Eigentlich sollten die kommenden Wahlen die politische Agenda bestimmen - stattdessen bestimmt der Aufstand der Tuareg-Rebellen das Land. Das gilt auch für den Workshop "Wahlberichterstattung" der DW Akademie.
Von Anfang an gab es Zweifel daran, ob die derzeitige Regierung ausreichend für die kommenden Wahlen vorbereitet ist. Diese Zweifel verhärteten sich, als Tuareg-Rebellen im Januar Städte im Norden des Landes angriffen.
Die erste Runde der Präsidentschaftswahlen ist für Ende April angesetzt. Davon ist in Mali allerdings noch nicht viel zu merken. Angesichts der zugespitzten Lage im Land fragen sich Viele, ob die Wahlen überhaupt stattfinden werden. Die politischen Parteien betreiben derzeit jedenfalls kaum Wahlkampf. Auch werden in der Öffentlichkeit die kommenden Wahlen nicht so leidenschaftlich diskutiert wie sonst.
Unser Training begann zeitgleich mit einem Vorstoß der Tuareg-Rebellen und der Besetzung Tessalit und damit des größten Militärstützpunkt im nördlichen Mali einnahmen. Von den Kämpfen im Norden ist auch einer unserer Teilnehmer betroffen: Die Rebellen haben seine Radiostation in Menaka geplündert und einen Großteil des Equipments gestohlen oder zerstört.
Den Sorgen der Bevölkerung zuhören
Die zugespitzte Lage im Land bestimmt die inhaltlichen Themen unseres Radio-Workshop. Eine Teilnehmergruppe führte beispielsweise eine Straßen-Umfrage durch, ob die Krise im Norden die kommenden Wahlen beeinträchtigen würde. Die meisten Interviewpartner zeigten sich sehr besorgt und befürchteten, dass die Kämpfe die Wahlen verhindern könnten.
Grundsätzlich sprachen wir mit den Teilnehmern auch über das Agenda-Setting in der malischen Berichterstattung. So wurde die Tendenz beschrieben, dass Journalisten sich ihre Themen oft von Politikern und NGOs diktieren lassen anstatt die Alltagssorgen der Bevölkerung als eine mögliche Inspiration anzusehen.
So stellte eine Teilnehmergruppe bei einer Radio-Umfrage fest, dass die Menschen die hohen Lebensmittelpreise am meisten zu schaffen machen. Sicherlich haben die meisten Teilnehmer diese Antwort bereits geahnt, jedoch haben sie dies bisher nicht in Bezug zu ihrer Arbeit gesetzt. Während des Workshops versuchten wir daher unsere Teilnehmer zu ermutigen, diese Erfahrung als künftige Grundlage ihrer Berichterstattung zu begreifen – die Bereitwilligkeit, mit der die Menschen auf der Straße auf die Fragen der Teilnehmer antworteten, unterstützen uns hinsichtlich dieses Vorschlags.
Ein Aspekt, den wir sehr kontrovers diskutierten: Wie kritisch soll und darf ein Journalist sein? Einige unserer Trainingsübungen zielten darauf, wie man sich auf ein Interview oder Diskussionsrunden zu kontroversen Themen vorbereitet. Ein malischer Kollege empfand unseren Ansatz als zu aggressiv. Andere betonten, dass der Journalismus in Mali und in Afrika generell eher bestrebt sei, das Positive einer Geschichte in den Mittelpunkt zu stellen als dies vielleicht in Europa üblich sei. Ein zentrales Thema, das uns sicherlich noch oft beschäftigen wird.
Martin Vogl und Christine Harjes, Trainer der DW Akademie