Virtuelle Unterrichtsformate sind seit der Pandemie unverzichtbar. Doch was in den Städten gut funktioniert, wird in den ländlichen Regionen Boliviens zur Herausforderung. Wegen schlechter Internetverbindungen und fehlender Endgeräte können die Schülerinnen und Schüler oft nicht teilnehmen. Und da die neuen Medien selbst für die Eltern eine große Herausforderung sind, fehlt die nötige Unterstützung.
Die Lösung ist so einfach wie genial: Das Schulradio - „Radio Escuela“ auf spanisch - sendet seit September 2021 über 100 unterrichtsrelevante Radioprogramme für Schülerinnen und Schüler. Das bolivianische Netzwerk von Community Radios CEPRA (Centro de Producción Radiofónica) produziert die Sendungen und wird dabei von der DW Akademie mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt.
Annähernd 20 Lokalradios strahlen die Programme aus und erreichen damit über 25.000 Schülerinnen und Schüler in vier Regionen im ländlichen Zentrum Boliviens. CEPRA hat zusätzlich Arbeitsmaterialien, wie zum Beispiel Broschüren, Arbeitsblätter und Spiele entwickelt und an die Kinder verteilt. So üben sie mit ihrer „Radio Escuela“ auch selbständiges Lernen und einen kritischen Umgang mit Medien. Sie können Information einschätzen und hinterfragen und geben dieses Wissen auch an ihre Familien weiter.
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Probleme beim homeschooling? Einfach das Radio einschalten!
Der junge Star der Radio Escuela
Jhordy Vargas Nogales ist eine kleine Berühmtheit in seinem Dorf Colomi. Der 12-jährige moderiert die Radio Escuela im „Radio 13 de noviembre“ („Radio 13. November“). Viele Kinder schreiben ihm während der Sendung. Die Kommentare aus dem Chat liest er dann nach den Songs vor.
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Helden aus dem Schulfunk
„Auf dem Land hat das Radio noch Publikum“, erklärt Arturo Cuevas Montaño vom Centro de Producción Radiofónica (CEPRA). Er koordiniert die Radioproduktion des gesamten Projekts und freut sich besonders über die vielen Rückmeldungen der Kinder: „Sie alle haben ihre Lieblingsfiguren und wollen die Stimmen aus dem Radio kennenlernen. Sie kennen jedes Detail aus den Programmen“.
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Schule ist Radio – Radio ist Schule
„Was haben wir gerade gehört? Wie kümmern wir uns um Pflanzen?“, fragt Miguel Peña Villaroel die Schülerinnen und Schüler im Studio von „La voz del campesino“ („Die Stimme des Bauern“) in Mizque. Jede Woche lädt er Schülergruppen live in den Sender zur Radio Escuela ein. „Angefangen hat es vor ein paar Wochen: Eine Lehrerin stand mit ihrer Klasse vor der Tür und wollte das Radio kennenlernen.“
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Über die Pandemie hinaus
Justo Copa Rojas ist Lehrer in Mizque. Er nutzt die Programme und Materialien der Radio Escuela regelmäßig im Unterricht und lobt die Themenauswahl: „Es sind reale Dinge, die direkt unser Leben betreffen.“ Obwohl die Schule teilweise wieder Präsenzunterricht anbietet, sind die Materialien weiterhin eine wichtige Ergänzung für ihn.
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Spielend lernen mit den Medien
„Dadurch, dass die Kinder nicht nur zuhören, sondern auch selbst mitmachen, finden sie auch den Zugang zu eher abstrakteren Themen“, sagt Juan Luis Gutierrez Dalence, Koordinator bei CEPRA. Er besucht gerne die Schulen in den ländlichen Gemeinden: „Wenn sich die Kinder gegenseitig über das Radioprogramm interviewen, trainieren sie auch ihre Medienkompetenz.”
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Radio macht erfinderisch
„Ich mag das Programm, weil ich mehr lerne und weil es mich zum Lachen bringt“, freut sich Fernando Sebastian Revollo Rodriguez. „Und wegen der Rätsel!“ Der Viertklässler möchte außerdem gern eigene Geschichten erfinden: „Darüber, wie ich lebe, wie es in der Schule ist. Und mit meinem Hund, meinen Hühnern und meinem Kater Lucas.“
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Pädagogisch wertvoll
Silvia Montencinos Gomez unterstützt „Radio CEPRA“ in Sacaba und besucht regelmäßig Schulen, um die Lehrerinnen und Lehrer bei der Radio Escuela zu begleiten. „Wir ergänzen das Radioprogramm mit Übungen und physischen Aktivitäten aus den Lernmaterialien. Das Programm motiviert die Kinder, sich mit den Themen zu befassen, weil es ganz anders als normaler Unterricht ist“.
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Traumjob: Moderatorin
“Ich wollte, dass die Moderationen kindgerecht sind“, erklärt Gretzel Yucra Camacho, „also habe ich angefangen, selbst zu moderieren“. Die Pädagogin unterstützt „Radio Capinota“ und spricht mit den Eltern, den Kindern sowie den Lehrerinnen und Lehrern. Sie sieht, dass die Radio Escuela die Neugierde der Kinder weckt: „Sie stellen Fragen und wollen über ihre Themen im Radio sprechen.“
Autorin/Autor: Benedikt Borchers