“Als Journalistin in Gaza brauchst du persönliche Stärke und Mut” | Nahost/Nordafrika | DW | 08.03.2023
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Nahost/Nordafrika

“Als Journalistin in Gaza brauchst du persönliche Stärke und Mut”

Das Projekt „EHNA“ (arabisch: Wir) in den Palästinensischen Gebieten unterstützt junge Journalistinnen beim Berufseinstieg in den Medienmarkt – teilweise unter schwierigen Bedingungen.

Studium, Praktika, Volontariat, erster Job. Für viele Nachwuchsjournalistinnen ist das der klassische Einstiegsweg in den Beruf. Doch wie sieht die Situation aus für junge Frauen in den Palästinensischen Gebieten, die sich auf einem oft männerdominierten und stark umkämpften Arbeitsmarkt behaupten müssen? Und welche konkreten Fähigkeiten sind dort für einen langfristigen beruflichen Erfolg wichtig? 

Digitaliyat – Resiliente Frauen durch digitalen Medien Entrepreneurship

"EHNA" ist Teil des Projekts "Digitaliyat"

EHNA” (der Name bedeutet „Wir“ auf arabisch) gibt darauf Antworten – und unterstützt junge Journalistinnen auf ihrem Weg in den Beruf. Es ist Teil des Projekts “Digitaliyat – Resiliente Frauen durch digitale Medien Entrepreneurship“ der DW Akademie in Zusammenarbeit mit dem lokalen Radiosender Nisaa FM. Aus 180 Bewerberinnen wurden insgesamt 20 Journalistinnen aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen für das Programm ausgewählt. Sie haben bereits mindestens einen Bachelorabschluss im Bereich Medien oder einer vergleichbaren Disziplin erworben und streben eine Karriere im Medienbereich an.  

Männliche Konkurrenz und patriarchalische Strukturen 

Viele der jungen Journalistinnen in der Region müssen sich nicht nur gegen männliche Konkurrenz und patriarchalische Strukturen am Arbeitsmarkt, sondern auch gegen Vorbehalte aus dem eigenen Familien- und Bekanntenkreis durchsetzen. Journalistinnen müssen viel reisen, sind oft auch spät abends noch unterwegs und setzen sich bei ihrer Arbeit zahlreichen Risiken aus. So schildert Abeer Al Ghussein, eine der Teilnehmerinnen, ihre Sicht auf ihre Berufswahl: “Als Frau brauchst du persönliche Stärke und Mut. Du brauchst Leidenschaft für deine Arbeit, einen besonderen Arbeitsgeist und Teamgeist. Als Journalistin in Gaza forderst du nicht nur deine Familie heraus, sondern die ganze Gesellschaft.” 

 Projekt EHNA der DW Akademie in den Palästinensischen Gebieten

Abeer Al Ghussein

Im Rahmen des sechsmonatigen Programms erhielten die Teilnehmerinnen die Möglichkeit, ihre journalistischen Fähigkeiten zu vertiefen, eigene Medienprodukte zu entwickeln und dabei ihre journalistische Stimme zu finden. „EHNA“ ist das erste Projekt dieser Art in der MENA-Region und beinhaltet Trainings zu den Themen konstruktiver Journalismus, gendersensible Berichterstattung, Datenjournalismus und Fake News.  

Natascha Schwanke, Director of Media Development der DW Akademie, konnte sich vor Ort ein Bild machen: “Das Programm ist eine großartige Chance für junge Journalistinnen in der Region, die sich langfristig eine Karriere im Medienbereich aufbauen wollen. Sie lernen grundlegende journalistische Fähigkeiten, aber eben auch, was es heißt, sich als Frau im Journalismus zu behaupten, und die eigenen Rechte immer wieder einzufordern. Dazu gehört sehr viel Mut.” 

Podcasts, Videos und Printpublikationen nehmen Anliegen von Frauen in den Blick 

Nach theoretischen Modulen setzten die Teilnehmerinnen das Gelernte in die Praxis um – und produzierten eigene Beiträge für TV, Radio, Print und Online. Dabei wurden sie von erfahrenen Mentorinnen und Mentoren aus den Palästinensischen Gebieten und dem Ausland unterstützt. So entstanden unter anderem Podcasts über den Kampf gegen postnatale Depression oder die Herstellung von Natur-Perücken für Krebspatientinnen sowie Videos über den Frauenfußball in den Palästinensischen Gebieten oder zu Genderstereotypen und sprachlicher Diskriminierung von Frauen in der arabischen Sprache. Die fertigen Produkte wurden im Anschluss von einer Jury bewertet und ausgezeichnet. 

 Projekt EHNA der DW Akademie in den Palästinensischen Gebieten

Zwanzig Journalistinnen aus Gaza und dem Westjordanland wurden für das Projekt ausgewählt

„Was die jungen Journalistinnen in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt haben, ist wirklich beeindruckend. Fast alle hatten das erste Mal überhaupt mit konstruktivem und gendersensiblem Journalismus zu tun. Es ist immer spannend zu sehen, was ein solches Programm bewirken kann. In diesem Fall ist es großer Erfolg geworden und wir hoffen sehr, dass die Teilnehmerinnen auch in Zukunft konstruktiv über Frauen-Themen in den Palästinensergebieten berichten können – Bedarf gäbe es“, sagt Kilian Schütze-Alinsky, Projektmanager Palästinensische Gebiete der DW Akademie. 

Auch Teilnehmerin Abeer hofft, viele der neuen Fähigkeiten zeitnah einzusetzen: “Besonders die Erfahrungen aus dem Podcast-Training haben mir geholfen. Wir wurden dabei aufgefordert, einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Die meisten Leute erzählen in ihren Podcasts Erfolgsgeschichten. Ich will mich lieber mit den Problemen der Menschen beschäftigen und ihnen helfen, Lösungen zu finden. Zukünftig will ich in all meinen Podcasts die Geschichten aus ungewöhnlichen und neuen Blickwinkeln erzählen.”  

 

Die DW Akademie führt das Projekt "EHNA” gemeinsam mit der lokalen Partnerorganisation Nisaa FM durch. Nisaa FM wurde im Jahr 2009 gegründet und ist das erste Radio in der arabischen Welt, das ausschließlich von Frauen betrieben wird. Der Sender rückt in seinem Programm Themen, die für Frauen relevant sind, in den Fokus und will so gesellschaftliche Veränderungen herbeiführen. Die Projekte von Nisaa unterstützen Frauen dabei, Medienberufe zu ergreifen und auf dem Medienmarkt langfristig erfolgreich zu sein. Der Sender erfreut sich wachsender Popularität bei seinen hauptsächlich weiblichen Hörerinnen im Westjordanland, Ostjerusalm und Gaza. Das Projekt „EHNA“ wird finanziert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Rahmen der Initiative „Transparenz und Meinungsfreiheit: Krisenresilienz von Medien“.