Wie objektiv ist die Berichterstattung über die Terror-Miliz IS? Welche Unterschiede gibt es in der internationalen Presse? Das untersuchte Nurzakiah Ahmad, IMS-Studentin, für ihre Masterarbeit.
Kein Tag vergeht, an dem die Abkürzungen ISIS, IS, ISIL nicht in den Schlagzeilen stehen. Mal betitelt als "Terroristen", mal als "Feinde des Islams": Von Unterstützung von Militäreinsätzen bis hin zur Angst vor islamischem Terror - laut Nurzakiah Ahmad, Studentin des Masterprogramms International Media Studies, nehmen Medienberichte recht unterschiedliche Positionen ein.
BBC, CNN, Al Jazeera und Russia Today - das sind die vier Sender, die Sie analysiert haben. Warum gerade diese?
Nurzakiah Ahmad: CNN und BBC repräsentieren die westliche Perspektive. Ich habe Al Jazeera und Russia Today ausgewählt, weil sie im globalen Nachrichtenangebot dazu eine entgegengesetzte Rolle einnehmen. Für meinen Vergleich habe ich Online-Nachrichten statt der Fernseh-Berichterstattung untersucht, da diese für fast alle Menschen frei zugänglich sind. Sie richten sich an ein weites Publikum und sind nicht an einen Sendeplan gebunden. Ich habe dafür 30 zufällig ausgewählte Online-Nachrichtenartikel von jedem Sender analysiert.
Und was haben Sie herausgefunden?
Wenn es beispielsweise um die Militäreinsätze gegen den IS geht, rechtfertigen CNN und Russia Today die jeweilige Entscheidung ihres Landes und schildern die Luftangriffe sehr positiv. In Hinblick auf den globalen Informationsfluss haben Al Jazeera und Russia Today definitiv den Anspruch, der Hegemonie der westlichen Medien entgegenzuwirken. Wenn es allerdings über den IS grausame Übergriffe gegen Zivilisten geht, dann berichten alle vier Webseiten gleich.
Würden Sie so weit gehen, zu sagen, die Berichterstattung über den IS ist ein Mittel, um für die jeweilige Außenpolitik zu werben?
Ja, das stimmt. Ich habe die Nachrichtenartikel über die von den US-geführten Koalitionstruppen, den irakischen Militäraktionen, den Peshmerga-Kämpfern, die Unterstützung Großbritanniens und Australiens und die Beteiligung des Irans hinsichtlich ihrer Erzählweise untersucht. CNN, obwohl nicht vom Staat finanziert, zielt darauf ab, sein Publikum zu überzeugen, dass der US-Militäreinsatz der richtige Weg sei, um den IS zu bekämpfen. Für mich soll so der Medienkonsument mit der US-Außenpolitik vertraut gemacht werden. Russia Today hingegen schien kein Interesse daran zu haben, über die Luftangriffe zu berichten - bis Russland dann im September 2015 seine eigenen Angriffe durchführte. Das anfängliche Desinteresse von Russia Today kann man damit erklären, dass Russland nicht Teil der US-geführten Militärkampagne war.
Sie haben auch die humanitären Aspekte in den IS-Berichten analysiert. Glauben Sie, die Sender versuchen uns auch auf emotionaler Ebene zu beeinflussen?
Das würde ich schon behaupten. Als ich die Berichte über die gekidnappten Westler und die irakischen oder syrischen Zivilisten, die vor dem IS fliehen, verglichen habe, ist mir aufgefallen, dass alle Berichte Sympathie für die Opfer hervorrufen. In den Berichten über die Enthauptung der britischen und amerikanischen Entwicklungshelfer David Heines und Peter Kassig haben die Webseiten der Sender beide Männer als gute und wohltätige Menschen beschrieben. In den Berichten über die geflüchteten Zivilisten haben die vier Sender die mühselige Flucht, die schlechten Bedingungen in den Flüchtlingslagern und die Gefühle der Geflüchteten gegenüber dem IS thematisiert.
Wenn der Kampf gegen den Terror auch ein Informationskrieg ist, wie können wir dann noch objektive Informationen über dem IS bekommen?
Ich kann jetzt keinen Nachrichtensender nennen, den ich als objektiv ansehen würde. Aber heutzutage hat ein Großteil von uns Zugang zu einem breitem Angebot an Online-Nachrichten und Informationen. Ich kann nur raten, Nachrichten von verschiedenen Medien zu lesen, und somit die Geschehnisse aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.
Die 28-jährige Nurzakiah Ahmad aus Jakara hat 2013-2015 an International Media Studies teilgenommen, dem Masterprogramm der DW Akademie. Ihre Masterarbeit schrieb sie zu dem Thema: "Das Programm internationaler Rundfunksender: Eine komparative Studie zur Berichterstattung über den Islamischen Staat." Sie arbeitet jetzt als Radioproduzenten bei Voice of Indonesia, dem internationalen Rundfunksender von Radio of the Republic of Indonesia (RRI).