Asif Khan ist Repräsentant der DW Akademie in Pakistan, wo sie freie Medien stärkt und Projekte zur Sicherheit von Journalisten fördert. Die Arbeit in der Medienentwicklung war nicht immer Asif Khans Plan.
"Ich wollte lieber das Orchester zusammenstellen, als selbst darin mitzuspielen", sagt Asif Khan über seine Arbeit.
Als junger Student der Internationalen Beziehungen in Peschawar, einer Stadt im Norden Pakistans, hatte Asif Khan eigentlich vor, einmal Diplomat zu werden. Er konnte damals nicht ahnen, dass er eine ganz andere Laufbahn einschlagen und erst Medienmanager und später Experte im Bereich Medienentwicklung werden sollte. Seit 2014 arbeitet Asif Khan als Repräsentant der DW Akademie in Pakistan.
"Unser Ziel ist es, freie, unabhängige und plurale Medien zu stärken", sagt Khan. "Ich denke, dass die Medien in Pakistan offen für alle sein sollten, ohne Einflussnahme durch die Regierung oder die Wirtschaft. Wir brauchen dezentrale Medien, die für die Menschen da sind, nicht für die Politik. Journalisten müssen in der Lage sein, professionell zu arbeiten und Qualitätsstandards einzuhalten. Das wollen wir mit unserer Arbeit erreichen."
Teilnehmer eines Digital Citizen Journalism Trainings in Peschawar, organisiert von Individualland Rawalpindi mit Unterstützung der DW Akademie
Moderator durch Zufall
Khan selbst landete eher über Umwege im Medienberuf. Im Jahr 1999 war er als junger Student zum ersten Mal in Peschawar-Stadt unterwegs. Versehentlich nahm er einen falschen Bus. Als er den Irrtum bemerkte, stieg er an der nächsten Haltestelle aus und fand sich vor dem Gebäude von Radio Pakistan wieder. Khan wollte sich den Sender anschauen und fragte nach einer Tour. Zu diesem Zeitpunkt fand im Gebäude gerade ein Casting für die allererste Live-Sendung statt. Als ihn ein Mitarbeiter fragte, ob er zum Casting gekommen sei, antwortete er prompt mit Ja.
Khan konnte das Auswahlteam von seinen Moderationsfähigkeiten überzeugen, auch wenn er, eigentlich Paschtu-Muttersprachler, dazu erst seine Urdu-Kenntnisse verbessern musste. In den folgenden Jahren arbeitete Khan neben dem Studium als Moderator für Radio Pakistan. Gleichzeitig erwarb er Managementerfahrung und interessierte sich zunehmen für die unternehmerische Seite des Mediengeschäfts.
"Ich wollte lieber das Orchester zusammenstellen, als selbst darin mitzuspielen", sagt Khan heute. Nach seinem Abschluss konzentrierte er sich daher auf den Bereich der Medienentwicklung. Er half anderen dabei, Radiostationen aufzubauen, engagierte, trainierte und leitete Teams, und entwickelte Marketing- und Kommunikationsstrategien. Mit seiner Arbeit unterstütze er verschiedene Medienhäuser dabei, ihre Rolle als Forum für den öffentlichen Dialog wahrzunehmen.
Ortskenntnis als Grundlage für nachhaltige Medienentwicklung
In Pakistan arbeitet die DW Akademie eng mit lokalen Partnern zusammen und setzt auf die langjährige Erfahrung von Universitäten, Medienorganisationen und Experten. Khan hat bei vielen Projekten von Anfang an mitgearbeitet und Strategien zur Umsetzung und Krisenprävention entwickelt, um einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Seine Ortskenntnis und seine Erfahrung mit der Medienlandschaft vor Ort und den lokalen Strukturen helfen ihm und seinem Team dabei, passende Partner zu finden und gemeinsam mit anderen Experten der Medientwicklungszusammenarbeit Projekte erfolgreich umzusetzen.
Ein Projekt zusammen mit dem Tribal News Network Peschawar beschäftigt sich mit den Medien in Pakistans ländlichen Gebieten.
Stärkung der Medien in ländlichen Gebieten
Ein Kooperationsprojekt der DW Akademie beschäftigt sich mit dem Aufbau von Medien in ländlichen Gebieten und Stammesgebieten, die häufig von militärischen Konflikten und Terrorismus betroffen sind. Die Stimmen der Menschen aus diesen Regionen werden nur selten gehört, lokale Themen sind in den überregionalen Massenmedien kaum vertreten. Die DW Akademie unterstützt daher lokale Radiostationen, Social Media-Redaktionen und Bürgerjournalisten in diesen Gebieten, um benachteiligten Gruppen die Fähigkeiten und technischen Möglichkeiten zu geben, ein größeres Publikum zu erreichen.
Asif Khan selbst wuchs im Orakzai Distrikt auf. "Als ich klein war, war Radio das wichtigste Medium für meine Eltern und Großeltern", erinnert er sich. "Ich weiß noch genau, wie sie darüber stritten, welchen Radiosender wir alle hören sollen. Das war auch meine erste Berührung mit der Deutschen Welle. Damals war Radio die einzige Möglichkeit, um Nachrichten von außerhalb der Region zu empfangen."
Trauma-Beratung und Prävention
Ein weiteres Kooperationsprojekt der DW Akademie und ihrer Partner beschäftigt sich mit der psychologischen Seite des Journalistenberufs. "Als Journalist in Pakistan zu arbeiten", sagt Khan, "kann emotional belastend sein". Viele Journalisten leiden an psychischen Problemen, als Resultat der grausamen oder traumatischen Ereignisse, über die sie täglich berichten. "Konflikte, Terrorismus, Einsätze gegen den Terror, hohe Arbeitsbelastung und die schwierige wirtschaftliche Situation belasten Journalisten schwer und führen zu Traumata, Depressionen und anderen psychischen Problemen. Das beeinträchtigt langfristig auch ihre Arbeit und die allgemeine Qualität des Journalismus in Pakistan", erklärt Khan.
Asif Khan bei einem Treffen mit dem Generalsekretär und Projektmitarbeitern des Council of Pakistan Newspaper Editors Karachi (CPNE)
Um dieses Problem anzugehen, hat die DW Akademie gemeinsam mit ihren Partnern Anfang 2018 zwei Traumazentren ins Leben gerufen, in den Städten Quetta und Karatschi. Ein ähnliches Projekt wurde vorher bereits in Peschawar durchgeführt. Die Zentren bieten kostenlos psychologische Beratung für Journalisten an und beraten Medienhäuser im Bereich Trauma und Prävention. Laut Khan schätzen viele Journalisten das Angebot und die damit einhergehende öffentliche Debatte: "Journalisten und Medienschaffende sagen, dass es das erste Mal ist, dass sich ein Projekt um ihre psychische Gesundheit kümmert, und so direkt Einfluss auf ihre tägliche Arbeit nimmt."
Für Asif Khan leisten die Projekte der DW Akademie und ihrer Partner einen bedeutenden Beitrag für freie Medien in Pakistan und stärken so die wichtige Arbeit der Journalisten vor Ort. Khan ist froh, selbst ein Teil davon zu sein: "Wenn ich heute zurückblicke auf den Tag vor fast 20 Jahren, an dem ich zufällig in den falschen Bus eingestiegen bin, dann war das für mich ein glücklicher Zufall, der es mir ermöglicht hat, meinen Beitrag zur Entwicklung der Medien in Pakistan zu leisten."