Die Bevölkerung Kambodschas wächst, und fast die Hälfte ist jünger als 25 Jahre. In Medienkompetenzprojekten lernen Jugendliche, Desinformation zu erkennen und sich am öffentlichen Diskurs zu beteiligen.
Wie viele junge Menschen auf der ganzen Welt ist auch Duch Utdom mit dem Internet und den sozialen Medien aufgewachsen. Mit Leichtigkeit findet er sich im Netz zurecht. Seine Online-Aktivitäten beeinflussten auch seine Entscheidung für ein Studium der Internationalen Beziehungen an der Paññasastra-Universität in Kambodscha, wo er seit 2018 studiert.
Doch irgendwann kam Utdom der Gedanke, dass das, was er online sah und las, möglicherweise nicht real war und auch nicht unbedingt der Wahrheit entsprach. Das bestätigte sich, als er an einem Campus Media-Kurs teilnahm, der von der DW Akademie in Zusammenarbeit mit dem Cambodian Center for Independent Media (CCIM) und der Europäischen Union organisiert wurde.
Campus Media mag wie ein Einführungskurs klingen, doch die Studierenden lernen hier viel über den Umgang mit und den Zugang zu Informationen – insbesondere was Mechanismen der Desinformation anbelangt. Teilnehmende erfahren auch, wie sie in der Praxis eigene Medieninhalte für traditionelle und soziale Medien produzieren. Das Programm steht 80 Studierenden - mehrheitlich von der Paññasastra-Universität - bis Ende 2022 offen.
"Vor dem Kurs wusste ich oft nicht, wie ich das einordnen sollte, was ich in den sozialen Medien sah oder hörte", sagt Utdom. "Mitunter habe ich nur den Titel eines Beitrags gelesen und ihn sofort geteilt, ohne ihn zu überprüfen. Heute weiß ich, dass ich dieses Verhalten ändern muss, weil es nicht nur Auswirkungen auf mich hat, sondern auf die Gesellschaft als Ganzes."
Nach Abschluss der Schulung produzierte Utdom ein Video über die Auswirkungen von Handynutzung bei jungen Menschen. Diese Erfahrung hat ihn nachhaltig beeindruckt, weswegen er sich nun selbst zum Trainer ausbilden lässt.
Die Bevölkerung und die Wirtschaft Kambodschas sind in den vergangenen Jahren schnell gewachsen. Viele ländliche Gebiete sind aber nach wie vor verarmt, und junge Menschen fühlen sich hier oft vom öffentlichen Leben und dem gesellschaftlichen Diskurs ausgeschlossen. Da fast die Hälfte der Bevölkerung jünger als 25 Jahre ist, ist die Beteiligung junger Menschen an den gesellschaftlichen Fragen und an demokratischen Prozessen des Landes wichtig für die Zukunft Kambodschas.
Chenda Horn, eine Trainerin von Campus Media, die auch als Social Media Officer und Trainerin für Bürgerjournalismus beim CCIM tätig ist, sagt, dass junge Kambodschanerinnen und Kambodschaner in der Schule nur wenig Anleitung zum Umgang mit Medien erhalten und daher meist nicht in der Lage sind, Desinformation zu erkennen.
Als eines der Problemfelder bezeichnet sie die Tatsache, dass "es oft keine eindeutige Quelle für das gibt, was online veröffentlicht wird". Sie berichtet, dass einige ihrer Auszubildenden später selbst als Reporter oder in anderen medienbezogenen Berufen arbeiten.
Die DW Akademie und das CCIM kooperieren auch bei einem anderen Projekt zu Media and Information Literacy (MIL) in Kambodscha: den Media 101 Clubs, die sich an kambodschanische Studierende richten, die Online- und soziale Medien intensiv nutzen.
Die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderten Media 101 Clubs "geben den Studierenden die Möglichkeit, zu diskutieren, voneinander zu lernen und Medienprodukte wie Fotos und Videos zu produzieren", berichtet Thorsten Karg, ein Projektleiter der DW Akademie für Kambodscha. "Die Schüler mögen diesen praktischen Ansatz."
Der Lehrplan des MIL-Clubs umfasst 20 Sitzungen von jeweils 90 Minuten und deckt verschiedene Aspekte der traditionellen und sozialen Medien ab. Seit 2018 haben sieben Gruppen – insgesamt über 130 Studierende - die Schulungen durchlaufen.
Lida Art, die zum sechsten Jahrgang von Media 101 gehört, sagt, dass während ihrer Schulzeit in der ländlichen kambodschanischen Provinz Kandal weder Technologie- noch Medienkompetenz vermittelt wurde. Beides hätte ihr dabei geholfen zu verstehen, wie wichtig Sicherheit im Netz ist.
"Ich habe mir jetzt einige Strategien angeeignet, um herauszufinden, ob das, was ich lese, wahr ist", sagt sie. "Ich überprüfe das Datum und die Seriosität des Textes, zum Beispiel ob der Autor die fünf Ws (wer, was, wo, wann und wie) berücksichtigt hat. Außerdem weiß ich jetzt mehr über den Schutz vor Hackern, über die Aktualisierung meiner Accounts zum Schutz der Privatsphäre und auch wie ich mich ansonsten im Netz sicher bewegen kann."
Ähnlich äußert sich Sea Vannary, eine weitere Teilnehmerin des Medienkurses. Sie sei jetzt wachsamer, wenn sie online ist, und überprüfe das Datum der Veröffentlichung eines Artikels, die Autorinnen und Autoren, die Art, wie sie die Geschichte strukturiert haben und den Schreibstil. Außerdem achte sie sorgfältig auf grammatikalische Fehler. Da sie sich für Fotografie interessiert, hat ihr der Kurs auch geholfen, ihre eigenen fotografischen Fähigkeiten zu verbessern.
"In dem Training habe ich gelernt, wie man eine optimale Kameraeinstellung wählt", sagt sie. "Ich habe auch gelernt, wie man mit Videos gute Geschichten erzählt. Medien können uns eine Menge über das Leben lehren."