Media Slam in Moldau: Medienmacher auf der Bühne | Europa/Zentralasien | DW | 28.03.2019
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Europa/Zentralasien

Media Slam in Moldau: Medienmacher auf der Bühne

Eigene Ideen kurzweilig präsentieren, das ist das Konzept von Science Slams. Bei Youth Meets Media hat das Team der DW Akademie in Moldau diese Idee aufgegriffen. Das Ergebnis: Der erste internationale Media Slam.

DW Akademie | Republik Moldau Chișinău | Media Slam Youth Meets Media

Die fünf Slammer aus Georgien, Serbien, Bosnien-Herzegovina und Moldau zusammen mit Jan Lindenau (l.) und Moderator Tobias Hölzl (r.).

In der „BandaBar“ in Moldaus Hauptstadt Chişinău wird es spannend: In der dunklen Kellerbar im Stadtzentrum warten die rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von „Youth Meets Media“ auf das große Finale des dreitägigen Netzwerktreffens, den ersten internationalen Media Slam.

Media Slams sind, einfach gesagt, Präsentationswettbewerbe, bei denen Medienschaffende ihre Projekte und Ideen auf der Bühne vorstellen. Das Regelwerk ist überschaubar: Spannend und unterhaltsam sollen die Beiträge sein, eine Präsentation darf maximal 10 Minuten dauern – und vorgestellt werden ausschließlich eigene Ideen. Am Ende wird der Sieger oder die Siegerin vom Publikum durch Applaus gewählt.

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Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Youth Meets Media verfolgten den Media Slam in der "BandaBar".

An diesem Sonntagabend slammen in Chişinău fünf junge Medienschaffende aus Georgien, Serbien, Bosnien-Herzegovina und Moldau. Ihre Themen: die Verbreitung von Fake News auf Social Media in Georgien, revolutionäre Jugendmedien in Serbien, Gaming und die Frage, warum Menschen Angst vor Journalisten haben. Doch zunächst ist es an Jan Lindenau, Reporter-Slam-Veteran aus Berlin, das Publikum auf den Wettbewerb einzustimmen. Lindenau gibt Einblicke in seine Investigativ-Recherchen auf dem Schwarzmarkt für das Shooter-Game "Fortnite".

„Die Leute müssen für ihre Ideen brennen“

Gregor Büning und Sergey Savchuk haben diesen ersten Media Slam gemeinsam mit Yulia Alekseeva, Co-Projektmanagerin der DW Akademie für Moldau, auf die Beine gestellt. Angefangen haben sie als Mitbegründer und Organisatoren von Science Slams, bei denen Wissenschaftler vor Laien ihre Forschungsprojekte vorstellen. Ein vergleichbares Format für Journalisten namens Journalism on Stage gibt es inzwischen auch.  

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Sergey Savchuk (l.) und Gregor Büning haben die Slammer drei Tage lang auf den Auftritt vorbereitet.

Die Slams verfolgen ein Ziel: Sie sollen das Publikum mitreißen, egal wie komplex das Thema ist. Vor jeder Veranstaltung coachen Büning und Savchuk daher die Slammer, sie feilen gemeinsam an Präsentation und Themenauswahl: „Als Erstes bitten wir die Leute, ihren Vortrag so zu halten, wie sie ihn auch später im Club halten würden. Die schlimmste Strafe ist es, wenn ich frage, ob sie den Vortrag so auch schon einmal an der Uni gehalten haben. Wenn du es nicht einfach erklären kannst, hast du es vielleicht selbst nicht verstanden. Manchmal müssen wir den Leuten Geschichten aus der Nase kitzeln. Dann finden wir oft Sachen, die uns vom Hocker hauen, die aber für die Slammer total selbstverständlich sind“, so Büning. 

Die Erfahrung der Teilnehmer ist dabei so unterschiedlich wie ihre Themen: "Wichtig ist, dass die Leute für ihre Ideen brennen. Dann können sie auch das Publikum begeistern. Wir arbeiten mit ganz unterschiedlichen Leuten. Manchmal gibt es auch Verrückte, dann ist es besonders schwer, aber auch besonders spannend. Und wenn es klappt, dann wird das vom Publikum mit ganz viel Applaus honoriert", sagt Savchuk.

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Die Slammer haben zehn Minuten Zeit für ihren Vortrag – die Glocke gibt das Signal, dass die Zeit fast vorbei ist.

Who is the bad guy?

Auch die jungen Slammer in Chişinău wurden drei Tage lang auf ihren Auftritt vorbereitet. Großes Gelächter gibt es beim Auftritt von Cristian aus Moldau. Er hat im letzten Moment sein Thema über den Haufen geworfen. Am Beispiel von Gut und Böse zeigt er, wie Computerspiele das Weltbild auf den Kopf stellen können: „Wisst ihr, wie viele Menschen der Teufel in der gesamtem Bibel getötet hat? 10 Leute. Und was glaubt ihr, wie viele Gott auf dem Gewissen hat? Knapp 2.5 Millionen, und das ohne Sodom und Gomorrha! So, who ist the bad guy now?“ Bei der Charakter-Entwicklung für Spiele, so der Slammer, könne man solche Stereotype aufbrechen.

Slammerin Felicia, ebenfalls aus Moldau, hat ein ganz anderes Anliegen. Als Reporterin im Einsatz auf der Straße fragt sie sich: Warum ergreifen Passanten beim Anblick von Journalisten so oft die Flucht? Ein Eindruck, den selbst ihre Familie bestätigt: „Du würdest erwarten, dass wenigstens deine Mutter vielleicht ein bisschen Mitleid hat. Aber selbst meine Mutter sagt, sie würde nicht mit einem Journalisten sprechen.“ Felicia wirbt daher für mehr gegenseitiges Verständnis und mehr Vertrauen.

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Die beiden Slammer Cristian und Felicia aus Moldau

„Wer gewinnt, ist am Ende gar nicht so wichtig“

Am Ende des Abends ist dann das Publikum gefragt: Mit einem Applaus-O-Meter wird die Lautstärke gemessen. Klarer Gewinner ist Cristian mit seinem Gaming-Thema. Aber auch alle anderen Teilnehmer sind gut beim Publikum angekommen: "Am Ende ist es gar nicht so wichtig, wer das Ganze gewinnt. Für uns ist es viel spannender zu sehen, wer seit der ersten Probe den größten Fortschritt gemacht hat", sagt Trainer Savchuk.

Und wie soll es jetzt weitergehen mit dem Format Media Slam? Gregor Büning: „Wettbewerbe wie dieser bringen die Nachrichten- und Medienmacher mit ihrem Publikum zusammen. Ich glaube, dass dieser Dialog Vertrauen schaffen kann. Unser Wunsch und unsere Hoffnung sind, dass sich das Format international weiterentwickelt. Und dass sich daraus vielleicht ein Netzwerk ergibt und Leute aus dem einen Land in das andere reisen, um dort aufzutreten.“

Der Media Slam fand im Rahmen des Netzwerktreffens „Youth Meets Media“ vom 22. bis 24. März 2019 in Moldau statt. Bei dem Treffen kamen auf Einladung der DW Akademie rund 100 junge Medienschaffende aus Moldau, Kirgistan, Georgien, Serbien, Bosnien-Herzegovina und der Ukraine zusammen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchten Workshops und Trainings zu Themen wie Social Media und Verification, Virtual Reality, Digital Security und Storytelling. Die Veranstaltung war Teil eines Dreijahresprojekts der DW Akademie in Moldau und wurde unterstützt vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

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