Ein Besuch im Käseparadies
Es stinkt gewaltig in dem kleinen Laden in der Seidengasse Nummer 1. Doch der begehbare Humidor in Zürich ist ein Paradies für alle, die Käse lieben. Hunderte Sorten stehen zur Auswahl.
Ein Besuch im Käseparadies
Es stinkt gewaltig in dem kleinen Laden in der Seidengasse Nummer 1. Doch der begehbare Humidor in Zürich ist ein Paradies für alle, die Käse lieben. Hunderte Sorten stehen zur Auswahl.
„Seidengasse Nummer 1“: Diese Züricher Adresse hat für Käseliebhaberinnen und Käseliebhaber einen unwiderstehlichen Klang. Denn dort befindet sich im Kellergeschoss des Traditionswarenhauses Jelmoli ein kleiner Laden. Nicht irgendein Laden, nein: Es handelt sich um einen begehbaren Käse-Humidor – das bedeutet, das hier Käse bei hoher Luftfeuchtigkeit gelagert wird. Wohl nirgends in der Schweiz dürfte es so sehr stinken wie an diesem Ort, meinen manche Leute. Andere finden wiederum, dass es himmlisch duftet. Ladenchef Wolfgang Scheid hat sich längst an den Geruch gewöhnt:
„Also, ich rieche es nach den Ferien fünf Minuten, wenn ich mal zwei Wochen weg war. Aber sonst jeden Morgen, ich rieche es gar nicht.“
Der aus Bayern stammende Wolfgang Scheid leitet den Laden, die Pilgerstätte Pilgerstätte, -n (f.) hier: ein Ort, zu dem jemand sich begibt, weil er etwas Besonderes anbietet schlechthin schlechthin überhaupt, ohne Einschränkung, an sich für Käseliebhaber. Das Besondere ist das Klima, das dort – dank Kühlung und Luftbefeuchtung– herrscht:
„Das ist bei 15 Grad, 94 Prozent Luftfeuchtigkeit, der optimale Raum für einen Käse zum Reifenlassen.“
Ein wichtiger Prozess während der Herstellung ist die Reifung des jungen Käses. Bei Weichkäse sind das mehrere Tage bis Wochen, bei Schnitt- und Hartkäse mehrere Monate bis sogar Jahre. Damit sich der Geschmack richtig entwickeln kann, ist das richtige Klima im Reifekeller extrem wichtig. Das Licht im Humidor ist gedämpft. Einzelne Spots Spot, -s (m.) hier: eine Lampe, deren Lichtstrahl auf einen Punkt konzentriert wird lenken den Blick auf die goldschimmernden, runden Käselaibe Laib, -e (m.) ein rundes und ganzes Stück Käse oder Brot , die offen in großen Holzregalen vor Wänden aus Tuff Tuff, -e (m.) ein leichtes vulkanisches Gestein mit winzigen Öffnungen (Poren) stein lagern. Die Auswahl an Sorten ist überwältigend: vom halbharten Ziegen-Traum bis hin zur Fondue-Mischung ist hier für jeden Geschmack etwas dabei. Die Zahl der angebotenen Sorten variiert variieren sich ein wenig unterscheiden , sagt Wolfgang Scheid:
„Circa 300 bis 350, je nach Saison. Im Winter ein bisschen mehr und sonst so im Sommer 250 bis 300.“
Der Großteil des Käses im Humidor stammt aus der Schweiz – und da vor allem aus zwei Dutzend Dutzend, -e (n.) eine Menge von zwölf; im Plural: sehr viele Käsereien im Raum Zürich, die ihre Produkte unter dem Namen „Natürli“ vermarkten. Der Name der Name ist Programm redensartlich für: der Name ist kennzeichnend für etwas/jemanden „Natürli“ ist Programm der Name ist Programm redensartlich für: der Name ist kennzeichnend für etwas/jemanden , betont eine Unternehmenssprecherin:
„Es ist uns wichtig, dass wir regionale Milch in unserem Käse verarbeiten. Die Kühe werden nicht mit Silo Silo, -s (m./n.) eine Art Turm/ein Speicher, in dem man eine große Menge von etwas lagert (z. B. Getreide) -Futter gefüttert, das heißt, sie fressen Gras und Kräuter und Heu im Winter. Und uns ist auch wichtig, dass die Transportwege kurz sind, das heißt, die Milch kommt wirklich im Umkreis von wenigen Kilometern zu uns, wird frisch verarbeitet – und so entsteht ein frischer und natürlicher Käse.“
Wobei Frische bei Käse ja relativ relativ hier: von einem bestimmten Standpunkt aus betrachtet zutreffend, aber letztendlich nur eingeschränkt gültig ist, denn er erhält erst durch lange Lagerung die richtige Reife, so Wolfgang Scheid:
„Der älteste, den ich habe, ist jetzt sechs Jahre zum Beispiel. Das ist so eine Art Sbrinz Sbrinz (m., nur Singular) ein harter bis extraharter Käse aus der Schweiz . Den haben wir mit vier Jahren bekommen, und ich habe ihn noch zwei Jahre bei mir im Humidor gelagert.“
Weniger Jahre auf dem Buckel haben (ein paar) Jahre auf dem Buckel haben umgangssprachlich für: im reifen Alter sein; im fortgeschrittenen Alter die Weichkäse, die in hell erleuchteten Kühltheken liegen – mit gelblicher Rinde oder mit weißem Schimmel. Einige haben Schwierigkeiten, in Form zu bleiben. Doch das ist gar nicht schlimm. Ganz im Gegenteil, erklärt Wolfgang Scheid.
