Die 25-jährige Olivia Mettang ist seit März 2015 als kulturweit-Freiwillige bei der bolivianischen Journalismusstiftung Fundación Para el Periodismo (FPP) in Bolivien. Lesen Sie über ihre ersten Eindrücke!
Nach Abschluss ihres Bachelor-Studiums der European Studies an der Universität Passau, entschied sich Olivia Mettang für einen Freiwilligendienst im Rahmen von kulturweit. Seit März 2015 arbeitet sie vermittelt durch die DW Akademie bei der bolivianischen Journalismusstiftung FPP. Der erste Monat in der neuen Umgebung in Bolivien war ereignisreich, erzählt Olivia.
Was mich beschäftigt hat
Mich hat im ersten Monat insbesondere die Visumsbeschaffung beschäftigt, die in Bolivien recht aufwändig ist. Insgesamt muss man Zertifikate von vier verschiedenen Polizeistellen beschaffen, die sich in unterschiedlichen Stadtteilen befinden, Wartezeiten von bis zu drei Stunden haben - und das bei Öffnungszeiten von nur sechs Stunden am Tag. Außerdem benötigt man den Nachweis einer ärztlichen Untersuchung, die hier in einem Krankenhaus durchgeführt wird. Unter anderem wird die Lunge geröntgt, die Zähne werden inspiziert, Blut, Urin und Gewicht werden kontrolliert.
Die Anmeldung des Wohnortes ist auch nicht gerade leicht: Die Polizeistelle gegen das Verbrechen fordert unter anderem, dass zwei Nachbarn dem zuständigen Polizisten an Ort und Stelle bezeugen, dass man in dem Haus, das man als Wohnsitz angegeben hat, auch tatsächlich wohnt. Sie können sich also vorstellen, dass die "trámites", wie man sie hier mit wissendem Blick bezeichnet, einen großen Teil meiner Frei- und auch Arbeitszeit in Anspruch genommen haben. Die Visumsbeschaffung und die anschließende Einreichung der Dokumente war ein langwieriger Prozess!
Darüber hinaus habe ich natürlich sehr viele positive Erlebnisse und Begegnungen gehabt und u.a. das wunderschöne La Paz besser kennenlernen können.
Bolivien für ein Jahr: Olivia mit ihren neuen Kollegen in der Journalismusstiftung Fundación para el Periodismo
Was Bolivien beschäftigt hat
Die Bolivianer waren während meines ersten Monats im Land mit den Regional- und Kommunalwahlen beschäftigt. Ich werde versuchen, einen kleinen Überblick über den Ausgang und das Drumherum zu geben.
Es wurden in allen neun Departamenten Präfekte und Regionalparlamente gewählt, in allen 339 Kommunen Bürgermeister und Kommunalparlamente. Wahltag war der 29. März, ein Sonntag, an dem jegliche Einrichtung in Bolivien geschlossen hatte und keine motorisierten Transportmittel auf den Straßen erlaubt waren. Das gesamte Wochenende lang war der Verkauf und der öffentliche Konsum von Alkohol sowie Zusammenkünfte von über drei Personen untersagt. In Bolivien herrscht Wahlpflicht, wer nicht zur Wahl geht, muss seinen Personalausweis abgeben und Strafe bezahlen. Sechs Millionen Bolivianer und Bolivianerinnen machten sich am 29. März auf den Weg, um ihre Stimmen in den Wahllokalen - zumeist Schulen und Gemeindezentren abzugeben.
Der Ausgang der Wahl war für die Regierungspartei (MAS) ernüchternd: Zwar konnte sie ihre Mehrheit in den Regionalparlamenten behaupten, verlor aber in einigen großen Städten die Rathäuser an die Opposition. Offenbar besonders schmerzlich war die Niederlage in Cochambamba und El Alto, wo die Bürgerinnen und Bürger noch 2010 mehrheitlich für die MAS gestimmt hatten. In La Paz wurde der frühere Bürgermeister (2010-2014) Luis Revilla von der Partei Soberanía y Libertad (Sol.bo) erneut ins Rathaus gewählt. Auch im Departament hat die Sol.bo das Sagen, neu gewählter Präfekt ist der frühere Bildungsminister Félix Patzi.
Nachdem es in Beni und Chuquisaca nicht zu einer absoluten Mehrheit gekommen war, wurde in diesen beiden Departamenten zunächst eine Stichwahl für den 3. Mai anberaumt. Im Falle von Chuquisaca hat sich der zweite Wahlgang aber offenbar erledigt, weil die zuständige Wahlkommission entschieden hat, die Stimmen für die linksgerichtete Partei FRI zu annullieren, da diese bis einen Tag vor der Wahl im März keinen Spitzenkandidaten aufgestellt hatten. 9.000 Stimmen wurden für ungültig erklärt - daher verschieben sich auch die Machtverhältnisse, und das offenbar zugunsten der MAS, deren Kandidat Esteban Urquizu nun als Präfekt von Chuquisaca gehandelt wird. Die Opposition will gegen die Entscheidung der Wahlkommission mit rechtlichen Mitteln vorgehen.
In der Fundación para el Periodismo hat man vor der Wahl einen "Plan de Metas 2015- 2020" für die Webseite OLCV (Obveservatorio: La Paz Como Vamos) erstellt, der die Positionen der drei Bürgermeisterkandidaten und Kandidatinnen von La Paz Ana María Flores (MNR); Luis Revilla (Sol.bo); Guillermo Mendoza (MAS) - zu verschiedenen Themen bündelt. Auf die Wahlergebnisse reagiert man nun mit Interviews und Porträts mit und über den Wahlsieger Luis Revilla, einer historischen Analyse über vorhergehende Wahlergebnisse in La Paz und der Bereitstellung von Infografiken über die veränderte politische Landschaft Boliviens. Das alles befindet sich derzeit in Planung und wird, wie ich die FPP kenne, bald realisiert. Meine Aufgabe ist es, dazu aussagekräftige Fotos zu machen.