Mitten im Chobe-Nationalpark im südlichen Afrika konnte sich die DW Akademie ein Bild des Kaza-Gebiets machen. Dem größten Naturschutzgebiet der Erde fehlt eine Kommunikationsstrategie. Die DW Akademie konnte helfen.
Die Zikaden schmettern uns ihre monotone metallische Symphonie entgegen. Hier am nördlichsten Zipfel Botswanas, im kleinen Ort Kasane, hat die Regenzeit gerade zaghaft begonnen, die beige-braune Landschaft grün werden zu lassen. "Wenn es dunkel wird, läufst du besser nicht mehr herum in Kasane!" So beantwortet unser Fahrer lachend unsere Frage, was wir hier unbedingt beachten sollten. Klar, antworte ich: Afrika, Kriminalität, Gefahr. "Oh, nein. Keine Kriminalität", lacht der Fahrer wieder. "Lebensgefahr. Durch Elefanten und Löwen. Die Nacht ist ihre Zeit und dann wollt ihr denen nicht begegnen."
Es ist ein kleiner Vorgeschmack auf das, was in Tierschützerkreisen "Human Wildlife Conflict" genannt wird - eines der Themen, die wir in diesem für die DW Akademie außergewöhnlichen Workshop häufiger besprechen werden. Es geht um nichts Geringeres als um das größte grenzübergreifende Naturschutzgebiet der Welt und wie Mensch und Tier in Harmonie miteinander leben können.
Nachhaltiger Ökotourismus
Die beiden Flüsse Kavango und Zambesi haben dem Gebiet und dem Projekt seinen Namen gegeben, Kaza. Das Projekt klingt so genial einfach und ist doch hochkomplex. Vor allem aber hat es gigantische Ausmaße: Über 500.000 Quadratkilometer Fläche, verteilt auf fünf Staaten, Angola, Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe. Ein Gebiet so groß wie Schweden - mit 36 Nationalparks, Reservaten, Schutzgebieten und betroffenen Dörfern. Noch sind diese wie Inseln über die fünf Staaten verteilt. Ein Ziel von Kaza ist es, diese Inseln über ökologische Korridore zu verbinden und damit zu einem sicheren Netzwerk für Natur, Mensch und Tiere zu verknüpfen. Und da wären wir wieder beim "Human Wildlife Conflict", denn wo Menschen und Tiere so unmittelbar von der Natur abhängig sind, treffen unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse aufeinander. Wenn beispielsweise Elefanten sich nachts in den Maisfeldern bedienen oder – ganz ohne Rüsselraub – einfach nur durchmarschieren, bleibt nicht mehr viel übrig für die Menschen. Wie kann ein gutes Zusammenleben gelingen?
Es gibt Ideen, wie man dem Konflikt beikommen kann. Der Korridor, durch den die Tiere unbeschadet wandern können, ohne selbst Schaden anzurichten, ist nur eine davon. Eine andere Idee ist der Einsatz von "Chilibomben", ein Mix aus Elefantendung und Chili, der mit Hilfe eines glühenden Kohlestücks einen für den empfindlichen Elefantenrüssel beißenden Geruch verströmt und die Dickhäuter andere Wanderrouten nehmen lässt. Doch alle Routen sollen für die Tiere über Landesgrenzen hinweg passierbar sein - eine Art "Schengen für Tiere".
Biodiversität und lokale Entwicklung
Um das Ganze nachhaltig zu gestalten und zu finanzieren, soll zudem ein ökologisch orientierter Tourismus gefördert werden. Mit einem einzigen Visum soll es Touristen möglich sein, alle fünf Länder im Kaza-Gebiet zu bereisen. Sambia und Simbabwe bieten bereits ein solches Visum an. Die drei restlichen Länder sollen in absehbarer Zeit folgen. "Wir sind froh, Kaza bei dieser großen Aufgabe begleiten zu können", sagt Michael Tecklenburg, Leiter des Teams Afrika der DW Akademie. "Besonders spannend ist der ambitionierte Versuch, den Schutz von Biodiversität mit lokaler Entwicklung und Armutsbekämpfung zu versöhnen." Als größter ausländischer Geldgeber fördert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) über die KfW-Entwicklungsbank mit 35,5 Millionen Euro die Umsetzung. Das Team des Kaza-Sekretariats, das mitten um Chobe-Nationalpark sein Büro hat, muss täglich Hürden überwinden: Langwierige bürokratische Abstimmungsprozesse an verschiedenen Fronten und mit unterschiedlichen Zielgruppen zum Beispiel. Eine Herausforderung für das Sekretariat, die ohne die richtige Kommunikationsstrategie kaum zu bewerkstelligen ist.
