das liegt allerdings an der glücklichen Tatsache, dass mir bereits in meiner zweiten Woche hier die Ehre zuteil wurde, am dritten Modul des Journalismus-Masters teilnzunehmen, den die FPP organisiert – eine Qualifizierung in Online-Journalismus. Und so bin ich die ersten drei Monate von Montag bis Freitag nach der Arbeit fleißig zur Uni gegangen, nur zwei Häuserblocks von der FPP entfernt und habe dort eine ganze Menge gelernt: über den Ursprung des Internets, Netzsicherheit, den Aufbau von Systemen und darüber, wie man soziale Netzwerke effizient nutzt. Durch den Kurs, die Arbeit und den Kurzfilmdreh auf dem Friedhof, bin ich sehr freundlichen und interessanten Menschen begegnet und fühle mich mittlerweile halbwegs angekommen in dieser aufregenden Stadt. Und schon bald wird der Tag kommen, an dem ich meine erste salteña essen werde, ohne dabei zu kleckern...

Die Redaktion empfiehlt

WWW-Links

  • Datum 18.02.2016
  • Autorin/Autor Maria C. Hacker
  • Drucken Seite drucken
  • Permalink https://p.dw.com/p/1HcHy
  • Datum 18.02.2016
  • Autorin/Autor Maria C. Hacker
  • Drucken Seite drucken
  • Permalink https://p.dw.com/p/1HcHy