„Der darf laufen laufen hier: fließen (bei weichem Käse) , der muss auch laufen. Also unsere Kundschaft hat’s gern, wenn er richtig wegfließt am Teller. So hat er das volle Aroma, oder?!“
Die Preise für die Gaumenfreuden Gaumenfreude, -n (f.) etwas, das sehr gut schmeckt in dem kleinen Laden, der sich im teuersten Einkaufsviertel der Stadt nahe der Bahnhofstraße befindet, liegen weit über Supermarktniveau. Doch nicht alles ist so kostspielig wie der teuerste Käse im Sortiment:
„Pecorino Pecorino (m., nur Singular) ein kräftig schmeckender, aus Italien stammender Hartkäse aus Schafsmilch mit weißem Trüffel Trüffel, - (f. oder m.) ein essbarer Pilz, der unter der Erde wächst , der ist 145 Franken das Kilo.“
Umgerechnet also etwa 130 Euro. Wer leistet sich so etwas? Da hält sich sich bedeckt halten umgangssprachlich für: sich zu etwas nicht äußern, seine Meinung für sich behalten der „Käsekönig“ bedeckt sich bedeckt halten umgangssprachlich für: sich zu etwas nicht äußern, seine Meinung für sich behalten . Einige Feinschmecker kämen extra aus Süddeutschland nach Zürich angereist – oder gar von noch weiter her:
„Wir sind halt doch in Zürich, Bahnhofstraße, der teuerste Fleck auf der Erde vom Mietpreis her. Und von dem her ist hier alles da – auch ausländische [Kundinnen und Kunden]. Sie haben dann ihren Privatjet am Flughafen stehen. Das heißt, sie können kistenweise Käse mitnehmen. Und da macht es das schon spannend, solche Sachen zu verkaufen.“
Den Käse, der übrigens immer am Stück und nicht in Scheiben verkauft wird, genießt man, so rät Wolfgang Scheid, am besten mit Wein. Allerdings ist seiner Meinung nach nicht jeder Tropfen geeignet:
„Der Rotwein macht den Käse eigentlich kaputt. Ich bin mehr für den Weißwein, den typisch Schweizer fruchtig- knackigen knackig hier: kraftvoll und erfrischend Weißwein dazu. Süßwein, Dessertwein so etwas – oder Champagner passt hervorragend.“
Früher galt: Rotwein passt am besten zu Käse. Diese alte Regel ist passé sein vorbei sein, vergangen sein inzwischen passé passé sein vorbei sein, vergangen sein . Und: Nicht jeder Wein passt zu jeder Käsesorte. So harmonieren Käse und Wein aus der gleichen Region gut miteinander. Auch passen milde Käsesorten gut zu mildem Wein, kräftige, pikante pikant hier: gut gewürzt , lange gereifte Sorten zu geschmacksintensivem Wein. Das kann dann auch mal eine sehr süße Sorte sein, die am Ende einer Mahlzeit zum Dessert oder zum Käse wie beispielsweise einem Blauschimmelkäse Blauschimmelkäse, - (m.) ein halbfester Käse, dem besondere, essbare Schimmelpilze zugesetzt werden gereicht wird. Eine Faustregel bei der Verbindung Käse und Wein gibt es aber: Ein Wein darf niemals den Geschmack eines Käses überlagern etwas über|lagern hier: etwas überdecken . Bei einem teuren Pecorino mit weißem Trüffel wäre eine Sünde sein hier: sehr schade sein; nicht richtig sein das doch eine Sünde eine Sünde sein hier: sehr schade sein; nicht richtig sein !
Ein Besuch im Käseparadies
Pilgerstätte, -n (f.) — hier: ein Ort, zu dem jemand sich begibt, weil er etwas Besonderes anbietet
schlechthin — überhaupt, ohne Einschränkung, an sich
Spot, -s (m.) — hier: eine Lampe, deren Lichtstrahl auf einen Punkt konzentriert wird
Laib, -e (m.) — ein rundes und ganzes Stück Käse oder Brot
Tuff, -e (m.) — ein leichtes vulkanisches Gestein mit winzigen Öffnungen (Poren)
variieren — sich ein wenig unterscheiden
Dutzend, -e (n.) — eine Menge von zwölf; im Plural: sehr viele
der Name ist Programm — redensartlich für: der Name ist kennzeichnend für etwas/jemanden
Silo, -s (m./n.) — eine Art Turm/ein Speicher, in dem man eine große Menge von etwas lagert (z. B. Getreide)
relativ — hier: von einem bestimmten Standpunkt aus betrachtet zutreffend, aber letztendlich nur eingeschränkt gültig
Sbrinz (m., nur Singular) — ein harter bis extraharter Käse aus der Schweiz
(ein paar) Jahre auf dem Buckel haben — umgangssprachlich für: im reifen Alter sein; im fortgeschrittenen Alter
laufen — hier: fließen (bei weichem Käse)
Gaumenfreude, -n (f.) — etwas, das sehr gut schmeckt
Pecorino (m., nur Singular) — ein kräftig schmeckender, aus Italien stammender Hartkäse aus Schafsmilch
Trüffel, - (f. oder m.) — ein essbarer Pilz, der unter der Erde wächst
sich bedeckt halten — umgangssprachlich für: sich zu etwas nicht äußern, seine Meinung für sich behalten
knackig — hier: kraftvoll und erfrischend
passé sein — vorbei sein, vergangen sein
pikant — hier: gut gewürzt
Blauschimmelkäse, - (m.) — ein halbfester Käse, dem besondere, essbare Schimmelpilze zugesetzt werden
etwas über|lagern — hier: etwas überdecken
eine Sünde sein — hier: sehr schade sein; nicht richtig sein