Viele Menschen in Südsudan haben keinen Zugang zu Nachrichten. Das soll sich bald ändern. Patrick Leusch, Leiter Internationale Kooperationen, berichtet über den Beitrag der DW Akademie zum Medienaufbau im Land.
Die Republik Südsudan ist noch keine zwei Jahre alt - wie schätzen Sie die Mediensituation in dem neu gegründeten Staat ein?
Patrick Leusch: Das Land ist sehr groß, und die Bevölkerung sehr verstreut. Gleichzeitig haben die Medien im Land eine noch sehr geringe Reichweite, insbesondere außerhalb der Hauptstadt Juba. Auch das Angebot ist begrenzt: Es gibt ein paar Zeitungen und ein paar Radiosender hier und da, die bislang noch sehr stark von der internationalen Gemeinschaft und deren Auftrag nach Friedenssicherung getragen werden. Genau so wie der gesamte neue Staat Süd-Sudan gerade aufgebaut wird, wird auch die Medienlandschaft letztendlich neu aufgebaut.
Wie unterstützt die DW Akademie die Medienentwicklung?
Zum einen unterstützt die DW Akademie den technischen Ausbau der Kommunikationskanäle, zum anderen trägt sie zur Professionalisierung der Journalisten und Medienverantwortlichen bei. Im Auftrag des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) bauen wir gemeinsam mit anderen Partnerorganisationen einen Radiosender nach öffentlich-rechtlichem Vorbild im größten Mitgliedsstaat des Südsudans, Jonglei State, auf. Dazu führen wir momentan Bedarfsanalysen ("audience research") in den elf Provinzen von Jonglei durch. Wie werden Medien genutzt? Was möchten die Menschen hören, und wie soll das neue Programm aussehen? Später werden Trainings für das Personal und Beratungen für das Management des neuen Senders folgen. Es ist ein sehr umfangreiches, sehr ambitioniertes Anliegen.
In einem anderen Projekt trainiert die DW Akademie Radio- und Fernsehjournalisten aus verschiedenen Landesteilen in regionaler Berichterstattung. Deren Berichte sollen vermehrt dem Hauptprogramm in der Hauptstadt Juba zufließen, um auch die Nachrichtenlage in abgelegenen Regionen abzubilden.
Wie muss man sich den Medienaufbau konkret vorstellen?
Wir werden innerhalb eines Jahres ein komplettes Programm für den neuen Radiosender erstellen. Die Nachrichten sollen von Bor aus über dreizehn Sendeanlagen, die derzeit in Betrieb genommen werden, über UKW ausgestrahlt werden. Dadurch entsteht ein Netzwerk, mit dem erstmals Menschen erreicht werden, die bisher keinen Zugang zu Radiosendungen hatten. Beratungen auf politischer Ebene ergänzen die Arbeit: Wir beraten die Regierung von Jonglei State in der Mediengesetzgebung, um ein öffentlich-rechtliches System zu stärken. Unsere gesamte Arbeit in Südsudan ist im Ansatz und im Anspruch konfliktsensitiv: Sie soll einen stabilisierenden Effekt auf die Gesellschaft haben.
Welche besonderen Herausforderungen gibt es vor Ort?
Es gibt große logistische Herausforderungen: Es gibt kaum Straßen, entfernte Landesteile sind teilweise nur per Flugzeug zu erreichen. Der Transport des Equipments dauert sehr lange, und sobald die Regenzeit einsetzt, können wir uns nicht mehr außerhalb von Jongleis Hauptstadt Bor fortbewegen. Hinzu kommt, dass es nur begrenzt Strom und Internet gibt. Nicht zuletzt ist die Sicherheitslage eine Herausforderung: Es gab in den letzten Monaten vermehrt Konflikte zwischen Land- und Viehbauern, die teilweise auch religiös aufgeladen werden. Jonglei State ist die größte aber auch die unruhigste Provinz in Südsudan. Für einen Staat, der gerade erst entsteht, eine Herausforderung. Das Radio, dass wir aufbauen, soll genau dazu beitragen, dass die Menschen mehr erfahren über Ihren neuen Staat und dass dieser Staat Frieden sichern kann.