Afrika haben Kinogänger außerhalb des Kontinents selten "auf dem Schirm". Die DW Akademie unterstützt afrikanische Filmemacherinnen und Filmemacher. Einer der Spielfilme ging sogar ins Rennen um den Auslands-Oscar 2018.
"Der Druck war unglaublich. Alle müssen auf Zack sein und als Team funktionieren", erinnert sich Barbara Minishi. Als Art Director beim Spielfilm "Something Necessary" (2013) hatte sie am Set alle Hände voll zu tun: "Was braucht der Beleuchter, der Regisseur? Was funktioniert beim Dreh? Du musst alles zusammen bringen."
"Something Necessary" entstand im Rahmen einer Kooperation der DW Akademie in Kenia und Tom Tykwers Produktionsfirma One Fine Day Films. Seit 2013 unterstützen sie afrikanische Filmemacherinnen und Filmemacher mit dem Projekt "FilmAfrica!" dabei, ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Europäische Profis stehen den Filmschaffenden dabei als Mentoren zur Seite. Sie lernen, nach internationalen Standards zu produzieren; die Filme werden anschließend weltweit vermarktet.
Oscar-Rennen und Berlinale-Wettbewerb
Zwei Filme aus dem Projekt stellen sich in diesem Jahr den Fachjurys: Der sechste und neueste Film aus den kenianischen Workshops, "Supa Modo", nimmt im Februar in der Reihe "Generation" am Berlinale-Wettbewerb 2018 teil.
Kenia hatte im Januar den Spielfilm "Kati Kati" ins Rennen um den Oscar für den besten fremdsprachigen Film 2018 geschickt. Beim Filmfestival in Toronto 2016 überzeugte "Kati Kati" bereits: Er wurde mit dem renommierten Discovery Award der International Federation of Film Critics ausgezeichnet.
Erfolgreiches Konzept: Filme aus, nicht über Afrika
Tom Tykwer ist von der Resonanz überwältigt: "Ich glaube, einige Filme wurden von deutlich mehr Menschen gesehen als alle meine Filme. Weil der Kontinent gierig ist nach subjektiver Stimme."
Die "subjektive Stimme" der afrikanischen Filmemacherinnen und Filmemacher sei auch interessant für das Kinopublikum weltweit, so Tykwer, der bei der Produktion des Films "Nairobi Half Life" (2012) selbst als Mentor in Kenia war.
"Es ist endlich mal ein Film, der regionale Themen ernst nimmt und sich auch mit Dialekten und sehr spezifischen Voraussetzungen dieser Region beschäftigt. Der gleichzeitig darin so genau ist, sich aber auch bemüht darin unterhaltsam und aufregend zu sein. Das ist genau das, was alle auf der Welt sehen wollen."
"Nairobi Half Life" erzählt die Geschichte eines jungen Schauspielers, der sich in der Millionenmetropole Nairobi durchschlagen muss und gleichzeitig versucht, seinen Traum zu verwirklichen. Der Film wurde in Kenia zum Kassenschlager.
Die angehenden Filmemacherinnen und Filmemacher werden in allen Bereichen einer Spielfilmproduktion geschult: von Location Scouting über Kostüm bis hin zu Nachbearbeitung und Regie. Kenntnisse und berufliche Qualifikation, die die ostafrikanische Filmindustrie dringend braucht.
Die in den gemeinsamen Spielfilm-Projekten Ausgebildeten sind heiß begehrt und haben gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Bilanz von "FilmAfrica!" kann sich sehen lassen: Bis Anfang 2018 wurden mehr als 1000 Menschen aus 18 afrikanischen Ländern geschult, davon fast die Hälfte Frauen. Fünf Spielfilme wurden veröffentlicht, der sechste feiert im Februar auf der Berlinale Weltpremiere. Zusammen haben die Filme bisher mehr als 50 Preise gewonnen – nationale und internationale.
"Ich bin Filmproduzentin!"
Zweites Schwerpunktland in der Förderung von Filmschaffenden ist Ruanda. Das "Rwanda Media Project", initiiert von Oscar-Gewinner Volker Schlöndorff, bietet zwei Ausbildungen. In Film-Masterclasses, durchgeführt von Schlöndorffs Europäischem Filmzentrum Babelsberg, entwickeln angehende ruandische Filmemacher gemeinsam mit deutschen Mentoren Produktionen für Kino und Web.
Die DW Akademie bildet zusammen mit einer ruandischen Berufsschule Mediengestalter nach dem deutschen dualen Modell aus – einzigartig in Subsahara-Afrika. 12 junge Menschen haben die zweijährige Ausbildung bereits absolviert; mehr als die Hälfte von ihnen bekamen noch während der Ausbildung Jobangebote. 70 Filmemacherinnen und Filmemacher haben die Masterclasses belegt.
Teilnehmerin Liane Mutaganzwa hat dadurch eine neue berufliche Perspektive gewonnen: "Ich hatte keine Ahnung, wie man Filme produziert, Regie führt, ein Drehbuch einreicht. Aber jetzt kann ich einen Film pitchen, ich kann Drehbuchideen oder ein Exposé schreiben. Und ich kann Regie führen." Als ob sie es nicht glauben könnte, fügt sie hinzu: "Ich bin Filmproduzentin!"
Die Filme im Überblick
Seit 2013 arbeitet die DW Akademie mit One Fine Day Films. Das gemeinsame Projekt "FilmAfrica!" wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt.
Dieser Artikel wurde aktualisiert: Der Spielfilm "Kati Kati" wurde nicht auf die am 23.01.18 veröffentlichte, finale Liste der Nominierten für die Oscars 2018 aufgenommen.