"Es ist unsere Pflicht, auch unter schwierigen Umständen weiterzumachen" | Nahost/Nordafrika | DW | 27.04.2018
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Nahost/Nordafrika

"Es ist unsere Pflicht, auch unter schwierigen Umständen weiterzumachen"

Mousa Rimawi, Journalist und Menschenrechtsaktivist, ist ein unermüdlicher Lobbyist für Meinungs- und Pressefreiheit. In den Palästinensischen Gebieten kämpft er für Professionalisierung und Schutz von Journalisten.

Mousa Rimawi ist Mitbegründer des Palestinian Center for Development and Media Freedoms. Vorher gab es keine Organisation, an die wir uns mit unseren Problemen hätten wenden können oder die unsere Interessen vertreten hätte.

Mousa Rimawi ist Mitbegründer des Palestinian Center for Development and Media Freedoms. "Vorher gab es keine Organisation, an die wir uns mit unseren Problemen hätten wenden können oder die unsere Interessen vertreten hätte."

MADA wurde 2006 als Nichtregierungsorganisation von palästinensischen Bürgerjournalisten gegründet und setzt sich für Meinungs- und Medienfreiheit sowie freien Zugang zu Informationen ein. Die DW Akademie unterstützt die NGO vor allem bei der Sensibilisierungsarbeit zum 2017 verabschiedeten Electronic-Cybercrime-Gesetz. MADA ist in den palästinensischen Gebieten aktiv und dokumentiert dort Verstöße gegen Meinungs- und Pressefreiheit, sowohl von israelischer wie auch von palästinensischer Seite.

Seit 2010 bietet MADA zudem eine kostenlose Rechtsberatung und Hilfe bei Gerichtsterminen für Journalisten an. Zusätzlich führt die Organisation Workshops und Trainings zu Themen wie Selbstzensur und Medienrecht durch. Ein aktuelles Projekt richtet sich gezielt an Frauen im Journalistenberuf. Im Jahr 2016 erhielt MADA einen besonderen Beraterstatus im Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (ECOSOC).

Mousa Rimawi (untere Reihe, zweiter von links), nach einem Workshop für Journalistinnen in Palästina. Rimawi ist Mitbegründer und Direktor des Palestinian Center for Development and Media Freedoms (MADA) in Ramallah

Mousa Rimawi (untere Reihe, zweiter von links), nach einem Workshop für Journalistinnen in Palästina.

Der Journalist und Menschenrechtsaktivist Mousa Rimawi ist Mitbegründer und Direktor des Palestinian Center for Development & Media Freedoms (MADA) in Ramallah und Chefredakteur des Magazins "MADA Al-Elam". 

Mousa Rimawi berichtet von seinen Erfahrungen als Journalist in den palästinensischen Gebieten. 

"Ich bin palästinensischer Journalist und arbeite seit vielen Jahren für die Printmedien. Den größten Teil meines Lebens habe ich unter Besatzung verbracht: Ich war zehn Jahre alt, als Israel im Juni 1967 das Westjordanland und den Gazastreifen besetzte.

Wir palästinensischen Journalisten wurden bei unserer Berichterstattung schon immer behindert, beobachtet und verfolgt. Unter diesem Druck begannen wir, uns selbst zu zensieren. Als es immer häufiger zu Übergriffen kam, hatte ich die Idee, zusammen mit Kollegen und Freunden ein Zentrum für Medien- und Meinungsfreiheit zu gründen. Vorher gab es keine Organisation, an die wir uns mit unseren Problemen hätten wenden können oder die unsere Interessen vertreten hätte. Seit dem ersten Tag bin ich der Direktor von MADA und kann mit Stolz sagen: Wir sind zwar nur ein kleines Team, aber mit unserer Entschlossenheit und unserem Engagement haben wir uns zu einer führenden Medien- und Menschenrechtsorganisation in Palästina entwickelt. Auch auf regionaler und internationaler Ebene sind wir mittlerweile sehr angesehen.

Mousa Rimawi berichtet über Verstöße gegen die Presse- und Meinungsfreiheit in Palästina, sei es von israelischer oder palästinensischer Seite. Mousa Rimawi Palestinian Center for Development and Media Freedoms (MADA) in Ramallah

Mousa Rimawi berichtet über Verstöße gegen die Presse- und Meinungsfreiheit in Palästina, sei es von israelischer oder palästinensischer Seite.

„Die Trauer der Angehörigen ließ mich die ganze Nacht nicht schlafen“

In meinem Journalistenleben habe ich oft über lokale Ereignisse berichtet, insbesondere auch über Menschenrechtsverletzungen. Die schwierigsten Momente meiner Karriere waren immer die, in denen ich Familien befragen musste, deren Angehörige gerade ermordet worden waren. Ich bin selbst verheiratet und Vater einer Tochter und von drei Söhnen. Einer der schlimmsten Tage war für mich der Tod des Reuters-Kameramanns Fadel Shanaa 2008 in Gaza. Wir wollten ausführlich darüber berichten, deshalb rief ich einen Verwandten von ihm an, der zufällig auch Journalist ist. Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs war er bei Shanaaas Familie. Während er mir alle wichtigen Informationen zum Mord durchgab, hörte ich die ganze Zeit im Hintergrund das verzweifelte Weinen von Fadel Shanaas Verwandten. Die Trauer der Angehörigen konnte ich einfach nicht vergessen: Sie ließ mich die ganze Nacht nicht schlafen.

Schwierig war es auch während der Operation "Protective Edge" im Sommer 2014, als bei einem israelischen Angriff 17 Journalisten und Medienschaffende im Gazastreifen getötet wurden. Wir haben so viele Kollegen in so kurzer Zeit verloren. Das war einfach schrecklich. Einen von ihnen, Ali Abu Afash, hatte ich nur wenige Monate vorher auf einer Konferenz außerhalb Palästinas getroffen. Er war ein junger Journalist mit  großen Träumen und Ambitionen.

Mousa Rimawi ist Mitbegründer und Direktor des Palestinian Center for Development and Media Freedoms (MADA) in Ramallah.

"Wir sind zufrieden und auch stolz, dass wir es immer wieder schaffen, Tausende von Verstößen gegen Journalisten und die Medien im In- und Ausland aufzudecken", sagt Mousa Rimawi.

„Nur wenn wir die Meinungsfreiheit stärken, kann sich unsere Gesellschaft weiter entwickeln“

Meine Kollegen und ich sind oft verzweifelt und traurig, insbesondere wenn wir wieder einen Kollegen verlieren, so wie vor kurzem den Journalisten Yaser Murtaja, der von den aktuellen Protesten  im Gazastreifen berichten wollte. Trotzdem: Wir glauben immer noch, dass wir es den Menschen hier schuldig sind, auch unter diesen schwierigen Umständen weiterzuarbeiten. Nur wenn wir die Meinungsfreiheit stärken, kann sich unsere Gesellschaft wirklich weiter entwickeln – das ist unsere feste Überzeugung

Wir sind zufrieden und auch stolz, dass wir es immer wieder schaffen, Tausende von Verstößen gegen Journalisten und die Medien im In- und Ausland aufzudecken. Durch unsere Arbeit haben wir viele zivilgesellschaftliche Organisationen, Journalisten und Aktivisten ermutigt, sich stärker für die Meinungsfreiheit einzusetzen. Deshalb unterstützen wir auch immer wieder regionale und internationale Kampagnen für die Meinungsfreiheit."

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