Daher wandte sich das Sekretariat Anfang 2015 an die DW Akademie. Morris Mtsambiwa, Leiter des Sekretariats, betont, wie sein Team von der Expertise der DW Akademie profitiere: "Wir wollten den Blick von außen und internationale Kommunikationsexperten, die Tipps geben, wie wir die Idee von Kaza in die Welt tragen: Umweltschutz, Tourismus und nachhaltige Entwicklung für die Menschen hier."
Kernbotschaften kommunizieren
Die Themen sind so komplex, dass man sich Wochen oder sogar Monate damit beschäftigen könnte. Zwar sind etwa das Okavango-Delta oder die mächtigen Victoria-Fällen vielen ein Begriff - aber dass sie ein Teil von Kaza sind, wissen bisher die Wenigsten. Eine gelungene Kommunikationsstrategie ist der erste Schritt, um das zu ändern. Daniela Wiesler, Leiterin Training und Kommunikation der DW Akademie betont das "große Potential", das in diesem Projekt schlummere. "Kaza hat viele einzigartige Ansatzpunkte, die wunderbar kommuniziert werden können. Man muss nur wissen, wie."
Während der siebentägigen Beratung konnte das Kaza-Team zusammen mit den Kaza-Ländervertretern die wichtigsten Fragen klären: Was ist die Kernbotschaft des Projekts? Wie können wir unsere Vision am effektivsten kommunizieren? Was zunächst banal erschien, entpuppte sich als große Herausforderung. Und so entwickelten die Teilnehmer gemeinsame Lösungsansätze - und waren umso zufriedener, dass sie den Workshop mit einem Entwurf einer Kommunikationsstrategie beenden konnten. Morris Mtsambiwa erfüllt das mit Stolz: "Ich habe gemerkt, wie wichtig Kommunikation in diesem Prozess ist. Egal wie gut wir als Naturschützer arbeiten – erst durch die gezielte Kommunikation in der Öffentlichkeit bekommt unsere Arbeit die Aufmerksamkeit, die sie verdient."
Und nur so, davon ist er überzeugt, kann auch der "Human Wildlife Conflict" eines Tages entschärft werden. Um nachts nicht doch Elefanten und Löwen zu begegnen, sollte der Rat unseres Fahrers zumindest in Kasane weiterhin befolgt werden.
Von links: Das DW Akademie-Team Christopher Springate, Daniela Wiesler, Kyle James und Merjam Wakili mit William Mabasa, Berater beim Kruger-Nationalpark
Ziel im Kaza-Projekt ist, ein grenzübergreifendes Naturschutzgebiet (TFCA – Trans Frontier Conservation Area) zu schaffen, das sich über große Territorien der afrikanischen Staaten Angola, Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe erstreckt. Im Jahr 2006 unterzeichneten die Staaten ein Memorandum zur Zusammenarbeit. 2011 wurde es offiziell eingeweiht, nachdem die Präsidenten der fünf Länder einen Staatsvertrag dazu unterschrieben hatten. Kaza erstreckt sich über rund 500.000 Quadratkilometer im Gebiet zwischen den Flüssen Kavango und Zambesi. 1997 wurde eigens für die Idee der TFCAs die Peace Park Foundation gegründet. Heute gibt es 24 dieser Peace Parks auf dem afrikanischen Kontinent. Kaza ist der Größte.