27 Bürgerradios beantragen derzeit neue Frequenzen. Künftig sollen Community Medien ein Drittel der Sender ausmachen. Damit werden sie für mehr Pluralität in der ecuadorianischen Medienlandschaft sorgen.
2013 verabschiedete Regierung Correas ein neues Mediengesetz. Seit April 2016 gibt es Radiofrequenzen für Bürgerradios
Casa San Patricio in Cumbayá, vor den Toren Quitos: Während die Sonne schon um 8 Uhr morgens heiß auf das Pflaster vor dem Tagungshaus knallt, sitzen Vertreter von 27 Bürgerradios an langen Tischen in einem abgedunkelten Raum. Die aufgeklappten Laptops tauchen den Raum in bläuliches Licht. Auf den Bildschirmen leuchten Excel-Tabellen und Online-Formulare. Wilson Tituaña erläutert den Teilnehmern, wie die Tabellen auszufüllen sind. Tituaña ist Finanzfachmann des Community Medien-Netzwerks CORAPE.
Die hier versammelten Vertreter der Lokalradios bereiten sich auf den vielleicht tiefgreifendsten Umbruch der ecuadorianischen Medienlandschaft in den vergangenen Jahrzehnten vor. Vor knapp drei Jahren hatte die Regierung per Gesetz verfügt, dass die Radio- und TV-Frequenzen künftig zu je einem Drittel gleichmäßig auf kommerzielle und öffentliche Anbieter sowie auf Bürgermedien verteilt werden sollen. Lange war jedoch unklar, wann die Regierung die Vergabe ausschreiben würde. Am 12. April 2016 gab die staatliche Medienregulierungsbehörde ARCOTEL endlich bekannt, dass insgesamt 1400 Frequenzen zur Ausschreibung stehen. Die Bewerbungsfrist endet am 15. Juni.
Kommunikation demokratisieren
Die umfangreichen Unterlagen sind in zwei Workshops sowie einem auf jeden der 27 Sender individuell zugeschnittenen Beratungsprozess erarbeitet worden. Die DW Akademie unterstützt diesen Prozess, der den Projektträger CORAPE als Kompetenzzentrum für den Community Medien in Ecuador positioniert. Die DW hat daher auch die Finanzierung der Workshops sowie das Honorar für eine externe Beraterin übernommen. Damit leisten wir einen entscheidenden Beitrag zur Stärkung von CORAPE als Interessenvertreter der Bürgerradios. Medienexpertin Mabel Calvache, die die Radios individuell beraten hat, ist sich sicher, dass alle Sender die Anforderungen erfüllen und künftig als anerkanntes Community Radio den Bürgern in den entlegenen ländlichen Gebieten Ecuadors eine Stimme verleihen werden.
So umstritten das Mediengesetz der Regierung Correa auch ist, die Stärkung der Community Medien ist ein Beitrag zur Demokratisierung der Kommunikation in Ecuador. Jetzt kommt es darauf an, das Gesetz mit Leben zu füllen und vor allem, die Bürgerradios professionell, finanziell und technologisch fit zu machen. Die nicht profit-orientierten Sender verstehen sich als Sprachrohr ihrer Communities und tragen entscheidend zur Bekräftigung der kulturellen Identität bei. Bürgermedien haben eine lange Tradition im Kampf um Bürgerrechte für die indigene Bevölkerung in Lateinamerika. Gerade in polarisierten und zentralisierten Medienmärkten, wie in Ecuador, stellen diese Graswurzel-Radios ein wichtiges Gegengewicht zu den Mainstream-Medien dar.
Das verheerende Erdbeben im Frühjahr 2016, das über 400 Todesopfer forderte, verdeutlichte erneut, dass den Bürgerradios in ländlichen Gemeinden eine herausragende Bedeutung zukommt. Sie sind in den zu großen Teilen zerstörten Küstengemeinden oft die einzige Verbindung zur Außenwelt. Über das Netzwerk CORAPE ist es möglich, Informationen über die Lage vor Ort auszutauschen, den Bedarf an Hilfsgütern und Nothilfe zu ermitteln und die Bevölkerung mit Informationen zu versorgen.