Mauretanien: Medien und Zivilgesellschaft – Hand in Hand für Klimakompetenz | Klimawandel und Medien | DW | 04.06.2024
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Klimawandel und Medien

Mauretanien: Medien und Zivilgesellschaft – Hand in Hand für Klimakompetenz

Im Maghreb sind die Folgen des Klimawandels unübersehbar, das Bewusstsein dafür jedoch wenig ausgeprägt. Ein Projekt bringt Medienschaffende und Umweltorganisationen aus Tunesien, Algerien und Mauretanien zusammen.

Trainingsstart in der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott für Journalistinnen und Journalisten, die sich im Umwelt- und Klimajournalismus fortbilden wollen: Auf ihren Tischen stehen heute keine Plastikflaschen. Das ist tabu. Dank Maïmouna Saleck gibt es stattdessen wiederbefüllbare Wasserspender. Die Präsidentin der gemeinnützigen Organisation BiodiverCités engagiert sich für den Umweltschutz in der Stadt. Auch bei vielen Organisationen, mit denen BiodiverCités zusammenarbeitet, sind Plastikflaschen mittlerweile verschwunden. Im Hotel, in dem das Training stattfindet, ist der Wandel nun offenbar auch vollzogen. 

Saleck ist als Kommunikationsbeauftragte für BiodiverCités Teilnehmerin im Projekt „Parler Environnement“ – dem seit vielen Jahren ersten Projekt der DW Akademie in Mauretanien. Ziel ist es, einerseits Medienschaffende im Klimafolgen- und Umweltjournalismus fortzubilden und andererseits die Kompetenzen von Kommunikationsverantwortlichen bei Umwelt-NGOs zu stärken, mit den Medien zu sprechen und Informationen verständlich weitergeben zu können. Beide Gruppen kommen immer wieder zusammen: in Tunesien, online und zuletzt in Mauretanien. 

DW Akademie Projekt zu Environmental journalism in Mauretanien

DW Akademie Projekt zu "Environmental journalism" in Nouakchott, Mauritania

Verlässliche Informationen zu Umweltthemen 

Mauretanien gilt als das afrikanische Land, das vor den größten Umwälzungen seiner Geschichte und womöglich des ganzen Kontinents steht. Mit Rohstoffen wie Gold, Erdöl und Gas aber auch den extrem guten Bedingungen zur Produktion von grünem Wasserstoff steht das Land laut Experten an der Schwelle zu immensen ausländischen Investitionen, vor allem das 40 Milliarden USD-Projekt AMAN.  Für die Stabilität des Landes wird die gerechte Verteilung des prognostizierten Reichtums entscheidend sein. Gleichzeitig wird die zunehmende Migration nach und durch Mauretanien zur Herausforderung. Und wenn die angeblich bevorstehende Freischaltung des Satelliten-Internets durch StarLink kommt und damit im ganzen Land Social Media genutzt werden kann, sind verlässliche Informationen um so wichtiger.  

Schon jetzt sind verlässliche Informationen über die Umwelt unverzichtbar: So hält sich beispielsweise in der Hauptstadt die Annahme, dass Malariamücken vertrieben werden können, wenn man die noch vorhandenen Bäume fällt. 

Umweltschutz ist für die Menschen in Mauretanien ziemlich weit weg. Da gibt es eine Art Barriere der Angst zwischen den Leuten und dem Thema Umwelt, einfach weil es kompliziert ist. Für alle, die nicht aus der Wissenschaft kommen, ist es schwer verständlich“, sagt die mauretanische Journalistin, Kadija Ibrahim Harim, die vor allem für die mauretanische Nachrichtenagentur arbeitet. 

DW Akademie Projekt zu Environmental journalism in Mauretanien

DW Akademie-Trainerin Anne Le Touzé-Schmitz beim Kameratraining mit einer Teilnehmerin des Projekts „Parler Environnement“

 

Das fehlende Bewusstsein in der Gesellschaft sei auch deshalb nicht so verwunderlich, weil es noch fast keinen Umweltjournalismus in Mauretanien gebe. Maïmouna Saleck hat deshalb 2019 einen Wettbewerb der „Meeres-Reporter“ ins Leben gerufen, als deutlich wurde, dass der Nationalpark Banc D’Arguin, eine weltweit herausragende ökologische Perle der Biodiversität, bedroht ist. Kadija Ibrahim Harim gewann die zweite Ausgabe und produziert seitdem mit einem Kollegen immer wieder das Youtube-Magazin „Umwelt und Nachhaltigkeit“.

