Indien: Journalistin deckt Missbrauch in Psychiatrien auf | Asien | DW | 15.01.2014
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Asien

Indien: Journalistin deckt Missbrauch in Psychiatrien auf

Gunjan Sharma recherchierte in psychiatrischen Einrichtungen und fand menschenverachtende Zustände vor. Für ihren Beitrag wurde sie mit dem Deutschen Medienpreis Entwicklungspolitik ausgezeichnet.

Gunjan Sharma arbeitet als leitende Korrespondentin bei "The Week", dem größten englischsprachigen Nachrichtenmagazin Indiens. Hier berichtet sie bereits seit vielen Jahren über Gesundheitsthemen. Ihr Wettbewerbsbeitrag "Damned lives and statistics" enthüllt den erschreckenden Zustand in staatlichen Nervenkliniken in Indien und verdeutlicht, wie Patienten dort elementare Menschenrechte verwehrt bleiben. Während der Kolonialzeit dienten die Gebäude als Gefängnisse. Heute sind dort psychisch kranke Menschen in winzige, dunkle und drückend heiße Zellen eingesperrt.

Patient in einer Psychiatrische Klinik in Varanasi, Indien (Foto: Gunjan Sharma).

Eingesperrt in winzige Zellen

Wie sind Sie auf das Thema aufmerksam geworden?
Ich habe einen Tipp bekommen, dass in staatlichen Psychiatrien landesweit schreckliche Zustände herrschen. Und dass Patienten schlecht behandelt werden und ihnen selbst Essen und Kleidung verwehrt wird. Als ich von diesen Zuständen hörte, wollte ich mich selbst vergewissern. Doch als ich an diese Kliniken herantrat, wurde mir der Zutritt verweigert.

Das hat Sie erst recht misstrauisch gemacht. Und Sie haben sich deshalb entschlossen, undercover zu rechercherieren…
Da ich keine Erlaubnis bekommen hatte, die Kliniken zu besichtigen, blieb mir keine andere Wahl. Daher habe ich mich mal als eine NGO-Mitarbeiterin ausgegeben, mal als eine Verwandte eines Patienten, etc. So gelang es mir, die Kliniken zu besichtigen. Und zu sehen unter welchen Umständen die Patienten dort leben: in dunklen, feuchten Zellen. Während meiner Besuche wurden mir regelrechte Horror-Geschichten über Misshandlungen erzählt. Auch wurde mir berichtet, wie Patienten, die Flöhe hatten, mit Insektiziden besprüht wurden. Einige mussten zudem neben der Toilette schlafen. Genug zu essen gab es nicht, und wenn die Patienten nach mehr Essen baten, wurden sie geschlagen.

Patient in einer Psychiatrische Klinik in Varanasi, Indien (Foto: Gunjan Sharma).

Unterernährt und festgekettet

Welche Reaktionen gab es auf Ihren Bericht in Indien?
Meine Geschichte war eine Art Katalysator für viele Aktivisten-Gruppen, die für die Rechte von psychisch kranken Menschen kämpfen. Meine Veröffentlichung hat ihnen geholfen, ihre Kampagnen voranzutreiben. Das indische Gesundheitsministerium hat sogar einen neuen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der derzeit vom Parlament diskutiert wird.

Was bedeutet eine internationale Auszeichnung wie der Deutsche Medienpreis Entwicklungspolitik in dem Zusammenhang?
Sehr viel! Der Preis hat geholfen, ein sehr wichtiges Menschenrechtsthema international bekannt zu machen. Für mich persönlich ist die Auszeichnung zudem eine internationale Anerkennung meiner journalistischen Arbeit. Der Preis hat mich motiviert, viele weitere Themen über die Verletzung von Menschenrechten zu recherchieren.

Gunjan Sharma bei der Preisverleihung mit BMZ-Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz (Foto: Thomas Ecke).

Gunjan Sharma bei der Preisverleihung mit BMZ-Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz

Welche journalistischen Ziele verfolgen Sie für die nächsten Jahre?
Seit mehr als zehn Jahren liegt mein Schwerpunkt auf Gesundheitsthemen - und dabei möchte ich auch gerne bleiben. Das indische Gesundheitssystem hat viele chronische Schwachstellen, auf die ich als Journalistin gerne hinweisen, und für die ich Lösungen anbieten möchte. Ich bin der Überzeugung, dass unser Gesundheitssystem nicht aufgrund von fehlenden Mitteln oder einer falschen politischen Linie gescheitert ist, sondern aufgrund von Korruption und fehlendem politischen Willen. Als Journalistin werde ich mich weiterhin für ein qualitativ hochwertiges Gesundheitssystem einsetzen - in meinen Augen ein wichtiges Menschenrecht.

Welche Entwicklung erwarten Sie von den Medien in Ihrem Land in den nächsten fünf Jahren?
In Indien sind die Medien unabhängig und unerschrocken. Die Berichterstattung hat einen großen Einfluss auf die Politik und die Gesetzgebung. Allein in den vergangenen zwei Jahren konnten zwei große Skandale aufgedeckt werden. Ich glaube, Indien ist eines der wenigen Länder, in denen die Auflagen der Printmedien wachsen. Ich bin überzeugt, dass die Medien in meinem Land - trotz verschiedener Einflussnahmen von Seiten der Unternehmen oder Politik - weiter unabhängig und unerschrocken bleiben werden. Und dass sie sich weiterhin für die Belange der einfachen Leute einsetzen werden.

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  • Datum 15.01.2014
  • Autorin/Autor Nadine Wojcik
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  • Permalink https://p.dw.com/p/1Aqfa
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