Country Queen: "Unsere Geschichten überwinden Grenzen"

Rund zwei Jahre nach Veröffentlichung von Country Queen erntet Kenias erste Netflix-Serie noch immer viel Lob. Die DW Akademie sprach mit Regisseur Vincent Mbaya über die Bedeutung der Serie für die Region.

Film | Country Queen
Bild: Good Karma Fiction

"Country Queen" war die erste kenianische Netflix-Serie. Die von der DW Akademie geförderte Produktion, die komplett im Land gedreht wurde, war wochenlang die meistgesehene Serie des Landes und wurde weltweit gestreamt. Sie zeigt die kenianische Sicht auf aktuelle Probleme in der Region – darunter Korruption, Umweltzerstörung und Kinderarbeit – und wurde kürzlich für den deutschen Grimme-Preis nominiert.

Die DW Akademie sprach mit Regisseur Vincent Mbaya über die Serie und darüber, was ein Projekt dieser Art für den kenianischen Filmsektor bedeutet.

DW Akademie: Seit der Premiere von Country Queen sind nun fast zwei Jahre vergangen. Was denken Sie heute über das Projekt?

Vincent Mbaya: Ich bin erstaunt, wie viel Aufmerksamkeit die Serie immer noch erfährt, sowohl bei neuen als auch bei bestehenden Zuschauergruppen. Und wie oft auf das Projekt verwiesen wird. Der Erfolg von Country Queen ist erstaunlich. Die Serie hat viele Türen und Möglichkeiten geöffnet. Für die Schauspieler und die Crew hat das Stück auch nach zwei Jahren noch eine magische Wirkung. Natürlich hat sich der Wirbel in unserer Heimat inzwischen gelegt, aber auf der internationalen Bühne sind die Leute immer noch begeistert.

Worauf sind Sie besonders stolz?

Dass ich eine authentische kenianische Geschichte erzählen konnte und dass sie nicht nur lokal, sondern weltweit zu sehen ist. Und dass eine sehr kenianische Geschichte außerhalb Afrikas gezeigt wird und trotzdem eine so große Resonanz findet. Gleichzeitig zeigt das Projekt die Fähigkeiten und Talente der Menschen, die dahinterstehen. Darauf bin ich, glaube ich, am meisten stolz.

Film | Country Queen
Szene mit Hauptdarstellerin Melissa Kiplagat aus der kenianischen Netflix-Serie „Country Queen“. Bild: Netflix

Sie sagten, dass der Film den Darstellern und der Crew viele Möglichkeiten eröffnet hat. Welche Türen haben sich dadurch für Sie persönlich geöffnet? 

Nach Country Queen habe ich mit Ravi Karmalker von Good Karma Fiction [deutsche Produktionsfirma von Country Queen] erneut beim Spielfilm Chaguo zusammengearbeitet, der ebenfalls auf Netflix verfügbar ist. Wir sind auch an einer Reihe von Ideen für TV-Serien dran. Wir wollen uns stärker auf deutsch-kenianische Bezüge konzentrieren und vielleicht sogar etwas drehen, das in beiden Ländern spielt. Ich habe außerdem mit vielen aus der Crew erneut zusammengearbeitet, darunter Produzent Kamau Wa Ndung'u und Kameramann Andrew Mungai.

Was waren die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie gewonnen haben?

Die erste Erkenntnis war die Kraft eines guten Teams. Es ist so wichtig, ein Team zu haben, das die richtige mentale und kreative Einstellung zu seiner Arbeit hat. Wir haben eine tiefe Verbindung aufgebaut und sind zu einer Art Familie geworden. Zweitens die Erkenntnis, dass Geschichten aus der Perspektive des Globalen Südens durchaus Grenzen überwinden und auch für ein Publikum im Globalen Norden interessant sein können. Ein Großteil der Serie spielt auf dem Land in Kenia, aber Menschen auf der ganzen Welt haben einen echten Bezug dazu. Uns wurde klar, dass ein Projekt leichter zu vermitteln ist, wenn es beim heimischen Publikum ankommt, denn das bedeutet, dass es authentisch ist. 

Für Kenianer ist dies ein Leuchtturm, an dem sich Kreative orientieren können, die danach streben, Geschichten von diesem Niveau und dieser Tragweite zu erzählen. Doch diese Geschichten müssen so glaubwürdig wie möglich sein.

Kenia Film Vincent Mbaya
Vincent Mbaya (links) hat viele Filme in und außerhalb von Nairobi gedreht. Bild: Kiguta Francis

Und wie waren die internationalen Reaktionen auf die Serie?

Insgesamt sehr positiv. Als wir die Serie drehten, hatten wir nicht unbedingt ein internationales Publikum im Sinn. Wir haben einfach eine Geschichte erzählt, und ich hatte ein kenianisches Publikum vor Augen. Doch dann hatte ich die Gelegenheit, auf dem Seriencamp-Festival in Köln ein internationales Publikum zu erleben. Wir haben die Serie dort in einem Theater gezeigt, und konnten das Publikum beobachteten und sehen, welche Wirkung sie hatte. Eine Frau brach in Tränen aus. Sie erklärte, dass sie sich wirklich in die Hauptfigur hineinversetzen konnte. 

Und dann war da natürlich noch die kürzliche Nominierung für den deutschen [Grimme-]Preis. Es ist großartig zu wissen, dass die Menschen so positiv auf die Serie regieren und dass sie erkennen, welch vielschichtige und qualitativ hochwertige Geschichten wir in Kenia produzieren können, die auch in internationales Publikum ansprechen.

Die Serie ist in Deutschland und Frankreich auf Arte sowie weltweit auf Netflix verfügbar. 

Gefördert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), unterstützt die DW Akademie Filmschaffende bei der Konzeption, Produktion und Distribution von Filmen und Serien. 

Interview: Alex Bodine