Aber Journalistinnen und Journalisten wie Ibrahim Harim sind die Ausnahme in Mauretanien und auch in Tunesien und Algerien sieht es nicht viel anders aus. Die wenigen, die es gibt, kämpfen selbst mit der Herausforderung, an Informationen zu kommen. Das liegt auch daran, dass die Informationen auf Arabisch oft nicht zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite gibt es in allen drei Ländern viele sehr aktive Umweltorganisationen, deren Informationen die Medien und die Menschen nicht erreichen.  

Umwelt ist ein Querschnittsthema, das alle angeht 

Für Isabel Hénin, deutsche Botschafterin in Mauretanien, müssen Medien und NGOs an der Verbreitung von Informationen zu Umwelt- und Klimafragen beteiligt sein. So trügen sie zur Lösung von Problemen bei. Das Projekt „Parler Environnement“ der DW Akademie spiele deshalb eine wichtige Rolle. „Umwelt und Klima werden oft als Luxusthema angesehen, dabei betreffen sie das tägliche Leben, die Gesundheit, die Lebensmittelsicherheit, die Wirtschaft. Es ist ein Querschnittsthema, das uns alle angeht“, betont die Diplomatin. 

DW Akademie Projekt zu Environmental journalism in Mauretanien

Lars Döbert von der Deutschen Botschaft in Mauretanien und Isabel Hénin, deutsche Botschafterin in Mauretanien, überreichen Maïmouna Saleck von der NRO BiodiverCité ihr Zeugnis für das erfolgreich abgeschlossene Kommunikationstraining im Projekt "Parler Environnement".

Nicht nur was die Teilnehmenden in den Trainings lernen, sei wichtig, sondern auch das regionale Netzwerk, das sich dadurch bildet findet auch Maïmouna Saleck. Sie hat im Training für die Umweltorganisationen von einer algerischen NGO und ihrem Ansatz erfahren, Sturzregen im extrem trockenen Süden Algeriens zu sammeln und zu verteilen. Von diesem uralten Bewässerungssystem könnten sich Landwirtinnen und Landwirte in Mauretanien inspirieren lassen, meint die Aktivistin. 

Das Projekt hat auch Vorurteile zwischen den Mitarbeitenden von NGOs und Medienschaffenden aufgebrochen. Auf der einen Seite galten Journalistinnen und Journalisten als Laien, die nur kämen, wenn sie bezahlt würden. Auf der anderen Seite galten die NGOs als unfähig, ihre Anliegen verständlich zu erklären. Dabei bräuchten Umweltorganisationen und Journalisten sich gegenseitig, sagt Saleck. Die Umweltreporterin Kadija Ibrahim Harim weiß es zu schätzen, dass die NGO BiodiverCités den Journalistinnen und Journalisten genau aus diesem Grund wichtige Unterstützung leistet, indem zum Beispiel Ansprechpersonen vermittelt werden.  

Was beide Gruppen, Medienschaffende und NGOs, aus den Trainings mitgenommen haben, ist, dass Social Media ernst zu nehmen ist. Nicht nur weil es laut Schätzungen in Mauretanien mehr Mobiltelefone als Menschen gibt. „Die kurzen Formate, die aber gut erklären in verständlicher Sprache und das besonders im Video, sind sehr wichtig“, sagt Ibrahim Harim. Maïmouna Saleck hatte damit im NGO-Training schon das erste große Erfolgserlebnis: Ich wusste nicht, dass ich mit einer Minute Video etwas erreichen kann. Meine erste gehaltvolle Botschaft auf TikTok haben 43.000 Menschen gesehen und 4.000 davon haben sie gelikt!“  

Das zweijährige Projekt „Parler Environnement“ läuft noch bis Ende 2024 und wird vom Auswärtigen Amt finanziert.

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