Republik Moldau: Wiederentdecktes Bessarabien auf der Leinwand | Europa/Zentralasien | DW | 04.08.2014
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Europa/Zentralasien

Republik Moldau: Wiederentdecktes Bessarabien auf der Leinwand

Vor 200 Jahren kamen deutsche Siedler nach Bessarabien in der heutigen Republik Moldau - anlässlich des Jubiläums entstand der Film "Nach Hause, nach Marienfeld". Die DW Akademie hat das Projekt begleitet.

DW Akademie Filmprojekt Bessarabien

Vorbereitung auf die Dreharbeiten - Journalisten von TRM bei einem Kameratraining in Chișinău

Eine karge Landstraße, eine Schafsherde im Abendlicht, angetrieben von drei Dorfbewohnern. In einer Küche holt eine alte Frau frischgebackene Brotlaibe aus einem Steinofen und deckt sie mit einem Stofftuch zu. Die ersten Einstellungen des Films versetzen den Zuschauer in eine vergangene Zeit. Es sind Szenen, die sich auch vor 200 Jahren hätten abspielen können. Genau dann, als deutsche Siedler nach Bessarabien kamen und Dörfer wie Marienfeld gründeten. Hier, im Herzen der Republik Moldau, keine 100 Kilometer von der Hauptstadt Chișinău entfernt, spielt der Dokumentarfilm "Nach Hause, nach Marienfeld".

Die Geschichte der Bessarabien-Deutschen ist ein in Vergessenheit geratenes Kapitel, in Deutschland wie auch in den Gebieten des ehemaligen Bessarabiens, in der Republik Moldau und der Ukraine (siehe Karte). In den Wirren des Zweiten Weltkrieges wurde ein Großteil der Bessarabien-Deutschen nach Deutschland zwangsumgesiedelt, andere mit Vorrücken der Roten Armee in die Sowjetunion deportiert. Die Nachfahren sind heute in der ganzen Welt verteilt; in Deutschland organisiert ein Verein Heimatreisen in die Dörfer, in denen nur noch sehr vereinzelt Bessarabien- Deutsche leben.
Filmstill Filmprojekt Bessarabien

Bessarabien in der heutigen Republik Moldau und der Ukraine

Anlässlich des 200. Jubiläums der Ankunft deutscher Siedler in Bessarabien und auf Initiative der Deutschen Botschaft in Chișinău sollte ein Film entstehen, der das Thema in den Fokus der Öffentlichkeit rücken würde. Daher begaben sich Experten der DW Akademie gemeinsam mit den Kollegen von TRM auf eine filmische Reise. "Schnell merkten wir, dass der Film keine historische Dokumentation werden würde. Im moldawischen Staatsarchiv gibt es keinerlei Archivmaterial, und so mussten wir selbst auf Spurensuche gehen", berichtet die deutsche Regisseurin Irene Langemann. Sie hat das einjährige Filmprojekt der DW Akademie geleitet und den Film gemeinsam mit einer Gruppe von sieben TRM-Fernsehjournalisten realisiert. "Die Teilnehmer hatten noch nie etwas über Bessarabien-Deutsche gehört, umso größer war ihr Interesse und ihre Begeisterung, als wir Nachfahren ausfindig gemacht hatten."

Begegnung und gemeinsame Heimat

Der Film dokumentiert einfühlsam das Zusammentreffen und die Begegnungen ehemaliger und heutiger Dorfbewohner. Begleitet werden die in Deutschland lebenden Nachfahren Artur Schaible und Olga Schüppel bei ihrem Besuch ihrem Heimatdorf Marienfeld. Sie besuchen Stätten ihrer Kindheit sowie Orte, die sie nur aus den Erzählungen der Eltern kannten. Die moldawischen Bewohner nehmen sie herzlich auf; einige können sich an damals erinnern, als Bessarabien-Deutschein großen schwarzen Autos abtransportiert wurden und verschwanden. Emotionen, die auch dem Filmteam nahe gingen: "Die Bessarabien-Deutschen haben eine so reiche, bewegte Geschichte: Sie wurden von Siedlern zu Vertriebenen. Wir sind stolz, weil der Film es schafft, die vielen verschiedenen Emotionen einzufangen und zu vermitteln", erzählt Teilnehmerin Irina Craciun, Fernsehjournalistin bei TRM.

Karte Bessarabien in der heutigen Republik Moldau und der Ukraine DEU

Begegnungen ehemaliger und heutiger Dorfbewohner - Szene aus "Nach Hause, nach Marienfeld"

Auch Mathis Winkler, Leiter des Bereichs Asien und Europa der DW Akademie, freut sich über das gemeinsame Projekt, das vom Auswärtigen Amt finanziert wurde. "Zum einen wurde damit ein weitgehend vergessenes Kapitel europäischer Geschichte beleuchtet. Zum anderen legte der Film auch den Grundstein für eine neue Dokumentarfilm-Abteilung bei unserem Partner Teleradio Moldova (TRM), der so seinen Bildungsauftrag als öffentlich-rechtlicher Sender besser erfüllen kann", so Winkler.

So wurden zu Beginn des Filmprojekts die Journalisten zunächst praxisorientiert an das Genre Dokumentarfilm herangeführt. In vier Trainingsmodulen erlernten sie im Laufe des vergangenen Jahres die unterschiedlichen Schritte des Filmemachens: vom Konzept, der Recherche, dem Dreh bis bin zum Feinschnitt. "Für die Teilnehmer war die Umstellung von Fernsehjournalismus auf dokumentarisches, szenisches Erzählen eine große Herausforderung", berichtet Irene Langemann, vor allem auch, weil das Genre Dokumentarfilm in der Republik Moldau an Bedeutung verloren habe. "Mir hat die Arbeit am Film ganz neue Ausdrucksmittel aufgezeigt. Zum Beispiel war ich beeindruckt, wie wichtig Geräusche für die Stimmung sind: Sogar verlassene Häuser haben Geschichte geatmet, was wir für den Film einfangen konnten. Das Lernen von Herangehensweise und Komposition eines Films wird mir in meiner Arbeit als Fernsehjournalistin sehr weiterhelfen", so Irina Craciun, die als Producerin und Autorin am Film mitwirkte.

Filmpremiere Dokumentation Bessarabiendeutsche

Viel Lob und große Resonanz - Kinopremiere nach Chisinau mit Premierminister Iurie Leancă

Nach über 15 intensiven Produktionstagen wurde das Team schließlich belohnt. Bei der Kinopremiere von "Nach Hause, nach Marienfeld" im Rahmen der Jubiläumsfestwoche im Mai war neben dem moldawische Premierminister Iurie Leancă auch Bundestagsvizepräsidentin Ulla Schmidt in Chișinău anwesend.


"Nach Hause, nach Marienfeld" ist eine vom Auswärtigen Amt finanzierte Produktion von Teleradio Moldova. Die Vorbereitungs- und Trainingsmodule für die Filmarbeiten wurden von April bis Dezember 2013 durch die DW Akademie durchgeführt. Die Uraufführung fand am 12. Mai 2014 im Kino Gaudeamus in Chișinău statt. Seitdem wurde der Film mehrfach im moldawischen Fernsehen ausgestrahlt.

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  • Datum 04.08.2014
  • Autorin/Autor Charlotte Hauswedell
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  • Datum 04.08.2014
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